Verdi gestärkt

Urteil: Streikaufrufe an Uniklinik Bonn zulässig

Das Arbeitsgericht Bonn hat einen Eilantrag der Uniklinik zurückgewiesen, die gerichtlich weitere Streiks unterbinden lassen wollte. Die Gewerkschaft Verdi und die Beschäftigten sehen sich bestätigt und wollen weiterstreiken. Doch Ärzte warnen.

Veröffentlicht:
Mitarbeiter der Uniklinik Bonn gehen während einer Demonstration mit einem Transparent mit der Aufschrift „Atemlos durch die Schicht - Ihr gönnt uns unsere Pause nicht“ durch die Stadt. Das Bonner Arbeitsgericht hält die Streiks für zulässig.

Mitarbeiter der Uniklinik Bonn gehen während einer Demonstration mit einem Transparent mit der Aufschrift „Atemlos durch die Schicht - Ihr gönnt uns unsere Pause nicht“ durch die Stadt. Das Bonner Arbeitsgericht hält die Streiks für zulässig.

© Oliver Berg/dpa

Bonn. Streikaufrufe der Gewerkschaft Verdi am Uniklinikum Bonn sind weiterhin zulässig. Das Arbeitsgericht Bonn wies einen Eilantrag des Krankenhauses auf Unterlassung zurück, wie eine Gerichtssprecherin der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage am Dienstag mitteilte. Mit den Streiks macht die Gewerkschaft Druck auf die Verhandlungen über einen Tarifvertrag zur Entlastung der Beschäftigten.

In dem Eilrechtsschutzverfahren wollte die Uniklinik erreichen, dass Verdi bis zum 17. Juni nicht mehr zum Streik der Klinikbeschäftigten aufrufen darf. Aus Sicht des Klinikvorstandes verstößt der seit Wochen anhaltende Arbeitskampf unter anderem gegen die Friedenspflicht und ist rechtswidrig.

Es sei aus medizinischer Sicht und im Interesse der Patienten nicht mehr vertretbar, die Streiks weiter hinzunehmen, begründete die Klinik den juristischen Vorstoß.

Kein Verstoß gegen „relative Friedenspflicht“

Dieser Ansicht mochte das Arbeitsgericht nicht folgen. Die Forderungen der Streikenden seien „hinreichend begründet“, erklärte die stellvertretende Vorsitzende Richterin. Auch die Versorgung der Patientinnen und Patienten durch die Notdienstvereinbarungen mit den Kliniken sei abgesichert. Ein Verstoß gegen die „relative Friedenspflicht“ seitens der Gewerkschaft und der Streikenden liege nicht vor.

Verdi sieht seine Position nun gestärkt: „Der Klinikvorstand sollte die Entscheidung zum Anlass nehmen, den Konfrontationskurs gegen die eigenen Beschäftigten zu beenden und am Verhandlungstisch für gute Tarifregelungen zur Entlastung des Personals sorgen“, sagte Verdi-Landeschefin Gabriele Schmidt am Dienstag.

Die Beschäftigten hätten „keinerlei Verständnis für juristische Winkelzüge und Einschüchterungsversuche“. Das Grundrecht auf Streik gelte auch in Krankenhäusern.

Ärzte sorgen sich wegen aufgeschobener Operationen

Die Gewerkschaft argumentiert, die Notfallversorgung der Patienten sei durch die entsprechenden Notdienstverordnungen nicht gefährdet. „Täglich sorgen die Streikleitungen vor Ort dafür, dass alle Notfälle behandelt werden. So streiken wir weiter – spürbar und verantwortungsvoll. Bis zu einer akzeptablen Einigung“, sagte Schmidt.

Die Direktoren der Kliniken für Unfallchirurgie sehen die Notfallversorgung dagegen inzwischen stark beeinträchtigt, wie die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) am Dienstag mitteilte. „Dauern die Streiks an, droht der Kollaps der bestreikten Regionen in NRW.“

Inzwischen seien pro Uniklinik mehr als 300 Eingriffe bei Patientinnen und Patienten aus der Unfallchirurgie abgelehnt oder in andere Einrichtungen transferiert oder auf die Zeit nach dem Streik verschoben worden. Die DGU forderte eine rasche einvernehmliche Rücknahme der drastischen Streikmaßnahmen während der laufenden Verhandlungen.

Gewerkschaft will Entlastung für alle Beschäftigten

Verdi fordert von sechs Unikliniken in Nordrhein-Westfalen seit Monaten bessere Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte und will einen Tarifvertrag Entlastung, nicht nur für die direkt in der Pflege Beschäftigten, sondern auch für weitere Kräfte beispielsweise in den Küchen oder den Fahrdiensten aushandeln. Die Streiks sind mittlerweile in der siebten Woche.

Erneut bot die Gewerkschaft an, den Arbeitskampf durch eine konstruktive Verhandlungslösung schnellstmöglich zu beenden. „Die Tarifkommission ist bereit, bis zur Einigung durch zu verhandeln. Darauf sollten sich endlich auch die Klinikvorstände konzentrieren“, betonte Schmidt.

Parallel zur Arbeitsgerichtsentscheidung gingen die Proteste unvermindert weiter. Vor der Uniklinik Bonn versammelten sich laut Verdi rund tausend Demonstranten von den sechs NRW-Häusern auf dem Venusberg und machten ihrem Ärger Luft. Anschließend zogen die Beschäftigten in einem Demozug durch die Stadt bis zur Abschlusskundgebung auf dem Münsterplatz. (dpa)

Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Ein Roboter, der Akten wälzt? Künstliche Intelligenz kann bereits mit Leitlinien umgehen – jedenfalls wenn sie so gut strukturiert sind wie die der DEGAM.

© Iaroslav / stock.adobe.com

Digitalisierung in der Medizin

Kollegin Dr. ChatGPT? Wie Künstliche Intelligenz Ärzten helfen könnte

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

© Solventum Germany GmbH

Solventum Spracherkennung

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

Anzeige | 3M Healthcare Germany GmbH
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
In der Klinik Königshof in Krefeld werden Menschen mit psychischen Erkrankungen behandelt. Die digitale Terminvergabe über Doctolib senkt eine Hemmschwelle: Es fällt leichter, mit wenigen Klicks einen Termin zu buchen, als im direkten Gespräch am Telefon.

© St. Augustinus Gruppe

Unternehmensstrategie für Krankenhäuser

Patientenportal stärkt die Reichweite der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung von Krankenhäusern

Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Susanne Dubuisson, Product Leader in Health Tech beim E-Health-Unternehmen Doctolib.

© Calado - stock.adobe.com

Tools zur Mitarbeiterentlastung

Online-Termine gegen den Fachkräftemangel

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ein Schild mit der Aufschrift „Praxis ist geöffnet“ hängt an der Eingangstür einer Arztpraxis in Berlin. Doch wer darf mit Termin eintreten? (Archivbild)

© Peter Kneffel / dpa

Debatte um Arzttermine

Lauterbach beklagt „Diskriminierung“ gesetzlich Versicherter

Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

70 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025