Ewige Liebe - nur ein Hirngespinst?

Gescheiterte Liebe, geplatzte Träume vom Glück: Gibt es Rezepte, dass Partnerschaft auf Dauer funktioniert?

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
In Sand gemeiselt: Der Treuschwur.

In Sand gemeiselt: Der Treuschwur.

© SVLuma / fotolia.com

Gibt es das - "ewige Liebe"? Selbstverständlich! Aber warum entgleitet die Liebe dann so vielen? Nicht nur Hans und Lene, sondern auch Heidi Klum und Seal, Natascha und Uwe Ochsenknecht oder dem spanischen Königspaar?

Die Antwort ist bestürzend einfach: Sie haben ihre romantische Aufwallungen mit der Liebe verwechselt.

Wenn sie gehen, herrscht Öde und die Paare trennen sich. Gut. Aber was machten die übrig Geliebenen besser? Sie sind rechtzeitig Freunde geworden.

"Im Prinzip unterliegt auch die beste Partnerschaft einem ganz trivialen Gewöhnungseffekt", erklärt der Psychologe Oliver Arránz Becker, "wir sprechen da von Habituation. Jeder neue Reiz ruft Orientierungsreaktionen hervor, die mit physiologischer Aktivierung einhergehen, die später abklingen."

Becker Arránz ist Koordinator der Pairfam-Studie, die seit 2008 Tausende von deutschen Paaren befragt, um mehr über Wohl und Wehe ihres Liebeslebens zu erfahren.

Studien über das Liebesleben

Nachdem dann der hormonelle Ausnahmezustand (die "Habituation") abgeklungen ist und durch Kindergeschrei, öde Fernsehabende und Haare im Abfluss ersetzt wurde, bleibt nach ein paar Jahren oft nur noch die Trennung.

Partnerschaft in Deutschland

Das 2008 gestartete Beziehungs- und Familienpanel pairfam ("Panel Analysis of Intimate Relationships and Family Dynamics") ist eine multidisziplinäre Längsschnittstudie zur Erforschung der partnerschaftlichen und familialen Lebensformen in Deutschland. Jedes Jahr werden über 12 000 bundesweit zufällig ausgewählte Personen befragt.

www.parfaim.de

45 Prozent der in Deutschland geschlossenen Ehen werden geschieden, das sind jährlich fast 200.000 Paare.

Inzwischen streiten auch Heidi Klum und Seal um ihre Kinder, die Ochsenknechts ums Geld und die spanische Königin ist von den Extratouren ihres Juan Carlos so genervt, dass sie das Fest zur goldenen Hochzeit abblasen will. Bonjour, tristesse.

Wohl zu recht heißt es in Richard Wagners Oper über das romantische Paar "Tristan und Isolde": "Oh Wonne voller Tücke, oh truggeweihtes Glücke."

In der Tat dürfte die Legende von Tristan und Isolde tatsächlich so etwas wie die kollektive Blaupause des modernen Beziehungsdramas abgeben: Da sind Tristan und die blonde Isolde, Frau des Königs Marke, die sich durch einen einschläfernden Zaubertrank unsterblich ineinander verlieben.

Liebe, die blind macht

Der König bemerkt den Betrug und verbannt den Nebenbuhler. Der heiratet nun eine andere, die weißhändige Isolde, die er nicht liebt, sein Herz bleibt bei der Blonden. Als Tristan erkrankt, lässt er die blonde Isolde von der anderen Seite des Meeres rufen.

Nur ihre Anwesenheit könne ihn retten. Ein weißes Segel solle zeigen: Sie ist an Bord, ein schwarzes, sie komme nicht. Als das Schiff mit weißem Segel kommt, kündigt die weißhändige Isolde ihrem Mann in verständlichem Zorn ein schwarzes an.

Vor Verzweiflung stirbt Tristan und die blonde Isolde, die nun zu spät an sein Krankenlager kommt, stirbt ebenfalls gebrochenen Herzens. "Ist das nicht romantisch?!", möchte man seufzen.

"Leider, ja", muss man antworten. Denn es stimmt ja, solche Romantik ist "Wonne voller Tücke": Narkotisiert von den eigenen Gefühlen setzen Tristan und Isolde einander auf einen Thron, der ihnen gar nicht zusteht.

Solche Liebe macht blind. Und prompt übersehen die beiden die ganz gewöhnlichen Menschen an ihrer Seite - ihren Mann und ihre Frau.

Ähnliche Bildung ein guter Kitt

Genau darunter leiden heute viele Beziehungen: Wenn der begehrte Partner sich als schnarchender Mann entpuppt oder "die bessere Hälfte" nie etwas zum Anziehen hat, dann sucht die unerfüllte Sehnsucht nach neuen Ufern, und der Kreislauf beginnt von vorn.

Besser es stirbt die Ehe, als die Sehnsucht! "Früher hat die Psychologie nach dem gesucht, was in Partnerschaften die Probleme schafft", erklärt Becker. Ein Heer von Eheberatern lebt davon, die Probleme auszuräumen.

In der Pairfam-Studie schaue man nun eher danach, was Partnerschaften unempfindlicher macht gegen die Untiefen im Hafen der Ehe. Die Forscher sprechen hier von "Resilienz".

Zum Beispiel sei ähnliche Bildung der Partner ein guter Kitt, sagt Arránz Becker. Ob die Ähnlichkeit der Partner überhaupt ihre Beziehungen stabilisiert, beantwortet der Psychologe zurückhaltend.

"Vielleicht gibt es da einen ganz kleinen Effekt." Auch der Umstand, dass der Mann mehr verdient als die Frau, hält Paare zusammen.

Ist es aber umgekehrt, wächst das Trennungsrisiko, "wahrscheinlich, weil finanziell unabhängige Frauen sich leichter trennen, wenn sie unzufrieden sind." Gemeinsame Einstellungen zu Sauberkeit, Sex, Essen oder Kleidung senkt die Neigung, eigene Wege zu gehen.

Hilfe für Träumer

Besonders wichtig ist aber die Gesprächskultur. "Killerphrasen, verächtlich machen, herabsetzen des Partners sind Beziehungskiller", weiß Arránz Becker.

"Aber Respekt und Wertschätzung auch im Zorn und die Fähigkeit über die eigenen Gespräche zu reflektieren, halten Partnerschaften zusammen."

Der US-Psychologe John Gottman hat sogar empfohlen, das Streiten ganz aufzugeben, weil es die Paare erwiesenermaßen kein Stück weiterbringt. Im Zweifel also die Klappe halten und verzeihen, auch wenn er sich mal wieder unmöglich aufführt.

Was zählt, sind Takt, Höflichkeit, Ausgleich, Freundschaft, Rücksichtnahme und die Kraft, Unabänderliches im Zweifel zu verzeihen.

So hätten sich Tristan und Isolde von romantischer Liebe, jenem "truggeweihten Glücke", befreit, aber dafür einen Mann und eine Frau in Freundschaft und Respekt an ihrer Seite gehabt - und ein langes Leben dazu.

Gibt es also doch keine ewige Liebe? Doch, doch. Aber sie steht nicht im Ehevertrag. Sie steht auf einem anderen Blatt.

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