TSH-Wert
Wann ist das Herz in Gefahr?
Über den oberen Grenzwert für den Serum-TSH-Spiegel herrscht Uneinigkeit. In einer Studie wurde jetzt untersucht, welchen Einfluss der Wert auf das Risiko für koronare Herzkrankheiten hat.
Veröffentlicht:TRONDHEIM. Unterschiede im Serum-TSH, die zwischen 0,45 und 4,49 mU/l liegen, haben keine Auswirkungen auf das Risiko für eine koronare Herzkrankheit. Das hat eine große norwegische Metaanalyse auf der Basis individueller Patientendaten ergeben (JAMA Intern Med 2015, online 20. April).
In der Analyse wurden 14 Kohorten aus den Jahren 1972-2002 mit insgesamt 55.412 Teilnehmern ohne Schilddrüsenerkrankung berücksichtigt. In der Beobachtungszeit, die zwischen 3 und 20 Jahre dauerte, waren 3,3 Prozent der Patienten gestorben. Bei 9,5 Prozent war ein erstes KHK-Ereignis - tödlich oder nicht tödlich - erfasst worden.
Keine Unterschiede bei höchstem und niedrigstem Wert
Weder das Risiko eines KHK-bedingten Todes noch das einer KHK-Manifestation korrelierte mit dem anfänglich gemessenen Serum-TSH. Selbst die Gegenüberstellung der Gruppen mit den höchsten (3,5-4,49 mU/l) und den niedrigsten TSH-Werten (0,45-1,49 mU/l) förderte keine Unterschiede in KHK-Mortalität oder -Ereignisrate zutage.
Auch wenn hochnormale TSH-Werte (2,5-4,49 mU/l) in Kombination mit TPO-Antikörpern auftraten, wurde keine Zunahme von KHK-Ereignissen oder -Mortalität verzeichnet. Die Höhe des freien T4 war in dem untersuchten TSH-Bereich ebenfalls ohne signifikanten Einfluss auf das Risiko einer KHK.
Befunde einer Kohortenstudie aus dem Jahr 2008 hatten zumindest bei Frauen einen Zusammenhang zwischen subklinischer Hypothyreose und KHK-bedingten Todesfällen nahegelegt. Der Metaanalyse zufolge scheint es sich dabei jedoch um einen Zufallsbefund gehandelt zu haben.
Warnung vor Abstufung des Grenzwerts
"Unsere Ergebnisse sprechen stark dafür, dass Unterschiede im TSH-Spiegel innerhalb des Referenzbereichs nicht mit dem KHK-Risiko assoziiert sind", konstatieren die Studienautoren um Bj¢rn O. Åsvold von der Universität Trondheim.
Die Wissenschaftler warnen daher vor einer Herabsetzung des oberen TSH-Grenzwertes von 4 auf 2,5 mU/l. Dann müsste etwa in den USA ungefähr jeder Zehnte ohne Schilddrüsenerkrankung als krank eingestuft werden und würde damit zum Kandidaten für eine Behandlung mit Levothyroxin.
Ein Anstieg der Hormontherapie bei Patienten mit TSH-Werten < 4 mU/l ohne weitere Indikation ist heute schon zu sehen. Für Åsvold und Kollegen ein Indiz, dass Schilddrüsenhormone häufig an Patienten verordnet werden, bei denen der klinische Nutzen fraglich ist.
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