Corona

COVID-19 in Hessen: Ab Oktober übernehmen Haus- und Betriebsärzte das Impfen komplett

Die hessischen Impfzentren schließen bis 30. September. Danach stehen die Haus- und Betriebsärzte im Mittelpunkt der COVID-19-Impfkampagne. Wie die Übergangsphase geplant ist.

Von B. Glebe und C. Rupp und C. Eckenfels und E. Krafczyk Veröffentlicht:
Blick auf den Rücken einer Mitarbeiterin des Impfzentrums Kassel, verschwommen vor ihr Passanten unterschiedlichen Alters mit Masken.

Mitarbeiterin des Impfzentrums Kassel. Alle 28 hessischen Impfzentren sollen Ende September geschlossen werden.

© Socher / Eibner-Pressefoto / picture alliance

Wiesbaden. Die Haus- und Betriebsärzte bilden künftig das Rückgrat für die Corona-Impfungen in Hessen. Weil die Schutzimpfungen in Hessen mittlerweise weit vorangeschritten seien, könnten die 28 Impfzentren spätestens Ende September schließen, sagte Innenminister Peter Beuth (CDU) am Mittwoch in Wiesbaden. Die Regelversorgung übernähmen dann die niedergelassenen Arztpraxen und Betriebsärzte. Auch der öffentliche Gesundheitsdienst werde stärker einbezogen.

In den Impfzentren werde das Registrierungs- und Terminierungsverfahren für eine Corona-Schutzimpfung im Laufe des 1. August eingestellt. Bereits zugewiesene Termine behielten aber ihre Gültigkeit. Ab dem 2. August können dann die Menschen in Hessen das Impfzentrum ihrer Wahl besuchen. Das Wohnortprinzip gelte nicht mehr. Eine Registrierung oder Terminvereinbarung sei dabei nicht mehr nötig, da die Impfzentren über ausreichend Impfstoffe verfügten und das notwendige Personal für die Aktion bereitstellten.

Erstimpfungsquote bei über 60 Prozent

Außer einem Ausweisdokument wie dem Personalausweis oder der Krankenkassenkarte sowie dem gelben Impfpass müssten die Bürger dann nichts darüber hinaus mitbringen. Die Zweitimpfung gebe es dann ebenfalls in dem gewählten Impfzentrum, sagte Beuth. Die Quote bei den Erstimpfungen liege in Hessen derzeit bei über 60 Prozent. Bei den Zweitimpfungen betrage die Quote mittlerweile fast 50 Prozent.

Sollte es überschüssigen Impfstoff etwa von AstraZeneca geben, werde dieser wegen der Verfallsdaten so schnell wie möglich eingesammelt, erklärte der Innenminister. Der Bund müsse dann entscheiden, wie damit umzugehen sei. Nach Einschätzung von Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) sollte überschüssiger Impfstoff im Ausland sinnvoll eingesetzt werden, wo er dringend benötigt wird.

Hausärzte begrüßen Schließung der Impfzentren

Die Erfahrungswerte der Impfallianz hätten gezeigt, dass die etablierten Regelstrukturen mit Haus-, Fach- und Betriebsärzten in Kooperation mit der Apothekerschaft in der Lage sind, Impfungen in kurzer Zeit und großem Umfang wohnortnah durchzuführen, sagte der Gesundheitsminister zur hessischen Impfstrategie.

Die Praxen könnten dauerhaft eine Größenordnung von 350.000 Impfungen wöchentlich verabreichen, ergänzte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, Frank Dastych. Selbstverständlich würden auch die Bürger geimpft, die keinen festen Hausarzt haben.

Nach Einschätzung des Hausärzteverbandes ist die Schließung der 28 hessischen Impfzentren „vollständig unproblematisch“ für die Praxen. Man begrüße es, wenn die Corona-Schutzimpfungen den Händen der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen, egal welcher Fachrichtung, übergeben werden, sagte Armin Beck, der erste Vorsitzende des Hausärzteverbandes Hessen.

Keine Doppelstrukturen mehr

So gebe es keine Doppelstrukturen und weniger Durcheinander. Es sei einfacher, das in den „bewährten Händen“ zu lassen und für die Praxen auch leistbar: „Wir impfen ja auch Grippeimpfstoff, da kommt auch keiner und macht das für uns“, sagte Beck der Deutschen Presse-Agentur. Eine nachlassende Impfbereitschaft bemerken aber auch die Hausärzte.

Nach Angaben von Klose erfolgt derzeit auch eine Abfrage bei den kommunalen Spitzenverbänden und den Gesundheitsämtern zu den regionalen Planungen für Impfungen und Impfaktionen sowie den dazu notwendigen Bedarfen. Auf deren Grundlage könnten Ressourcen und Ausstattung von Impfzentren nach deren Schließung übernommen werden.

Viele Termine werden nicht mehr wahrgenommen

In den 28 hessischen Impfzentren wurden zuletzt vereinbarte Termine für eine Corona-Schutzimpfung vermehrt nicht wahrgenommen. Um das Impftempo wieder zu erhöhen, werden in den Zentren derzeit verstärkt Sonderimpfaktionen durchgeführt.

Der Kreis Gießen will mit einem kreativen Angebot Menschen für eine Impfung gewinnen. Das Impfzentrum in Heuchelheim organisiert nach eigenen Angaben von Freitag auf Samstag eine „Impfnacht“ mit Musik und alkoholfreien Cocktails. In Calden im Landkreis Kassel bleibt das Impfzentrum von Freitag bis Dienstag bereits geschlossen, weil es sehr wenige Anmeldungen gegeben habe, sagte ein Sprecher. Zuvor waren Impfungen auch ohne vorherigen Termin angeboten worden.

Auch im Odenwaldkreis wird das Zentrum tageweise geschlossen. Als Grund dafür nannte ein Sprecher ebenfalls einen starken Rückgang der regulären Anmeldungen über das Portal des Landes Hessen. Gleichzeitig bietet der Kreis Sonderimpftage und mobile Impfungen an – auch für Kinder und Jugendliche. Im Landkreis Offenbach wurden bereits Impfungen ohne Termin angeboten. Eine Schließung des Zentrums vor dem 30. September sei aber derzeit nicht geplant, sagte eine Sprecherin. (dpa)

Mehr zum Thema

Coronavirus-Pandemie

Stohn: Brandenburger sind nicht impfmüde!

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
Kommentare
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

© Springer Medizin Verlag GmbH

Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Studie der Unimedizin Greifswald

Neurologin: Bei Post-COVID-Kopfschmerzen antiinflammatorisch behandeln

Lesetipps