Ausstellung in Hamburg

Narben sind ein Teil von ihnen – Fotos von Brandverletzten

Eine besondere Ausstellung läuft nur dieses Wochenende in Hamburg: Der Verein „Paulinchen - Initiative für brandverletzte Kinder" stellt Fotos von Erwachsenen aus, die als Kinder Verbrennungen erlitten haben.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Justin und die Fotografin Gina Kühn mit Justins Portrait im Hintergrund. So wie er haben sich 17 Menschen von Kühn fotografieren lassen, die als Kind schwere Verbrennungen erlitten haben.

Justin und die Fotografin Gina Kühn mit Justins Portrait im Hintergrund. So wie er haben sich 17 Menschen von Kühn fotografieren lassen, die als Kind schwere Verbrennungen erlitten haben.

© Dirk Schnack

Hamburg. Es war ein Unglück, das nicht hätte passieren dürfen: Kinder proben ein Krippenspiel in der Kita. Justin und ein Freund spielen die Schäfchen, ihre T-Shirts sind mit Watte betupft. Viele Kinder tragen echte brennende Kerzen und kurz darauf stehen Justin und sein Freund in Flammen.

Was 1999 in Berlin-Marzahn passiert ist, bewegte damals viele Menschen, trotzdem hat es weitere Unglücke ähnlicher Art gegeben. Justin war zum Unglück drei Jahre alt und hat schwerste Verbrennungen erlitten. Er lag zwei Wochen im Koma und danach weitere zwei Monate im Krankenhaus. In den anschließenden Jahren muss er Hauttransplantationen über sich ergehen lassen.

Lebenslust statt Verbitterung

Die Folgen sind bis heute zu erkennen, die Verbrennungen betreffen auch die Gesichtspartie. Wer deshalb einen sich zurückziehenden oder gar verbitterten Menschen erwartet, liegt falsch. Justin ist heute, mit Mitte Zwanzig, lebenslustig und fröhlich. „Ich bin mit mir im Reinen und zufrieden, so wie ich bin", erzählt er der Ärzte Zeitung zur Ausstellungseröffnung „Ein Teil von mir - Narben machen (k)einen Unterschied" in Hamburg.

Dort ist der Berliner einer von 17 Menschen aus ganz Deutschland, die als Kinder Verbrennungen erlitten haben und sich heute, als Erwachsene, haben fotografieren lassen. Die Aufnahmen hängen großformatig an den Wänden der Circle Culture Gallery in der Hamburger Bismarckstraße. Justins Foto ist der Eye-Catcher, der Besuchern sofort bei Eintritt auffällt.

„Leichtigkeit, Zufriedenheit und Freude am Leben" erkennt Justin selbst in diesem Bild - und damit das, was Fotografin Gina Kühn einfangen wollte. „Das war überraschend einfach", berichtet sie vom Shooting, das im Frühjahr in Hamburg und Frankfurt stattfand. Justin und die anderen 16 Modelle gingen so offen mit ihren Verletzungen um, dass Hemmschwellen - wenn sie denn vorhanden waren - schnell abgebaut waren.

Mut machen - und Paulinchen unterstützen

Justin war zum Fotoshooting und zum Ausstellen der Fotos bereit, weil er anderen Menschen mit Verbrennungen Mut machen möchte, trotz schwerer Unfallfolgen zu sich zu stehen. Und er möchte dem Verein etwas zurückgeben, der die Ausstellung organisiert hat und sich seit 30 Jahren für brandverletzte Kinder engagiert: Paulinchen. Die Initiative dient als bundesweite Anlaufstelle, an die sich Familien mit betroffenen Kindern und Jugendlichen wenden können, damit diese in die bestmögliche Versorgung kommen. Außerdem leistet Paulinchen Präventivarbeit und ist mit zahlreichen Akteuren vernetzt: Medizinische Zentren und Behandler, Feuerwehr, Behörden.

Mit der Ausstellung zum 30-Jährigen Vereinsjubiläum geht der Verein erstmals mit Betroffenen an die Öffentlichkeit. Die werden im Alltag oft angeschaut, ohne aktiven Einfluss auf ihre Wahrnehmung zu haben. Das bestätigt auch Justin: „Die Menschen schauen hin, das ist ganz normal." Er empfindet es als angenehmer, wenn die Menschen ihn auf die Verletzung ansprechen, als schamhaft zu schweigen. Von der Ausstellung erhoffen sich die Vereinsvorsitzende Susanne Falk und ihre Mitstreiter, dass die Betroffenen durch Wort und Bild ein Stück Deutungshoheit zurückgewinnen.

„Der Unfall hat mich selbstbewusst gemacht"

Viele werden überrascht sein, was die Betroffenen über ihre Verbrennungen zu erzählen haben. Der 26-Jährige Tobi aus Husum etwa glaubt, dass ihn Unfall und Narben selbstbewusster gemacht haben: „Ich habe gelernt, für mich einzustehen." Kimberley sagt: „Meine Narben sind für mich etwas Tolles. Sie haben mich zu der Person gemacht, die ich heute bin - und darauf bin ich heute stolz."

Es gibt auch mahnende Worte, etwa von Malte. Er wünscht sich, dass „die Gesellschaft den Menschen hinter den Narben sieht". Bei den 17 Modellen ist das gelungen und die Betroffenen führen viel davon auf die betreuende Arbeit des Vereins zurück. Der stellt die Bilder in Hamburg zwar nur am 28. und 29. Oktober aus, hofft aber auf weitere Gelegenheiten in anderen Städten.

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