Diagnostik

Test auf SARS-CoV-2-Antikörper für „zu Hause“: Sinnvoll oder nicht?

Einen neuen SARS-CoV-2-Antikörpertest können Interessierte in Eigeninitiative vornehmen lassen. Sie nehmen selbst die Blutprobe und senden diese an das Labor. Ob der Kauf über Apotheken möglich ist, ist strittig.

Veröffentlicht: | aktualisiert:
Antikörper

Die Antikörperkonzentration nimmt bei einigen Patienten, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert haben, schon wenige Wochen nach Genesung wieder ab.

© Sebastian Schreiter / Springer M

Neu-Isenburg. Einen sogenannten „Heimtest“ auf SARS-CoV-2-Antikörper hat das Biotechnologisch-Biomedizinische Zentrum (BBZ) der Universität Leipzig gemeinsam mit dem Unternehmen Adversis Pharma in einem Forschungsprojekt entwickelt.

Die Patienten erwerben dabei nur ein Probeentnahme-Set. Damit nehmen sie sich selbst nach Herstellerangaben wenige Topfen Blut aus der Fingerbeere. Das Blut wird auf eine Mikrotiterplatte gestrichen, die nach dem Trocknen zur Analyse in das Labor des Unternehmens geschickt wird. Die Analyse der Probe, ein ELISA-Test auf SARS-CoV-2-spezifische Antikörper, findet also nicht zu Hause statt, sondern im Labor. Das Ergebnis des Tests soll nach 24 bis 48 Stunden online und per Sicherheitscode abrufbar sein. Die Sensitivität des Tests liegt nach Herstellerangaben bei 100 Prozent, die Spezifität bei 99,4 Prozent.

Der Test „AProof® SARS-CoV-2 IgG ELISA“ kann online bestellt werden und soll auch in Apotheken erhältlich sein. Der Preis liegt Angaben des Herstellers zufolge bei 49 Euro. „Der Vertrieb des Probeentnahme-Sets beginnt am 1. September über Apotheken und den Online-Handel“, heißt es dazu auf der Webseite von Adversis Pharma.

Als Zweckbestimmung des Tests gibt Adversis Pharma an: „Der Test dient Gesundheitsbehörden zur Erhebung epidemiologischer Daten, um zum Beispiel den Immunstatus der Bevölkerung zu untersuchen.“

Verkauf über Apotheken unklar

Ob der Test tatsächlich an Privatpersonen in Apotheken verkauft wird, ist bisher allerdings strittig – In Deutschland ist die Abgabe von In-vitro Diagnostika zum Nachweis von Krankheitserregern, die im Infektionsschutzgesetz genannt sind, nur an medizinisches Personal und andere Fachkreise erlaubt. Ob der Test unter dieses Kriterium fällt, ist strittig.

Die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V.verweist auf entsprechende Verbote, die in der Medizinprodukteabgabeverordnung (MPAV) und dem Infektionsschutzgesetz geregelt sind. In einer Pressemitteilung schreibt der Verband daher explizit: „Apotheker dürfen an Endverbraucher keine Corona-Schnelltests abgeben“.

Dabei spiele es auch keine Rolle, ob der Test das Virus direkt nachweise oder Antikörper gegen eine Infektion mit COVID-19. Die Abgabe entsprechender In-vitro-Tests sei nur an medizinische Fachkreise erlaubt, schreibt die ABDA in einer aktuellen Mitteilung. Auch Probenbehältnisse, in denen Körperproben gesammelt und anschließend „in vitro“ untersucht werden sollen, würden unter dieses Verbot nach § 3 Nr. 4 MPAV fallen, wenn sie für den direkten oder indirekten Nachweis von COVID-19 bestimmt sind.

Die Sächsische Apothekerkammer hatte zuvor ebenfalls ihre Kollegen auf den Sachverhalt nach der MPAV aufmerksam gemacht, der ein Abgabeverbot an Laien begründe. Die rechtliche Situation sei zudem aktuell nochmals durch das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt bestätigt worden, heißt es auf der Website der Kammer.

So steht es in der MPAV, § 3 Absatz 4

In-vitro-Diagnostika, die für den direkten oder indirekten Nachweis eines Krankheitserregers für die Feststellung einer in § 24 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes genannten Krankheit oder einer Infektion mit einem in § 24 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes genannten Krankheitserreger bestimmt sind, dürfen nur abgegeben werden an:

1. Ärzte,

2. ambulante und stationäre Einrichtungen im Gesundheitswesen, Großhandel und Apotheken,

3. Gesundheitsbehörden des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände,

4. Blutspendedienste, pharmazeutische Unternehmen,

5. Beratungs- und Testeinrichtungen für besonders gefährdete Personengruppen.

Davon ausgenommen sind die in Anlage 3 aufgeführten In-vitro-Diagnostika. Hier sind derzeit nur In-vitro-Diagnostika für die Eigenanwendung aufgelistet, die für den Nachweis einer HIV-Infektion bestimmt sind.

Das Gesetz im Internet

BMG sieht die Sachlage anders

Das Bundesgesundheitsamt hat allerdings offenbar eine andere Sicht auf die MPAV. Wie die Pharmazeutische Zeitung berichtet, äußerte das BMG auf Nachfrage, dass Antikörpertests als In-Vitro-Diagnostika im Hinblick auf die Medizinprodukte-Abgabeverordnung zwar nur an bestimmte Personen wie Ärzte, Apotheken, Gesundheitseinrichtungen oder –behörden abgegeben werden dürften. Werde dem Patienten allerdings lediglich ein Probeentnahme-Set zur Verfügung gestellt, das nach erfolgter Probennahme an das Labor zurückschickt werde und das Labor übermittle das Testergebnis, stehe die Verordnung dem nicht entgegen.

Auch ein Rechtsgutachten des Testherstellers sei zu diesem Ergebnis gekommen, schreibt die PZ.

Längst nicht alle Infizierten bilden Antikörper

Der einzelne Bürger wird mit dem Testergebnis wohl eher wenig anfangen können. Zum einen, weil der Test nur die Aussage zulässt, ob eine SARS-CoV-2-Infektion stattgefunden hat und Antikörper gebildet wurden. Einen Tag nach Testung kann das schon wieder anders sein – möglicherweise hat man sich dann nämlich mit SARS-CoV-2 infiziert.

Zum anderen wird immer deutlicher, dass längst nicht alle, die eine Infektion mit dem neuen Coronavirus durchgemacht haben, auch Antikörper bilden. So hat kürzlich eine Erhebung des Robert Koch-Instituts im ehemaligen „Corona-Hotspot“ Bad Feilnbach ergeben, dass dort bei fast 40 Prozent der Erwachsenen mit – laut Selbstauskunft – positivem SARS-CoV-2-Test keine Antikörper nachgewiesen werden konnten.

Zudem haben Studien ergeben, dass der Antikörpertiter bei einigen Infizierten schon nach wenigen Wochen wieder abnimmt.

Roche kündigt ebenfalls Schnelltest an

Einen SARS-CoV-2-Antigen-Schnelltest hat auch Roche Diagnostics angekündigt. Er soll nach Unternehmensangaben Ende September in Deutschland auf den Markt kommen und Ergebnisse innerhalb von 15 Minuten präsentieren. Der Test habe dabei eine Sensitivität von 96,52 % und eine Spezifität von 99,68 %, basierend auf 426 Proben aus zwei unabhängigen Studienzentren. Das kleine, gerätefreie Testkit soll es medizinischem Fachpersonal ermöglichen, ortsunabhängig und effizient bei Personen mit bekanntem Kontakt zu SARS-CoV-2-Infizierten eine Antwort hinsichtlich des Infektionsstatus zu erhalten. (bae/run)

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Kommentare
Dr. Manfred Stapff 02.09.202018:23 Uhr

Unabhängig von der Test-Logistik (zuhause oder in der Praxis) ist die à priori Wahrscheinlichkeit ist ein extrem wichtiger Faktor für die Genauigkeit eines diagnostischen Tests. Insofern müssen häufig zitierte Aussagen, wie angebliche Ergebnisse der Bad Feilnbach Studie ( ...dass dort bei fast 40 Prozent der Erwachsenen mit – laut Selbstauskunft – positivem SARS-CoV-2-Test keine Antikörper nachgewiesen werden konnten...) unbedingt verifiziert werden. Ich habe hierzu keine Publikation gefunden, die Methoden beschreibt und einem peer review unterworfen war.

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