Fußball
Hohes Verletzungsrisiko nicht nur für Profis
Die neue Bundesliga-Saison startet - und für die Profifußballer geht es zur Sache. Dass die Berufskicker besonders gefährdet für Sportverletzungen sind, zeigt eine Auswertung von Unfällen im Profisport. Überraschend: Altherren-Fußball ist ebenso riskant.
Veröffentlicht:FRANKFURT/MAIN. Wenn am Freitag der FC Bayern München gegen den Hamburger SV kickt, dann ist das nicht nur der Startschuss zur neuen Bundesliga-Saison - sondern auch für eine Reihe von Sportverletzungen. Denn der Profifußball bringt erhebliche Risiken mit sich.
So lagen 2013 66 Prozent aller Unfälle im bezahlten Sport im Bereich des Fußballs, wie nun die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) ermittelt hat.
Danach folgte Handball mit nur 16 Prozent, auf Platz drei lag das Eishockey (zwölf Prozent).
Nach Angaben der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) beträgt die Unfallquote im Profisport über 2000 Unfälle pro 1000 Beschäftigte im Jahr. Das bedeutet, dass im Schnitt mindestens zwei meldepflichtige Arbeitsunfälle pro Sportler und Jahr auftreten.
Zum Vergleich: Im Bereich der gewerblichen Berufsgenossenschaften sind 2013 bezogen auf 1000 Arbeitskräfte im Schnitt nur 22,5 Arbeitsunfälle gemeldet worden. Bezogen auf einzelne Branchen - ausgenommen der Berufssportler - ereigneten sich die meisten Arbeitsunfälle in der Bauwirtschaft: durchschnittlich 57,32 meldepflichtige Arbeitsunfälle je 1000 Beschäftigte.
Die wenigsten Unfälle dagegen geschahen im Verwaltungsbereich, durchschnittlich 12,97 waren es hier.
"Stark erhöhte Verletzungsgefahr"
"Prävention im Profisport ist in manchen Bereichen stark unterentwickelt", sagt DGAUM-Vizepräsident Professor Stephan Letzel. "Fußball wird zudem weitgehend ohne Protektoren, bei nahezu allen Witterungsbedingungen gespielt. Die Verletzungsgefahr ist bei ungünstigen Witterungsbedingungen stark erhöht."
Zum Start der Bundesliga-Saison fordert die DGAUM in einer aktuellen Mitteilung daher unter anderem die Einrichtung einer Task Force zur Reduzierung von Arbeitsunfällen im Fußball, eine Verbesserung der Verhältnisprävention im Fußball sowie die Umsetzung und Überwachung der gesetzlichen Arbeitschutzvorgaben auch im Profisport.
Dabei reichen die Risiken weit über den Profibereich hinaus: So haben Altherren-Kicker überraschenderweise ein fast ebenso hohes Verletzungsrisiko wie Profi-Fußballer - selbst dann, wenn sie sich im Training unter professioneller Anleitung vorbereiten.
Das ist das Ergebnis zweier Studien, die der Teamarzt der deutschen Nationalmannschaft Professor Tim Meyer jüngst vorgelegt hat.
Meyer, Ärztlicher Direktor des Instituts für Sport- und Präventivmedizin an der Universität des Saarlandes, hat gemeinsam mit Kollegen seines Instituts sowie dem Leiter der medizinischen Abteilung des Weltfußballverbands FIFA, Professor Jirí Dvorák, eine Saison lang 265 Spieler aus 18 deutschen Altherren-Teams begleitet und deren Verletzungen dokumentiert (Research in Sports Medicine 2015; 23: 215-226).
47 Prozent sind Muskelverletzungen
Über neun Monate registrierten die Mediziner bei 63 Hobbykickern insgesamt 88 Verletzungen. Die weitaus meisten (83 Prozent) betrafen die unteren Extremitäten, 47 Prozent waren Muskelverletzungen.
Die häufigsten Blessuren zogen sich die Altherren-Kicker nicht im Training, sondern im Spiel zu (25 Verletzungen in 1000 Stunden). Gemessen an der Spielaktivität verletzten sie sich dabei so oft wie die Profis.
Laut DFB sind in Deutschland mehr als eine Million Fußballspieler im Altherrenbereich aktiv und damit so viele Ältere wie in keinem anderen sportlichen Bereich. Meyer betont den präventiven Charakter des Fußballs, der Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermindere und die Knochenfestigkeit verbessere, warnt aber auch vor dem hohen Verletzungsrisiko.
"Gerade in den unteren Fußball-Ligen wird häufig auf ungünstigen und verletzungsfördernden Fußballplätzen gespielt", gibt Letzel zu Bedenken.
Die FIFA hat jüngst reagiert und ein Programm zur Verletzungsprävention entwickelt, das Kräftigungsübungen der besonders gefährdeten Körperregionen vorsieht und bei jungen Fußballerinnen schon gute Ergebnisse erzielt hat.
Das sogenannte 11+-Programm stand im Mittelpunkt einer weiteren Studie, die unter der Federführung Meyers vorgenommen worden ist (Journal of Sports Sciences 2015, 33: 873-881).
An der Studie haben 20 Altherren-Teams mit Spielern zwischen 37 und 53 Jahren über neun Monate lang teilgenommen. Bei dem Programm absolvieren die Fußballer in Einheiten von 20 Minuten Sprint- und Laufübungen sowie ein Training zur Verbesserung des Gleichgewichts und der Geschicklichkeit.
Was die Verletzungshäufigkeit anbelangt, konnte im Vergleich zur Kontrollgruppe kein positiver Effekt erzielt werden, allerdings verletzten sich die Teilnehmer weniger schwer als jene, die ihr normales Training absolvierten.
Einmal pro Woche zu trainieren(neben den unregelmäßigen Spielen am Wochenende), so Meyers Fazit, sei wahrscheinlich zu wenig, um signifikante Ergebnisse zu erzielen. Er rät Altherren-Kickern dazu, ihr Pensum zu verdoppeln und durch andere Aktivitäten zu ergänzen.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Entscheidend ist auf dem Platz