Arbeitsmedizin
Stress kein Krebsrisiko
HELSINKI. Stress im Beruf geht nicht mit einem höheren Risiko einher, an Krebs zu erkranken. Das hat eine Metaanalyse von zwölf europäischen Kohortenstudien ergeben.
"Wir fanden keine Beweise dafür, dass die Belastung am Arbeitsplatz mit dem Krebsrisiko insgesamt oder der Gefahr verbunden ist, an Kolorektal-, Lungen-, Brust- oder Prostatakrebs zu erkranken."
So lautet das bündige Fazit einer Metaanalyse, für die eine Arbeitsgruppe um die Arbeitsmedizinerin Katarina Heikel (Helsinki) zwölf Studien aus sechs Ländern (Finnland, Frankreich, Niederlande, Schweden, Dänemark, Großbritannien) zu diesem Thema mit rund 116.000 Probanden (knapp 54 Prozent davon Frauen) ausgewertet hatte.
Die Daten stammten aus den Jahren 1985 bis 2008. Der durchschnittliche Follow-up hatte zwölf Jahre betragen. Angaben lagen vor zum Alter der Probanden, ihrem Geschlecht, dem sozioökonomischen Status, dem Body-Mass-Index, dem Tabak- sowie Alkoholkonsum, zur Krebsinzidenz - und eben zum Stress im Job.
Dabei wurden vier Kategorien unterschieden: Arbeitsplatz mit hohem Stressniveau (hohe Anforderungen, wenig Handlungsspielraum), aktiver Job (hohe Anforderungen, viel Spielraum), passiver Job (geringe Anforderungen, wenig Spielraum), Arbeitsplatz mit niedrigem Stressniveau (geringe Anforderungen, viel Spielraum).
Fünf Prozent der Studienteilnehmer erkrankten während des Beobachtungszeitraums an Krebs. Darmkrebs entwickelten 0,5 Prozent, Lungenkrebs 0,3, Brustkrebs 0,9 und Prostatakrebs 0,7 Prozent.
Ein Zusammenhang mit einer der Stress-Kategorien war nicht zu erkennen, weder für das Gesamtrisiko noch bezogen auf die genannten Tumorentitäten (BMJ 2013; 346: f165).
Damit ist es laut den Forschern unwahrscheinlich, dass die berufliche Belastung einen wichtigen Risikofaktor für die Krebsentstehung darstellt - im Gegensatz etwa zur Gefahr, eine koronare Herzkrankheit oder eine Depression zu entwickeln.
Andere, nicht mit der Arbeit verbundene Formen von Stress - etwa hervorgerufen durch Schicksalsschläge - könnten das Krebsrisiko aber dennoch erhöhen.
In der vorliegenden Metaanalyse ist dieser Zusammenhang nicht untersucht worden. Frühere Studien hatten allerdings tatsächlich entsprechende Hinweise geliefert. (rb)