Blasenentzündung
Wie Uromodulin vor Harnwegsinfekten schützt
Das Protein Uromodulin bildet lange Filamente. Damit dockt es an die fadenförmigen Fortsätze (Pili) von E.coli an und neutralisiert die Keime auf diese Weise.
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Uromodulin-Filamente (blau) umhüllen ein E.coli-Bakterium und verhindern so, dass der Erreger mit seinen Pili an die Zellwände im Harntrakt andockt.
© Dawid Zyla / ETH Zürich
Zürich. Wie das Protein Uromodulin vor Zystitis schützt, haben Züricher Forscher herausgefunden. Ein interdisziplinäres Team der ETH Zürich, der Universität Zürich und des Kinderspitals Zürich hat die Struktur von Uromodulin analysiert und herausgefunden, wie es uropathogene E.coli neutralisiert (Science. 2020; online 2. Juli).
Wie bekannt, sind meist uropathogene E. coli-Bakterien Auslöser von Blasenentzündungen. Uromodulin schützt dagegen. Rund 70 Prozent aller Menschen haben eine Uromodulin-Genvariante, die dazu führt, dass das Protein in großen Mengen produziert wird. Ihr Risiko für Harnwegsinfekte ist kleiner als dasjenige von Personen ohne diese Genvariante.
Uromodulin bildet Filamente
Zunächst haben die Forscher auf molekularer Ebene analysiert, wie das Protein an die Bakterien-Pili bindet, mit denen E.coli normalerweise an die Zellen von Blase, Harnleiter oder Harnröhre andockt und so die Infektion in Gang setzt.
„Zwar wusste man schon vorher, dass eine Bindung stattfindet und dass dies wohl zur Schutzfunktion beiträgt, doch Näheres war nicht bekannt“, wird Gregor Weiss, Doktorand an der ETH und einer der Erstautoren in einer Mitteilung zur Veröffentlichung der Studie zitiert.
Die biochemischen Untersuchungen hätten ergeben, dass die Bakterien-Pili bestimmte Zuckerketten auf der Oberfläche des Uromodulins erkennen und extrem spezifisch und stark an diese binden.
Die Analyse mittels Kryo-Elektronentomografie habe ergeben, dass Uromodulin lange Filamente aus durchschnittlich rund 400 einzelnen, aneinander gereihten Proteinmolekülen bildet. Jedes Glied dieser Proteinkette enthalte das charakteristische Muster aus Zuckerketten, an das Bakterien-Pili gerne binden, heißt es in der Mitteilung.
Die Filamente umhüllten die Pili der Erreger, wobei ein einzelnes Uromodulin-Filament an mehrere Pili eines Bakteriums andocke und den Erreger so neutralisiere. Im Lichtmikroskop seien große Klumpen aus Filamenten und E.coli.-Zellen zu sehen gewesen, die vermutlich mit dem Urin ausgeschieden werden.
Kombinierte Zuckerpäparate wirksamer?
Aus der Arbeit des Forscherteams ergeben sich Hinweise für eine Antibiotika-freie Behandlung und Prävention von Harnwegsinfekten. Bisher bekommen Patienten dazu ja häufig Präparate, die den Zucker Mannose enthalten. Diese verhindern zu einem gewissen Grad, dass sich die E. coli-Bakterien an den Zellen des Harntraktes festsetzen.
„Durch unsere Analysen wissen wir nun, dass die Bakterien mit ihren Pili neben der Mannose auch andere Zucker auf dem Uromodulin erkennen“, wird Doktorandin Jessica Stanisich zitiert. „Das könnte darauf hinweisen, dass eine Behandlung mit kombinierten Zuckerpräparaten wirksamer wäre.“
Die Resultate könnten bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe helfen, so Professor Rudi Glockshuber. Denn die uropathogenen E. coli heften sich bei einer Infektion im Harntrakt an dieselben Zuckerketten auf den dortigen Zelloberflächen wie beim Uromodulin.
Der Versuch, die Interaktion mit neuen Wirkstoffen zu verhindern, könne jedoch dazu führen, dass dabei auch die Bindung des schützenden Uromodulins an die Bakterien gestört werde, heißt es in der Mitteilung.
Durch die Analysen des Forschungsteams sei nun klar, dass die Zusammenschlüsse aus Bakterien und Uromodulin extrem stabil sind und sich auch durch Wirkstoffe nicht mehr aufbrechen lassen. (eb/sro)