Abnehmen

Weniger Fett lässt Pfunde nicht purzeln

Was hilft eher beim Abnehmen: eine mediterrane Diät mit viel Olivenöl und Nüssen oder ein allgemeiner Verzicht auf Fett? Eine große Studie sollte dies klären.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Das mit dem Maßband klappt ja schon mal ganz gut.

Das mit dem Maßband klappt ja schon mal ganz gut.

© Arto / fotolia.com

MADRID. Eigentlich ist die Frage, ob eine fettarme Diät beim Abspecken hilft, schon längst durch ein großes Bevölkerungsexperiment beantwortet: Jahrzehntelang wurde der immer dicker werdenden US-Bevölkerung eingetrichtert, dass jegliches Fett des Teufels ist.

Daraufhin haben die US-Amerikaner tatsächlich weniger Fett, dafür aber immer mehr Kohlenhydrate in sich hineingeschaufelt. Die Folge: Sie sind noch schneller noch dicker geworden.

Aber da dieses Experiment nicht unter kontrollierten Bedingungen geschah, mag es nun beruhigen, dass eine fünf Jahre dauernde Interventionsstudie ebenfalls zu dem Schluss kommt, dass der Fettanteil an der Ernährung wenig relevant für eine Gewichtszu oder -abnahme sein könnte.

Allerdings ließ sich dieser Anteil in der Studie kaum ändern.

Päckchen mit Nüssen und Olivenöl

An der Untersuchung PREDIMED (Prevención con Dieta Mediterránea), zu der inzwischen zahlreiche Publikationen vorliegen, haben anfangs 7500 Personen mit Diabetes oder hohem kardiovaskulärem Risiko (mindestens drei Risikofaktoren) teilgenommen. Sie waren im Schnitt 67 Jahre alt und zu 90 Prozent übergewichtig oder adipös. Im Mittel lag das Gewicht bei 76,5 Kilogramm.

Ein Drittel der Teilnehmer wurde einer Gruppe mit mediterraner Diät zugeordnet und erhielt zur Unterstützung dieser Ernährung Olivenöl (extra vergine, 50 ml pro Tag und Person im Haushalt).

Ein weiteres Drittel durfte sich über eine regelmäßige Nusslieferung zur mediterranen Diät freuen (7,5 g/d plus zusätzlich 1 kg im Monat für den Familienbedarf). Die dritte Gruppe wurde dazu angehalten, ihren Fettkonsum deutlich einzuschränken.

In allen Gruppen kümmerten sich Ernährungsberater um die Einhaltung des Diätplans, zusätzlich wurde die Adhärenz per Fragebogen überprüft. Dabei gab es in den drei Gruppen kaum Unterschiede - die Teilnehmer hielten sich also ähnlich gut oder vielmehr ähnlich schlecht an das jeweilige Ernährungsprogramm.

Eine Kalorienrestriktion war nicht vorgesehen, auch wurden die Teilnehmer nicht dazu animiert, mehr Sport zu treiben. Es ging in der Studie nur um den Einfluss des Ernährungsstils.

Die Low-Fat-Gruppe sollte dabei einen Fettanteil von 30 Prozent an den Gesamtkalorien möglichst unterschreiten, für die beiden anderen Gruppen wurde ein Anteil von über 40 Prozent angestrebt - möglichst mit ungesättigten Pflanzenfetten.

Nach rund fünf Jahren war etwa die Hälfte der Teilnehmer abgesprungen. Bei den Verbliebenen hatte sich nur relativ wenig am Fettanteil der Ernährung geändert: So sank dieser Anteil bei den Gesamtkalorien in der Kontrollgruppe von rund 40 auf 37 Prozent und lag damit weit von den angestrebten 30 Prozent entfernt.

In der Gruppe mit Olivenöl-augmentierter mediterraner Diät stieg er von 40 auf 42 Prozent, in der Nussgruppe blieb er konstant bei 40 Prozent, berichten die Studienautoren um Dr. Ramon Estruch vom Instituto de Salud, Carlos III, in Madrid in ihrer Sekundäranalyse der Studie (Lancet Diabetes Endocrinol 2016; online 6. Juni).

Kaum Gewichtsabnahme

Kein Wunder, dass sich beim Gewicht und Bauchumfang im Laufe der Untersuchung keine großen Differenzen ergaben.

Im ersten Jahr nahmen die Teilnehmer in der Kontrollgruppe etwas ab und die mit mediterraner Diät etwas zu, allerdings ging es jeweils nur um maximal 200 Gramm im Gruppendurchschnitt.

Im fünften Jahr hatten die Teilnehmer der Olivenölgruppe die Nase vorn - mit gerade mal 880 Gramm Gewichtsreduktion über die fünf Jahre hinweg.

Unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und diversen kardiovaskulären Risikofaktoren konnten sie ihr Gewicht um 430 Gramm stärker senken als die Kontrollgruppe, der Unterschied war nur knapp signifikant.

In der Nussgruppe gab es mit 75 Gramm Differenz praktisch keinen Unterschied zur Kontrollgruppe.

Ein ähnliches Bild zeigte sich beim Bauchumfang: Er nahm in der Olivenölgruppe mit 0,9 Zentimeter am stärksten ab, im Vergleich zur Kontrollgruppe betrug die Differenz aber nur noch einen halben Zentimeter, und in der Nussgruppe gab es wiederum keinen greifbaren Unterschied.

Was lässt sich also aus den Daten schließen? Eigentlich fast nichts, außer dass Ernährungsgewohnheiten schwer zu ändern sind. Offenbar hatten die Interventionen nur einen geringen Einfluss auf die Ernährung.

Die Empfehlung zur Fettreduktion in der Kontrollgruppe brachte nicht den erwünschten Erfolg, sodass sich nicht sagen lässt, ob die Reduktion des Fettanteils beim Abspecken hilft.

Letztlich kann man aus der Studie nur den Schluss ziehen, dass Empfehlungen zum Fettverzicht - zumindest bei älteren Spaniern - wenig nützen.

Indirekt bestätigt die Studie jedoch: Ohne Kalorienrestriktion und körperliche Bewegung ist kein Abnehmen möglich. Wird die Energiebilanz nicht defizitär, ist das ein aussichtsloses Unterfangen.

Dem Körper ist es weitgehend egal, ob die überschüssigen Kalorien in Form von Fett oder Kohlenhydraten zugeführt werden. Er weiß sie stets in die bestehenden Fettpölsterchen zu integrieren.

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Kommentare
Rudolf Hege 05.07.201613:55 Uhr

Kalorienbedarf

Ich denke, es ist unstrittig, dass es zur Gewichtszunahme führt, wenn dauerhaft mehr Kalorien bereit gestellt, als verbraucht werden. Egal in welcher Form die Kalorien zugeführt werden. Und das gilt natürlich auch für die Gewichtsabnahme. Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt ist, dass es offensichtlich schon einen Unterschied macht, in welcher Form die Kalorien bereitgestellt werden. Da der Mensch kein Ofen ist (dem ist es letztlich egal, was er verbrennt), spielt der individuelle Stoffwechsel inkl. des Darmmikrobioms eine entscheidende Rolle. Es kommt also weniger darauf an, was in den Mund kommt, sondern was letztendlich davon dann den Zellen zur Verfügung steht. Und das ist keineswegs automatisch gleichzusetzen.

Die Erfahrung zeigt, dass eine Kohlenhydratreduktion effektiver wirkt als eine Fettreduktion - vermutlich einfach durch den dadurch niedriger gehaltenen durchschnittlichen Blut-Glucose-Spiegel. Außerdem sättigt Fett besser als KH.

Aus meiner eigenen Praxis kann ich berichten, dass Laborkontrollen zeigen, dass eine KH-Reduktion sich positiver auf Parameter wie HbA1c, Homa-Index, Trigl., Cholesterin und Harnsäure auswirkt, als eine Fettreduktion.

Wolfgang P. Bayerl 04.07.201618:05 Uhr

Zustimmung verehrter Herr Schätzler

"wissenschaftlich" erfordert ein Vergleich allerdings ISOCALORISCHE Mengen, nicht das Gewicht.
Wobei dann die "KH-Mast" regelmäßig schlechter abschneidet aus mehreren Gründen.
Eine "Extraportion" von Olivenöl ist kontraproduktiv,
es sei denn, der Mensch ist untergewichtig, nicht übergewichtig.

Thomas Georg Schätzler 04.07.201615:35 Uhr

PREDIMED-Sekundäranalyse

"Effect of a high-fat Mediterranean diet on bodyweight and waist circumference: a prespecified secondary outcomes analysis of the PREDIMED randomised controlled trial" heißt die PREDIMED-Nachfolgestudie von Ramon Estruch et al.

Die Aussagekraft von Studien zum Ernährungsverhalten ist meist mangelhaft: Ohne brauchbare Hypothesenbildung und ohne intellektuell nachvollziehbare inhaltliche Analyse werden der meist in völlig anderen Zusammenhängen retrospektiv ein- oder mehrmalig erfragte Nahrungs- und Genussmittel-Konsum mit einem demografisch zugänglichen Morbidität- bzw. Mortalitätsregister alliterativ aber nicht kausal verknüpft.

"Milestone"-Studien wie die interventionelle RCT-Studie CASCADE (Cardiovascular Diabetes & Ethanol Trial) oder FINGER (Finnish Geriatric Intervention Study to Prevent Cognitive Impairment and Disability) bzw. die PREDIMED-Ausgangsstudie von R. Estruch et al. ["Primary prevention of cardiovascular disease with a Mediterranean diet"] im NEJM 2013; 368: 1279 bringen dagegen über eine korrekte Hypothesenbildung und randomisiert-kontrolliertes Studiendesign mehr Evidenz, Relevanz und Plausibilität bzw. illuminieren die Wahrheitsfindung.

Unter anderem auch ein Verdienst von SpringerMedizin und ÄZ-Autor Thomas Müller, dass die "Fettaugenzähler" der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) mit ihrer Kohlenhydrat-Mast immer mehr klein bei geben müssen.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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