Kommentar
Weiterwursteln beim Masernschutz
Wieder ist ein Jahr verstrichen, ohne dass es bei der Masern-Prävention in Deutschland Verbesserungen gegeben hat. Im Gegenteil: Bei älteren Kindern und Jugendlichen nimmt der Schutz offenbar sogar ab, wie Stichproben von Virologen ergeben haben. Der Anteil von Menschen in dieser Altersgruppe mit Masern-Antikörpern hat sich danach verringert.
Dies ist wahrscheinlich weniger den Impfraten geschuldet als der Abnahme von Infektionen. Weil in einer leidlich durchgeimpften Bevölkerung Masern-empfängliche Menschen seltener erkranken, erwerben immer weniger in jungen Jahren eine Immunität durch Wildvirusinfektion. Bei jedem Masernausbruch steigt so das Durchschnittsalter der Betroffenen an.
Die Ständige Impfkommission hat reagiert und rät neuerdings auch Erwachsenen, die nach 1970 geboren wurden und bisher keine zwei Impfdosen erhalten haben zur Impfung. Das reicht jedoch nicht aus, wie Rekordzahlen bei Masernkranken verdeutlichen.
Die angestrebte Masern-Elimination in der Region Europa, zu der sich Deutschland gegenüber der WHO verpflichtet hat, ist nach dem Scheitern 2010 jetzt auf 2015 verschoben worden.
Schon vor sechs Jahren hatte das Robert Koch-Institut geschrieben: "Wenn wir es mit der Maserneliminierung wirklich ernst meinen, müssen alle Ebenen des öffentlichen Gesundheitsdienstes jetzt große Anstrengungen unternehmen."
Empfohlen wurden damals zum Beispiel Strategien, um Ungeimpfte zu identifizieren, sowie Interventionen und Impfangebote, um Impflücken zu schließen. Umgesetzt wurde davon fast nichts. Zwei Nationale Impfkonferenzen hat es seither gegeben.
Jedes Mal wurde ein Nationaler Impfplan angekündigt, der bis heute nicht vorliegt. Durch ein solches Weiterwursteln werden in Deutschland aber die WHO-Vorgaben auch am nächsten Stichtag nicht erreicht.
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