Reproduktion

Weltweit geltendes Klonverbot steht immer noch aus

Vor 20 Jahren verabschiedete der Europarat das Protokoll, mit dem das reproduktive Klonen verboten wird. Doch schon auf europäischer Ebene gelten damals wie heute unterschiedliche Schutzziele und -standards.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Eine DNS-Doppelhelix: Weltweit gelten unterschiedliche Regeln, die das Klonen verbieten.

Eine DNS-Doppelhelix: Weltweit gelten unterschiedliche Regeln, die das Klonen verbieten.

© Spectral-Design / Fotolia

Als das Klonschaf "Dolly" 1996 das Licht der Welt erblickte, schien auch das reproduktive Klonen von Menschen in Reichweite zu rücken. "Dolly" wirkte als Katalysator internationaler Bemühungen, diese als ethisch verwerflich erachtete Form des Klonens weltweit zu verbieten. Ein Mosaikstein in diesem Prozess ist das Zusatzprotokoll des Europarats über das Klonverbot von menschlichen Lebewesen, das vor 20 Jahren, am 12. Januar 1998, verabschiedet wurde.

Befürworter loben das Protokoll als erstes und einzig verbindliches internationales Rechtsinstrument in diesem Bereich. Artikel 1 verbietet "jede Intervention, die darauf gerichtet ist, ein menschliches Leben zu erzeugen, das mit einem anderen lebenden oder toten menschlichen Lebewesen identisch ist".

Skeptiker verweisen darauf, dass es massiv von der jeweiligen Interpretation abhängt, ob derartige Erklärungen konkrete Auswirkungen auf die Regulierung der Stammzellforschung haben.

Das Europarats-Protokoll zum reproduktiven Klonen zeigt wie in einem Brennglas die bis dato ungelösten Probleme, zu gemeinsamen bioethischen Standards auch nur auf europäischer Ebene zu gelangen – von völkerrechtlich verbindlichen Konventionen auf UN-Ebene ganz zu schweigen.

So krankt das Zusatzprotokoll daran, dass es den Unterzeichnerstaaten überlässt, wie sie den Begriff "menschliches Lebewesen" auslegen. Die Niederlande etwa haben die Unterzeichnung mit einem Vorbehalt versehen und interpretieren "human being" dahingehend, dass der Begriff sich ausschließlich auf geborene Menschen bezieht.

Deutschland unterzeichnet das Protokoll nicht

Klonen humaner Embryonen für die Forschung

» Klonen

Vor mehr als 20 Jahren ist es erstmals gelungen, ein Säugetier zu klonen, 1996 mit dem Schaf Dolly. Zwar stieg nach dieser Initialzündung die Zahl der Publikationen über die Übertragung der Kerne von Körperzellen etwa der Haut als Methode des reproduktiven Klonens zwischen 1997 und 2015 auf mehr als 3200, doch ist die "Ausbeute" überlebender Tiere etwa bei der Herstellung landwirtschaftlicher Nutztiere mit maximal einem Prozent noch immer sehr niedrig. Mehr als 20 verschiedene Tierarten wurden bereits geklont.

» Klonen von Menschen

Das Ziel, Menschen zu klonen, bleibt nicht zuletzt wegen der Ineffizienz der verfügbaren Klonmethoden weiterhin unrealistisch.

» Therapeutisches Klonen

Nachdem es 1998 erstmals gelungen war, embryonale Stammzellen aus Blastozysten zu isolieren, wuchs auch das Interesse daran, humane embryonale Stammzellen durch therapeutisches Klonen zu gewinnen. Erstmals gelang dies 2013.

Vor Kurzem haben chinesische Forscher mit der vielversprechenden CRISPR-Methode erstmals bei geklonten menschlichen Embryonen einen Gendefekt repariert, der Ursache für die Entstehung der Beta-Thalassämie ist (Protein & Cell 2017; 8/11: 811–822). (ple)

Hinzu kommt, dass bisher nur 29 von 47 Staaten des Europarats das Dokument ratifiziert haben – in der Riege der Nicht-Unterzeichner findet sich Deutschland neben dem äußerst forschungsfreundlichen Großbritannien wieder, freilich aus ganz unterschiedlichen Gründen. Denn Deutschland lehnt die hierzulande hoch umstrittene Bioethik-Konvention des Europarats von 1997 ab.

Grund ist die insbesondere von Behindertenverbänden vorgetragene Kritik, der Artikel 17 der Konvention enthalte keine verbindlichen Schranken zum Schutz von Menschen mit Behinderungen. Da das Zusatzprotokoll nicht paraphiert werden kann, wenn ein Staat nicht auch der Biomedizin-Konvention beitritt, liegt der Unterzeichnungsprozess in Deutschland seit mehr als 20 Jahren auf Eis.

Wie weit auf einer weltweiten Ebene die unterschiedlichen bioethischen Schutzkonzepte – insbesondere die kontrovers beurteilte Schutzwürdigkeit des Embryos – auseinandergehen, zeigt die UN-Deklaration zum menschlichen Klonen von 2005. Sie fand ihren Ausgangspunkt in einer deutsch-französischen Initiative im Jahr 2001. Beide Staaten strebten ein rechtlich verbindliches Verbot zunächst nur des reproduktiven Klonens an.

Deutschland und Frankreich schlugen vor, im Sinne eines gemeinsamen Lernprozesses eine Konvention zu erarbeiten – wissend, dass die UN-Generalversammlung bioethisch völlig neues Terrain betreten würde. Doch diese Pläne wurden durch einen Kurswechsel der USA zunichtegemacht.

Denn die Vereinigten Staaten traten – zusammen mit rund 30 überwiegend katholisch geprägten Ländern und dem Heiligen Stuhl – dafür ein, jegliches Klonen zu verbieten, also nicht mehr zwischen reproduktivem Klonen und Forschungsklonen zu unterscheiden.

Am Ende eines diplomatischen Tauziehens stand anstatt einer UN-Konvention die nicht bindende Resolution 59/280. Darin werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, "alle Formen des Klonens von Menschen zu verbieten, insoweit sie mit der Menschenwürde und dem Schutz menschlichen Lebens unvereinbar sind".

Zerrissenheit der Weltgemeinschaft

Der am 8. März 2005 von der UN-Generalversammlung verabschiedete Text zeigt die Zerrissenheit der Weltgemeinschaft in bioethischen Fragen: 89 Ja-Stimmen standen 34 Nein-Voten und 37 Enthaltungen gegenüber. Länder wie China, Südkorea, Japan, Russland oder Großbritannien beeilten sich zu erklären, dass die nicht-bindende Deklaration ihre Stammzellen-Forschungsprogramme nicht berühre.

20 Jahre nach seiner Verabschiedung bestätigt das Antiklon-Protokoll Chancen und Grenzen solcher auf internationaler Ebene verhandelter Papiere. Der Wert derartiger Erklärungen ergibt sich primär aus dem Debatten-Prozess, den sie anstoßen – umfassende moralische Antworten auf die Herausforderungen der Biomedizin können sie nicht geben.

Doch ein völkerrechtlich verbindlicher Bann reproduktiven Klonens muss weiter auf der Agenda stehen, erklärte der Deutsche Ethikrat noch 2014. Die Dringlichkeit wächst, je näher die technische Machbarkeit des reproduktiven Klonens von Menschen rückt.

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