Ein Jahr danach
Die Folgen der Terrornacht von Paris
Ein Jahr nach den Terror-Anschlägen von Paris ist die Verunsicherung nach wie vor groß. Auch Deutschland hat sich auf den Ernstfall vorbereitet.
Veröffentlicht:PARIS. Die Wahl des Datums ist ein Zeichen, ein Bekenntnis zum Leben. Das "Bataclan" wird am Samstag mit einem Konzert des britischen Musikers Sting wiedereröffnet - am Vorabend des ersten Jahrestags der Pariser Terroranschläge.
Monatelang wurde die traditionsreiche Konzerthalle im Osten der Millionenstadt renoviert, die Spuren der IslamistenAttacke beseitigt. "Jetzt beginnt eine andere Art von Wiederaufbau: der des Lebens im Saal – und diese Arbeiten werden länger und schwieriger sein", sagte "Bataclan"-Co-Chef Jules Frutos dem französischen Sender RTL.
Das Konzert symbolisiert den Neuanfang an einem Wochenende im Zeichen von Trauer und Gedenken. Die Stadt wird Plaketten an den Tatorten anbringen, die an die 130 Todesopfer der islamistischen Terroranschläge erinnern – und will ansonsten möglichst viel Raum für spontanes Innehalten lassen.
Ärzte von Paris sind "Helden"
Nach der Terrornacht vom 13. November 2015 bekamen die Ärzte von Paris viel Lob für ihren Einsatz. Gesundheitsministerin Marisol Touraine bezeichnete die Mediziner und Helfer, die die Verletzten nach den Anschlägen versorgten, als "Helden".
Doch es dauerte nicht lang, bis eine Diskussion darüber entbrannte, ob die französischen Ärzte gut genug ausgebildet seien für diese Art von Einsätzen.
Auch in Deutschland wird darüber gesprochen, inwiefern Ärzte, Krankenhäuser und Rettungsdienste für den Fall eines Terroranschlags gerüstet sind. Im September machte eine Umfrage der dpa deutlich, dass mehrere Bundesländer die Anforderungen an ihre Rettungsdienste verändern.
Demnach haben Bayern, Baden-Württemberg und Berlin die Ausrüstung von Rettungswagen ergänzt oder planen dies. Konkret sollen Instrumente zum Abbinden stark blutender Gliedmaßen vorgehalten werden.
Deutschland gut aufgestellt
Diplom-Psychologin Katrin Streich, Leiterin des Instituts Psychologie und Bedrohungsmanagement (IPBM) in Darmstadt, sagte im März im Interview mit der "Ärzte Zeitung", natürlich könne nur ein Ernstfall zeigen, ob die Abläufe der Krisenpläne hierzulande sitzen würden.
"Meiner Erfahrung nach ist Deutschland aber gut aufgestellt", so Streich. Szenarien würden regelmäßig unter realen Bedingungen geübt.
Das war passiert
Das Trauma des 13. November 2015 ist in Frankreich ein Jahr nach den Anschlägen längst nicht überwunden. Um 21.19 Uhr an jenem Abend hörten Zehntausende Fußballfans im Stade de France einen Knall.
Auf dem Platz spielte Deutschland gegen Frankreich, auf der Tribüne saßen auch Staatschef Hollande und der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Was sie nicht ahnten: Ein Selbstmordattentäter hatte sich vor dem Stadion in die Luft gesprengt. Zwei weitere taten es ihm kurz darauf nach.
Gleich drei Terrorkommandos des selbst ernannten Islamischen Staats (IS) schlugen an diesem Abend zu - bewaffnet mit Sturmgewehren und Sprengstoffgürteln, gut vorbereitet, präzise koordiniert. Drei Männer ermordeten Dutzende Menschen auf den Terrassen von Bars in einem angesagten Viertel im Osten der Hauptstadt
Das größte Blutbad richtete das Kommando an, das beim Konzert der US-Rockband Eagles of Death Metal ins "Bataclan" eindrang, in die Menge schoss und Geiseln nahm – allein sie töteten 90 Menschen.
Sieben Attentäter starben bei den Anschlägen, zwei weitere einige Tage später bei einem Polizeieinsatz. Nur ein mutmaßlich direkt Beteiligter ging den Ermittlern lebend ins Netz: Nach monatelanger Fahndung wurde Salah Abdeslam in Brüssel gefasst.
Die Politik legte einen Schalter um: "Frankreich ist im Krieg", sagte Präsident François Hollande. Die Regierung verhängte den Ausnahmezustand, Frankreich weitete seine Luftschläge gegen IS-Stellungen aus, die Anti-Terror-Gesetze wurden verschärft.
Wenn Frankreich an diesem Wochenende seiner Toten gedenkt, schwingt im Hintergrund damit auch die Frage mit, ob es wieder passieren kann. (mit dpa)