Brandenburg
Schulkrankenschwestern ersparen den Rettungswagen
Fachkräfte an Schulen führen nachweislich zu weniger Rettungsfahrten. Doch die Finanzierung des Modellprojekts ist offen.
Veröffentlicht:Potsdam. Wo an einer Brandenburger Schule eine Schulgesundheitsfachkraft tätig ist, ist die Zahl der Rettungswagenfahrten für Schülerinnen und Schülern deutlich gesunken.
Während an Grundschulen ohne Schulgesundheitsfachkraft pro 100 Schüler 0,7 Mal pro Jahr ein Krankenwagen gerufen werden musste, war das an Grundschulen mit einer derartigen Fachkraft nur 0,26 Mal der Fall.
Das sagte der mit der Evaluation des Projektes beauftragte frühere Chefarzt der Kinderklinik Delmenhorst, Johann Böhmann, im Gesundheitsausschusses des Landtags.
In Brandenburg sind derzeit 27 Schulgesundheitsfachkräfte in einem Modellprojekt an 18 Schulen tätig. Insgesamt hätten die Schulgesundheitsfachkräfte bei 27.000 Schülerkontakten nur 26 Mal einen Rettungswagen rufen müssen. Hingegen hätten 87 Prozent der Schüler nach einem Besuch bei der Schulgesundheitsfachkraft wieder am Unterricht teilnehmen können.
Es gilt: Keine Diagnosen, keine Mittel
„Als ich noch in Delmenhorst Chefarzt war, kam fast jeden Tag zur Mittagszeit ein Krankenwagen mit einem Schüler“, sagte Böhmann. „Und oft waren es Bagatellen.“ Organisiert wird die Arbeit der Schulgesundheitsfachkräfte von der Potsdamer Arbeiterwohlfahrt. Auch deren Vorsitzende Angela Schweres verwies darauf, dass Schulsekretärinnen schnell „den Sanka“ anrufen würden.
„Unsere Krankenschwestern können bei Sportverletzungen aber durchaus sehen, ob etwas gebrochen ist oder nicht“, sagte Schweres. Dennoch gelte für die Schulgesundheitsfachkräfte immer die Regel, dass grundsätzlich die Eltern informiert würden, und dass seitens der Mitarbeiter des Projekts „keine Diagnosen gestellt und keine Mittel gegeben werden.“
Offen ist allerdings die weitere Finanzierung des Projekts: Zwar hat die Kenia-Koalition im aktuellen Landeshaushalt 400.000 Euro für die Schulgesundheitsfachkräfte vorgesehen. Wie es nach 2021 weitergeht, ist aber noch völlig unklar. „Die Haushaltslage ist dramatisch“, sagte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) im Ausschuss.
„Uns wurden für die nächsten Jahre Steuerausfälle von drei Milliarden Euro prognostiziert – und ich kann Ihnen nicht vorhersagen, wie sich das Corona-Infektionsgeschehen entwickelt, wie stark die Wirtschaft noch leiden wird und wie sehr sie sich wieder erholt.“
Gelder aus dem ÖGD nehmen?
Es wird darüber nachgedacht, dafür Mittel aus der geplanten Aufstockung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) zu verwenden. „Es wäre nicht nur schade, sondern geradezu verantwortungslos, die Schulgesundheitsfachkräfte hier nicht einzuplanen“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Linken, Ronny Kretschmer.
Ministerin Nonnemacher gab sich indes zurückhaltender: „Ob die Fachkräfte aus diesen Mitteln finanziert werden können, muss man prüfen.“ Das Land wolle jedenfalls schnellstmöglich ein Konzept zur Verwendung der ÖGD-Gelder aufstellen.