Weltnichtrauchertag

Tabaklobby wettert gegen "autoritäre Gesundheitspolitik

Zum Weltnichtrauchertag kommt es zum Schlagabtausch zwischen Tabakindustrie und Gesundheitspolitik. Die E-Dampf-Fraktion positioniert sich als rauchfreie Alternative. Die WHO setzt auf den Kampf gegen illegale Kippen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Schlammgrün und mit Ekelfotos, so müssen Zigarettenpackungen seit 2012 in Australien aussehen.

Schlammgrün und mit Ekelfotos, so müssen Zigarettenpackungen seit 2012 in Australien aussehen.

© Christophe Agostinis/dpa

BERLIN/DÜSSELDORF/GENF/SYDNEY. Pünktlich zur diesjährigen Auflage des Weltnichtrauchertages, der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum 31. Mai 1987 erstmals ausgerufen wurde, hagelt es heftige Kritik aus den Reihen der Tabakindustrie an der Institution. An diesem Dienstag werde die WHO "Regulierungsbehörden weltweit davon überzeugen wollen, dass vereinheitlichte Verpackungen den Konsum von Tabak nachweisbar reduzieren", warnt JTI Germany, die deutsche Tochter des Branchenschwergewichts Japan Tobacco International, das unter anderem die Zigarettenmarken "Camel" und "Winston" im Portfolio hat.

Zweifel an australischen Studien

JTI Germany referiert auf Untersuchungsergebnisse aus Australien. Der Fünfte Kontinent hat auf der rechtlichen Basis des Tobacco Plain Packaging Act als erstes Land der Welt 2012 für Zigaretten schlichte Einheitspackungen in Schlammgrün mit riesigen Ekelfotos eingeführt.

 Studien belegen nach Angaben der Regierung, dass dies die Lust aufs Rauchen in der Bevölkerung schmälert. "Diese extreme Politik, de facto ein Markenverbot," habe die Down under gesetzten Ziele nicht realisieren können, so die Lesart des Zigarettenherstellers.

Unter anderem würden mehr Menschen öfter ans Aufhören denken oder einen Entzug versuchen als vor Einführung der schlichten Schachteln, betont hingegen die australische Regierung. Junge Leute fänden die Packungen abstoßend und die Menschen wüssten mehr über die Gefahren des Rauchens.

Für die Studien wurden unter anderem 400 Raucher und Menschen, die vor Kurzem aufgehört haben, befragt. Die Ergebnisse sind in einer Tabak-Beilage des "British Medical Journal" veröffentlicht. Früher hätten 20 Prozent der Raucher mindestens einmal im Monat versucht, aufzuhören. Nach Einführung der neuen Packungen seien es fast 27 Prozent gewesen, sagte Melanie Wakefield vom Krebsforschungsinstitut Victoria. Wer die Schachteln unappetitlich finde, denke deutlich öfter über das Aufhören nach als andere Raucher: mindestens einmal am Tag.

Die Zahl der täglich rauchenden Australier fiel von 16,1 Prozent 2011-2012 auf 14,5 Prozent 2014-2015. Allerdings war der Trend seit Jahren rückläufig. 1995 rauchten noch 23,8 Prozent täglich.

Die Tabakindustrie in Deutschland lässt derzeit nichts unversucht, sich gegen die Schockbilder, die mit der Umsetzung der 2014 novellierten Richtlinie der Europäischen Union für Tabakprodukte zum 20. Mai dieses Jahres in deutsches Recht, auch Pflicht geworden sind, zu positionieren.

So wandte sich vor Kurzem der Verband der Rauchtabakindustrie (VdR) an die Regierung und forderte sie auf, zu einem aufgeklärten Verbraucherleitbild zurückzukommen. "Es muss Schluss sein mit einer autoritären Gesundheitspolitik, die gesellschaftlich unerwünschtes Verhalten definiert und dann an den Pranger stellt und damit pauschal Verbraucher diskriminiert", wetterte VdR-Hauptgeschäftsführer Michael von Foerster. Diese Kritik ließe sich genau so auch zum Weltnichtrauchertag äußern.

Gratis-E-Dampf als Ausstiegshilfe

Unabhängig davon, dass Mediziner vor den Gefahren der E-Zigaretten und E-Shishas warnen und Forscher am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg den Vormarsch der E-Zigarette mit Sorge sehen, rührt ein Düsseldorfer E-Dampf-Anbieter die Werbetrommel für sein Produkt.

Auf der Website dampfstattrauch.org können Raucher nominiert werden, die dann via Video nachweisen müssen, dass sie am Weltnichtrauchertag ihre konventionellen Zigaretten zerstören "Der frischgebackene Nichtraucher erhält als Belohnung eine E-Zigarette als weniger schädliche Alternative, die ihn beim Rauchstopp unterstützen soll", so das Unternehmen.

Die Aktion erinnere an die Ice-Bucket-Challenge von 2014. Bei der Spendenaktion wurde auf die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) aufmerksam gemacht. Teilnehmer konnten bei der Teilnahme auswählen, ob sie sich Eiswasser über den Kopf schütten oder zugunsten der ALS Association spenden.

Die WHO will noch auf einem anderen Feld gegen die Gefahren des Tabakkonsums weiterkämpfen. Im Fokus steht dabei der illegale Zigarettenhandel. Hierbei geht es unter anderem um häufig überschrittene Grenzwerte von Additiven und Ingredienzien in illegal hergestellten Zigaretten.

In Genf haben sich die Delegierten der 69. Weltgesundheitsversammlung vergangene Woche darauf geeinigt, sich über die Wirksamkeit des vor vier Jahren in Seoul verabschiedeten Tabakschmuggelprotokolls der WHO Tabakrahmenkonvention (WHO Framework Convention on Tobacco Control, FCTC) informieren zu lassen. Das völkerrechtlich bindende Protokoll dient der Tabakkontrolle - an der auch die Tabakindustrie ein großes Interesse hat.

Die Wirksamkeit des Tabakschmuggelprotokolls soll Gegenstand der 70. Weltgesundheitsversammlung werden. ( mit Material von dpa)

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