Spurenelemente
Selen könnte vor Prostatakrebs schützen
Können sich Männer mit der Einnahme von Selenpräparaten vor Prostatakrebs schützen? Eine Metaanalyse liefert Hinweise hierfür. Der Effekt hängt offenbar von der richtigen Dosis ab.
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NORWICH. Schützt Selen vor Prostatakrebs, und wenn ja, in welcher Dosis muss das Spurenelement eingenommen werden, um einen optimalen Effekt zu erzielen? Die Beantwortung dieser Fragen gleicht einem Puzzlespiel.
Da sind zum einen die Ergebnisse von Subanalysen der NPC-Studie (Nutritional Prevention of Cancer): Hier war das Risiko, Prostatakrebs zu entwickeln, bei (oraler) Einnahme von 200 µg Selen pro Tag um 52 Prozent gesunken.
Dagegen wurde die SELECT-Studie (Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial) nach fünf Jahren Laufzeit vorzeitig gestoppt, weil dieselbe Dosis Selenomethionin, allein oder in Kombination mit Vitamin E, keinerlei Einfluss auf das Erkrankungsrisiko zu haben schien.
Der protektive Effekt in der NPC-Studie beschränkte sich allerdings auf eine Risikogruppe von Patienten mit Krebs in der Vorgeschichte, die - im Gegensatz zu den Teilnehmern in der SELECT-Studie - zudem niedrige Ausgangs-Selenwerte von unter 123 ng / ml aufwiesen.
Wie eine aktuelle Metaanalyse britischer Wissenschaftler nun nahelegt, ist die schützende Wirkung von Selen wahrscheinlich eine Frage der richtigen Dosis (Am J Clin Nutr 2012; 96: 111-122).
Das Team um Dr. Rachel Hurst von der University of East Anglia in Norwich (Norfolk, England) wertete hierzu zwölf Studien mit insgesamt über 13.000 Teilnehmern aus und legte dabei den Fokus auf das Prostatakarzinomrisiko in Abhängigkeit von der Selen-Plasma-Konzentration.
Das Ergebnis: Innerhalb des relativ engen Bereichs zwischen 60 und 170 ng / ml nahm das Erkrankungsrisiko mit steigenden Selenwerten um bis zu 25 Prozent ab.
Das relative Risiko betrug beispielsweise bei 135 ng / ml 0,85 und bei 170 ng / ml 0,75 (170 ng / ml war der höchste Wert, der in den Studien gemessen wurde).
Puzzle noch nicht komplett
Betrachtete man nur die Daten zum fortgeschrittenen Prostatakarzinom, wurde der Zusammenhang noch deutlicher: Hier sank das relative Risiko bei einer Selen-Konzentration von 135 ng / ml auf 0,60 und bei 170 ng / ml um die Hälfte gegenüber dem niedrigsten Plasma-Selen-Wert.
Ein anerkannter Marker für den Selenstatus ist auch die Konzentration des Spurenelements in den Zehennägeln. In der Studie von Hurst und Kollegen zeigte sich eine Relation zum Prostatakrebs (jedweden Schweregrades) in Form einer angedeuteten U-Kurve: Innerhalb eines Bereichs von 0,85 bis 0,94 µg / g sank das Erkrankungsrisiko um bis zu 70 Prozent.
Darunter und darüber schien es jeweils anzusteigen (allerdings waren wiederum nur Werte bis maximal 1,05 µg / g erfasst worden).
Der genannte Bereich der Selenkonzentrationen in den Zehennägeln entspricht 120 bis 150 ng / ml im Plasma.
Die Frage, wie viel Selen "Mann" zu sich nehmen muss, um sein Prostatakrebsrisiko zu senken, bleibt auch nach der jüngsten Metaanalyse ungeklärt.
Die ausgewerteten Studien waren diesbezüglich zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen, die Zusammenschau bleibt ohne Aussagekraft.
Wie die Studienkommentatorinnen Dr. Erin L. Richman und Dr. June M. Chan von der University of California in San Francisco betonen, ist das Puzzle nun zwar vollständiger, aber noch immer nicht komplett (Am J Clin Nutr 2012; 96: 1 1-2).
So müssten weitere Studien zeigen, wie sich das Prostatakrebsrisiko bei Selenkonzentrationen im Plasma von über 170 ng / ml entwickelt, inwieweit es sich auszahlt, wenn ein Patient erst nach der Krebsdiagnose mit der Seleneinnahme beginnt und inwieweit verschiedene Genvarianten im Selenmetabolismus Einfluss auf die Entstehung von Prostatakrebs haben.
Derzeit sei eine Nahrungsergänzung mit Selen jedenfalls nicht für die Prävention von Prostatakrebs zu empfehlen, schreiben die Experten.