Typ-2-Diabetiker
Schlechte Stoffwechselkontrolle freut Bakterien und Pilze
Je schlechter der Stoffwechsel von Diabetkern eingestellt ist, desto schwächer ist die Infekt-Abwehr. Das ergab die Analyse von Daten eines britischen Hausarzt-Registers. Wa ist der Grund für die erhöhten Infektionsraten?
Veröffentlicht:GUILDFORD. Typ-2-Diabetiker leiden häufiger als Nichtdiabetiker an Infektionskrankheiten. In einer britischen Kohorten-Studie machten diesen Unterschied hauptsächlich Erkrankungen aus, die durch Bakterien oder Pilze verursacht werden.
Menschen mit Diabetes und vor allem auch mit Typ-2-Diabetes haben geschwächte Abwehrkräfte. Die Ursachen hierfür sind allerdings noch nicht vollständig aufgeklärt.
Julia Hine von der University of Surrey in Guildford in Großbritannien und ihre Kollegen haben jetzt einen detaillierteren Blick auf die Zusammenhänge zwischen glykämischer Kontrolle und der Infektionsanfälligkeit von Typ-2-Diabetikern geworfen (Diabet Med 2016, online 22. August).
Daten aus Hausarzt-Datenbank
Die Forscher haben Daten des Royal College of General Practitioners Research and Surveillance Centre (RCGP RSC)-Datenbank ausgewertet. Verglichen wurden dabei die Infektionsraten des Jahres 2014 von 34.278 Hausarztpatienten mit und 613.052 Patienten ohne Typ-2-Diabetes.
Im Fokus hatten die Studienautoren dabei Infektionen des oberen Respirationstrakts, Bronchitiden, grippeähnliche Erkrankungen, Pneumonien, infektiöse Darmerkrankungen, Herpes-simplex-, Haut- und Weichteilinfektionen, Harnwegs-, Genital- und perineale Infektionen.
Entsprechend des aktuellsten HbA1c-Wertes wurden die Diabetes-Patienten in drei Gruppen zugeordnet (gute glykämische Kontrolle: HbA1c unter 7 Prozent; mittelmäßig gute Kontrolle: HbA1c 7 bis 8,5 Prozen; schlechte Kontrolle: HbA1c über 8,5 Prozent).
Ergebnis: Die Diabetiker hatten im Vergleich zu den Nicht-Diabetikern vor allem vermehrt bakterielle und Pilzinfektionen: Mit Ausnahme der Herpes-simplex-Infektionen traten in der Regressionsanalyse alle untersuchten Infektionskrankheiten bei Typ-2-Diabetikern häufiger auf als bei Nicht-Diabetikern (altersstandardisierte Gesamtinfektionsrate: 502,0 vs. 267,3 pro 1000 Personenjahre).
Am deutlichsten war der Zusammenhang bei Genital- und perinealen Infektionen erkennbar (40,8 vs. 18,6/1000 PJ), gefolgt von Haut- und Weichteilinfektionen und Harnwegsinfekten.
HbA1c: Je höher, desto öfter Infekte
Analysiert wurde bei den Diabetikern zudem die Infektionshäufigkeit in Abhängigkeit von der Stoffwechselkontrolle: In der Gruppe mit schlechter glykämischer Kontrolle ergaben sich im Vergleich zu guter Kontrolle signifikant häufiger Bronchitiden, Pneumonien, Haut- und Weichteilinfektionen, Harnwegsinfekte sowie Genital- und perineale Infektionen (mittelmäßige oder schlechte Kontrolle gegenüber guter glykämischer Kontrolle: adjustierte Odds Ratio für alle Infektionen 1,11 bzw. 1,35).
Keinen Einfluss hoher HbA1c-Level konnten Hine und Kollegen auf Infektionen der oberen Atemwege, grippeähnliche Erkrankungen, Darminfektionen sowie Infektionen durch Herpes simplex feststellen.
Infektrisiko durch Gefäßschäden?
Verantwortlich für die erhöhten Infektionsraten könnte den Studienautoren zufolge zum Beispiel eine schlechtere Durchblutung von Geweben aufgrund von Gefäßschäden sein. Außerdem wurde bei Patienten mit Hyperglykämie eine Hemmung der Immunantwort beobachtet.
Möglicherweise siedeln sich infolge einer höheren Glukosekonzentration in den oberen Gewebsschichten leichter Bakterien oder Pilze an, so vermuten Hine und Kollegen.
Dass umgekehrt auch eine Infektion eine schlechtere glykämische Kontrolle bewirken kann, sei zu diesem Zeitpunkt nicht auszuschließen. Hierzu müsse erst gezeigt werden, dass mit einer strengeren Stoffwechseleinstellung die Infektionsrate sinkt. (Mitarbeit: eis)