Experten beklagen

Täglich Ebola-Alarm in Deutschland

Die Angst vor Ebola sorgt in Deutschland für viel Hysterie und zahlreiche Fehlalarme, beklagen Experten. Sie raten Ärzten, sich gründlich über Ebola-Verdachtsfälle zu informieren.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Isolierstation in Berlin, Virchow-Klinikum.

Isolierstation in Berlin, Virchow-Klinikum.

© Stephanie Pilic/dpa

FRANKFURT/MAIN. "In Sachsen haben wir fast täglich Ebola-Alarm", stellt der Infektionsmediziner Professor Bernhard Ruf vom Klinikum St. Georg in Leipzig fest.

Die allermeisten Verdachtsfälle seien aber keine. Oft reiche es, dass ein Afrikaner mit Fieber auftauche, um Alarm auszulösen - auch wenn er aus Mozambique kommt, Tausende Kilometer von der Epidemie weg.

Sogar fieberkranke Reisende aus Bali seien ihm schon als Verdachtsfälle gemeldet worden, sagte der Klinikleiter bei einer Expertenrunde zum Thema Ebola am Mittwoch auf dem Gesundheitsamt in Frankfurt am Main.

Das Leipziger Klinikum zählt zu den sieben Zentren in Deutschland, die für die Behandlung von Ebola-Patienten ausgelegt sind. Dort ist bereits ein aus dem Sudan stammender Ebola-Patient behandelt worden.

Um Hysterie und häufige Fehlalarme zu verhindern, appellierten Ruf und andere Experten auf der Veranstaltung an Ärzte, sich bei der Meldung von Verdachtsfällen an das Flussschema zu halten, wie es unter anderem vom Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlicht wurde: Danach besteht ein begründeter Ebola-Verdacht nur dann, wenn Patienten Fieber über 38,5 Grad, Durchfall und Erbrechen zeigen und in den vergangene drei Wochen mit Ebola-Infizierten oder -Verdachtsfällen Kontakt hatten.

Erkrankte Reisende aus Afrika, die nicht aus den drei Ländern Sierra Leone, Liberia und Guinea kommen, zählen also nicht primär als Verdachtsfälle.

"Holpflicht für Ärzte"

RKI-Präsident Professor Reinhard Burger sieht eine "Holpflicht" der Ärzte in Notaufnahmen und Praxen, sich mit dem Prozedere bei Ebola-Verdacht vertraut zu machen.

Professor René Gottschalk vom Gesundheitsamt in Frankfurt will aber auch, dass Behörden aktiver auf Ärzte und Pflegepersonal zugehen. Die Gesundheitsämter sollten sich "proaktiv" an Ärzte und Kliniken wenden und über den Umgang mit Ebola-Verdachtsfällen informieren, etwa welche Schutzmaßnahmen nötig seien.

Gleichzeitig warnte Gottschalk aber vor einer übertriebenen Angst vor Patienten mit Infektionskrankheiten. Es dürfe nicht soweit kommen, dass Erkrankte mit schwarzer Hautfarbe generell unter Ebola-Verdacht gestellt und nicht mehr behandelt werden. Mit einer solchen Haltung hätte man im vorigen Jahrhundert die Pocken nicht in den Griff bekommen, so Gottschalk.

Sollte es in den nächsten Wochen vereinzelt zu eingeschleppten Ebola-Fällen kommen, sehen die Experten Deutschland gut gerüstet. Derzeit stünden bundesweit 47 Betten auf Isolierstation bereit, um sie aufzunehmen.

Da aber etwa 30 Ärzte und Pfleger für die intensivmedizinische Betreuung eines einzigen schwer erkrankten Ebola-Patienten nötig seien, könnten bei einer Behandlung nach den derzeitigen Standards allenfalls etwa die Hälfte der Betten gleichzeitig belegt werden.

Im Notfall könnten deutlich mehr Ebola-Patienten unter hohen Sicherheitsstandards in Deutschland behandelt werden, so Dr. Stefan Schmiedel vom Uniklinikum Hamburg. Das sei etwa der Fall, wenn Tausende Helfer aus Deutschland in die Krisenregion geschickt werden, von denen sich einige infizieren.

Eine Infektion von Pflegekräften auf Isolierstationen wie in den USA halten die Experten in Deutschland kaum für möglich. "Hier passiert so etwas mit 99,9-prozentiger Sicherheit nicht", sagte Ruf.

Auf deutschen Isolierstationen würden Überdruckanzüge mit Atemhauben verwendet und nicht nur Schutzanzüge mit Atemmasken wie in Dallas und Madrid.

Zudem sei das Personal in Deutschland besser ausgebildet: "Wir trainieren jede Woche einen solchen Ernstfall", ergänzte Schmiedel.

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