Fußball nur noch mit Schutzhaube?

Hirnschäden durch Kopfbälle: Neurologen des Albert Einstein College of Medicine haben herausgefunden, dass häufiges Köpfen schlimmere Schäden verursachen kann, als bislang angenommen.

Veröffentlicht:

BERLIN (dpa). Die schweren Kopfverletzungen am ersten Rückrunden-Wochenende der Fußball-Bundesliga haben eine Diskussion über die Sicherheit im Fußball ausgelöst. In diese Debatte passt auch eine kürzlich veröffentlichte Studie zu Hirnverletzungen durch Kopfbälle. Neurologen des Albert Einstein College of Medicine fanden heraus, dass häufiges Köpfen schlimmere Schäden verursachen kann, als bislang angenommen.

Der Leiter der Fußballlehrer-Ausbildung beim DFB, Frank Wormuth, hält es angesichts der Studienergebnisse für denkbar, dass Fußballer künftig mit einer Haube spielen. Ein solcher Schutz vor Kopfverletzungen sei durchaus möglich, sagte Wormuth. Dabei müsse aber ausgeschlossen werden, dass eine Haube mögliche Verletzungen erst verursache, sagte er.

Neurologen um Michael Lipton vom Einstein College hatten in ihrer Studie eine - allerdings vergleichsweise kleine - Gruppe von 38 Amateurspielern dazu befragt, wie oft sie in einem Jahr Fußbälle geköpft hatten.

Das Ergebnis der Forscher: Spieler mit häufigen Kopfbällen wiesen Gehirnverletzungen auf, die auch bei Patienten mit Gehirnerschütterungen zu sehen sind. Ein auftreffender Ball kann während eines Spiels schon mal eine Geschwindigkeit bis zu 100 Kilometer in der Stunde erreichen - auf den Kopf wirken dabei enorme Kräfte ein.

Ein Großteil der Energie werde allerdings absorbiert, sagt der Neurologe Wolfgang Greulich. "Akute Kopfverletzungen beim Fußball sind eher die Folge von Zusammenstößen oder eines Aufpralls auf den Torpfosten", so der ärztliche Direktor der Helios-Klinik Hagen-Ambrock.

"Ein anderer Knochen oder das Alu-Profil geben beim Kontakt mit dem Kopf weniger nach, als es der Ball tut."

Die Wiederholung ist schädlich

Der Aufprall eines einzelnen Fußballs sei nicht groß genug, um Nervenfasern im Hirn zu verletzen, fasst auch Michael Lipton die Ergebnisse seiner Studie zusammen. "Aber wiederholtes Köpfen kann eine Reihe von Reaktionen auslösen, die zu einer Rückbildung von Gehirnzellen führen kann."

Die Wissenschaftler nennen dabei sogar eine Zahl, ab der es für den Spieler riskant werden kann: Zwischen 1000 und 1500 Kopfbällen pro Jahr - immerhin vier am Tag.

Für den Sportwissenschaftler Roland Loy ist die Zahl durchaus vorstellbar. Der Forscher hat in den vergangenen Jahren mehr als 3000 Spiele analysiert - auch Kopfbälle hat er dabei gezählt.

So seien beispielsweise in 14 ausgewerteten Spielen zwischen 1991 und 1992 insgewsamt 660 Kopfbälle gespielt worden. 71,1 Prozent davon wurden nach einem Zuspiel aus mehr als 20 Metern angenommen. "Da dürfte der Ball mit ziemlicher Wucht gespielt worden sein", sagt Loy.

Vor diesem Hintergrund schließt auch er eine Schutzhaube bei Fußballspielern nicht aus. Zwar könne eine Haube möglicherweise die Wahrnehmungs- und Bewegungsfähigkeit einschränken. Wenn sich tatsächlich herausstelle, dass häufiges Köpfen zu erheblichen Spätfolgen führe, sei es aber in jedem Fall sinnvoll, darüber nachzudenken.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Runde der letzten 9

Gießener Dermatologin steht im Finale von Miss Germany

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!

Lesetipps
Im Vordergrund Savanne und eine Giraffe, im Hintergrund der Kilimandscharo.

© espiegle / stock.adobe.com

Erhöhtes Thromboserisiko

Fallbericht: Lungenembolie bei einem Hobby-Bergsteiger