Stromstöße lindern partielle Erblindung
Patienten mit geschädigtem N. opticus kann eine Elektrostimulation selbst noch nach Jahren helfen: Der Gesichtsfeldverlust lässt sich so um über 40 Prozent reduzieren.
Veröffentlicht:MAGDEBURG (mut). Wird der Sehnerv durch Trauma, Gefäßverschluss, Tumoren oder andere Ursachen beschädigt, droht den Patienten zumindest eine partielle Erblindung, die sie bei vielen Alltagsaktivitäten behindert.
Forschern um Dr. Carolin Gall von der Uni Magdeburg ist es nun gelungen, mit einem simplen nicht invasiven Verfahren die Sehleistung solcher Patienten klinisch signifikant zu verbessern.
Mit transorbitaler Wechselstromstimulation konnten sie eine partielle Erblindung zum Teil wieder rückgängig machen (Brain Stimulation 2011; 4:175-188).
Elektroden nahe der Augäpfel
Die elektrische Stimulation soll noch funktionierende Zellen im Läsionsbereich dazu anregen, neue Verbindungen zu knüpfen und so das verbliebene Sehvermögen verbessern.
Für ihre Studie wählten die Forscher 42 Patienten mit Sehnervschäden unterschiedlicher Ätiologie; alle waren partiell erblindet, bei den meisten waren beide Augen betroffen.
Im Schnitt lag die Schädigung bereits fünfeinhalb Jahre zurück. Bei allen Patienten wurden Elektroden nahe der Augäpfel angebracht, die Hälfte erhielt eine Stimulationstherapie, die andere Hälfte eine Scheinstimulation, bei der kein Strom floss.
Klickgeräusche gaukelten Strom vor
Um eine Aktivität zu suggerierten, erzeugten die Geräte in beiden Gruppen Klickgeräusche. Auf diese Weise wurden die Teilnehmer über zehn Tage hinweg täglich 10 bis 20 Minuten pro Auge behandelt.
In der aktiven Gruppe erhielten die Teilnehmer Stromstöße im Bereich von 5 bis 30 Hz in einer individuell angepassten Stromstärke.
Nach zehn Tagen ergaben sich deutliche Besserungen der Sehleistung: Der Gesichtsfeldverlust war mit Stimulation um 41, mit Scheinstimulation um knapp 14 Prozent reduziert.
Subjektive Sehleistung verbessert
Dadurch erweiterte sich das Gesichtsfeld mit Stimulation im Schnitt um knapp 27 Prozent, mit Scheinstimulation nur um 2,7 Prozent.
Auch zwei Monate nach Therapie waren die Unterschiede noch deutlich. Der Gesichtsfeldverlust war dann bei den stimulierten Patienten immer noch um 32 Prozent geringer als vor Therapiebeginn, mit Scheinstimulation nur um 4,8 Prozent.
Und: Der Unterschied war auch klinisch bemerkbar: Auf einer 100-Punkte-Skala besserte sich die subjektiv wahrgenommene Sehleistung bei Stimulation um 11,3 Punkte, bei Scheinstimulation um 4,2 Punkte.