Brustkrebs-Screening

Wissenschaftler zweifelt am Sinn

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MÜNCHEN. Deutliche Zweifel am Nutzen von Screeningprogrammen hat der Berliner Wissenschaftler Professor Gerd Gigerenzer geäußert. Statt das Geld etwa in das Mammografiescreening zu stecken, sollte besser die Prävention gestärkt werden, erklärte der Direktor am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung beim BKK Tag 2013 in München.

Von tausend Frauen, die am Mammografiescreening teilnehmen, sterben nach Gigerenzers Angaben vier an Brustkrebs, gegenüber fünf Frauen, die nicht zum Screening gehen.

Dieser Unterschied werde dann für Aussagen genutzt, wonach ein Screening die Brustkrebsmortalität um 20 Prozent senkt. Damit würden die Frauen in die Irre geführt, da sich im Einzelfall das Risiko an Brustkrebs zu sterben durch eine Nicht-Teilnahme kaum erhöhe, erklärte Gigerenzer.

Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass Brustkrebsscreenings zu Fehlalarmen und überflüssigen Eingriffen führten.

In der Bevölkerung und auch in der Ärzteschaft werde der Nutzen der Mammografie als ein Mittel zur Vermeidung von tödlich verlaufenden Krebserkrankungen in hohem Maße überschätzt, erklärte er. Statt über relative Risiken zu informieren, sollten absolute Zahlen genannt werden.

Dann würde auch deutlich, dass Screeninguntersuchungen zur Früherkennung "so gut wie nichts" bringen. (sto)

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Kommentare
Corinna Heinrich 13.02.201315:47 Uhr

2000 gerettete Leben - "so gut wie nichts"?

Herr Gigerenzer fordert die Verwendung von absoluten Zahlen, wenn über die Senkung der Brustkrebssterblichkeit geredet wird. Genau das macht die Kooperationsgemeinschaft Mammographie – und zwar bereits seit einigen Jahren anhand der Kennzahlen des Mammographie-Screening-Programms 2010. Demnach wird von 200 Frauen, die regelmäßig 20 Jahre lang alle 2 Jahre zum Screening gehen, eine vor dem Brustkrebstod bewahrt, so dass anstatt 4 Frauen „nur“ 3 Frauen an Brustkrebs sterben. Diese Absolutzahlen werden im Merkblatt des Gemeinsamen Bundesausschusses kommuniziert, das mit den Einladungen an die anspruchsberechtigten Frauen versendet wird. Auch an die Ärzteschaft werden immer wieder diese Informationen weitergegeben. Die Kennzahlen finden sich zudem in vielen Materialien der Kooperationsgemeinschaft Mammographie, die auch über das Medium Internet unter wwww.koop-mammo.de für ALLE öffentlich zugängig sind.
Laut Schätzungen des Robert-Koch Institutes können durch das Screening rund 2000 Frauen jährlich in Deutschland gerettet werden. Ob Screening daher „so gut wie nichts bringt“, dürfte für die einzelne Frau, zumal wenn sie selbst eine der 2000 Frauen ist, eine zumindest befremdliche Feststellung sein. Die Diskussion über den Nutzen des Screenings auf Basis der aktuellen Studienlage hat in den vergangenen Jahren zu nicht wirklich neuen Erkenntnissen geführt. Ob und inwieweit das Brustkrebsscreening in Deutschland die Brustkrebssterblichkeit senkt, kann frühestens 2019 evaluiert werden. Vielleicht sollten Herr Gigerenzer und andere Kritiker erst einmal die Ergebnisse abwarten, bevor sie immer wieder in dasselbe Horn stoßen.
Dr. Tatjana Heinen-Kammerer

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