Apps auf Rezept
Studie: Zulassungsstudien für DiGA oft mangelhaft
Unbehandelte Kontrollgruppen, voreingenommene Teilnehmer – Forscher sehen große Mängel in Studien zu digitalen Gesundheitsanwendungen. Sie fordern mehr Verantwortung im Umgang mit Beitragsgeldern.
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Sind DiGA wirklich sinnvoll? Zumindest Zulassungsstudien sind häufig fehlerbehaftet.
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Erlangen. Von Rückenschmerzen bis Rauchentwöhnung - digitale Apps auf Rezept sollen zur Gesundheit beitragen. Einer neuen Untersuchung zufolge sind jedoch die Studien, die vor der Zulassung zu deren Wirksamkeit durchgeführt wurden, häufig mangelhaft. Das teilte die Universität Erlangen-Nürnberg am Freitag mit.
Demnach gab es bei vielen der Studien keine sogenannte Verblindung, da die Teilnehmer wussten, in welcher der Behandlungsgruppen sie sind. Dies könne das Forschungsergebnis beeinflussen, heißt es. Die Verblindung bei Studien dient dazu, Voreingenommenheit und Erwartungshaltungen auszuschließen, die das Ergebnis beeinflussen können.
Außerdem seien die Personen in den Kontrollgruppen oft gar nicht behandelt worden, so die Mitteilung weiter. Durch Kontrollgruppen sollen normalerweise die Auswirkungen von neuen Behandlungsmethoden mit bestehenden Behandlungen verglichen und die Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen werden.
Darüber hinaus seien die Studienteilnehmer teils nicht repräsentativ ausgewählt worden, da es viele digital affine Personen in den Gruppen gegeben habe. Weitere Gründe für wissenschaftliche Mängel seien unter anderem hohe Studienabbruchraten und eine fehlende Transparenz durch unveröffentlichte Studienprotokolle.
Finanzierung durch gesetzlich Versicherte
„Studienergebnisse könnten also verzerrt sein, das heißt die Ergebnisse spiegeln möglicherweise nicht die tatsächliche Wirksamkeit wider“, sagte Nikolas Dietzel, Erstautor der Studie. Da die Apps, die auch als „digitale Gesundheitsanwendungen“ (DiGA) bezeichnet werden, von den gesetzlich versicherten Beitragszahlern finanziert würden, gebe es eine besondere Verantwortung dafür, dass die Zulassungsstudien ohne Verzerrungen abliefen.
„Wenn sich Studienergebnisse nicht verallgemeinern lassen, muss die in der Studie gemessene Wirksamkeit der DiGA ernsthaft in Frage gestellt werden“, sagte Co-Autor Peter Kolominsky-Rabas. Studien, die die Kosten im Verhältnis zur Wirksamkeit der Apps untersuchten, seien bisher selten und kämen zu unterschiedlichen Ergebnissen.
„Es stellt sich die grundsätzliche Frage, ob die Solidargemeinschaft der Beitragszahler viel Geld für die mangelnde Wirksamkeit von digitalen Gesundheitsanwendungen ausgeben sollte“, so Kolominsky-Rabas.
Bilanz der Krankenkassen
Die Krankenkassen hatten Anfang April eine kritische Bilanz nach mehr als vier Jahren gezogen, in denen es die Apps auf Rezept gibt. Viele der digitalen Helfer erfüllten die Erwartungen auf eine bessere Gesundheitsversorgung nicht, hieß es.
Zudem seien viele von ihnen stark überteuert. Der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung wies die Vorwürfe zurück. (KNA)