Grundrechtecharta

Meldepflicht: Bündnis um Ärzte der Welt reicht Beschwerde gegen Deutschland bei EU ein

45 Organisation setzen sich für die gesundheitliche Versorgung von Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus ein. Deutschland verstoße gegen europarechtliche Vorgaben, heißt es in einer Beschwerde bei der EU-Kommission.

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Aufenthaltsstatus ungeklärt: Menschen ohne gültige Papiere haben in Deutschland einen Anspruch auf medizinische Versorgung - wenden sie sich an die entsprechenden Behörden droht ihnen jedoch die Abschiebung.

Aufenthaltsstatus ungeklärt: Menschen ohne gültige Papiere haben in Deutschland einen Anspruch auf medizinische Versorgung - wenden sie sich an die entsprechenden Behörden droht ihnen jedoch die Abschiebung.

© Bernd Settnik / dpa / picture-alliance

Berlin. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) reicht am Montag gemeinsam mit Ärzte der Welt und 45 weiteren Organisationen eine förmliche Beschwerde bei der Europäischen Kommission ein. Damit rüge das Bündnis die Meldepflicht, die seit über 30 Jahren Menschen ohne Papiere faktisch von jeder ärztlichen Versorgung ausschließt, heißt es in einer Mitteilung von Montag.

Die aktuellen migrationspolitischen Entwicklungen ließen befürchten: Das Koalitionsversprechen, Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus endlich eine medizinische Basisversorgung zu ermöglichen, werde in dieser Legislaturperiode nicht eingelöst.

„Die EU darf nicht dabei zusehen, wie Deutschland die absoluten Grundlagen eines menschenwürdigen Lebens missachtet und Teilen der Bevölkerung de facto den Zugang zur Gesundheitsversorgung verwehrt“, betont Sarah Lincoln, Juristin bei der GFF. Dabei garantiert die EU-Grundrechtecharta das Recht auf ärztliche Versorgung.

Deutschland verstoße mit der Meldepflicht im Gesundheitswesen gegen verfassungs- und europarechtliche Vorgaben. In keinem anderen europäischen Land seien die für die Gesundheitsversorgung zuständigen staatlichen Anlaufstellen verpflichtet, Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus zu melden.

Es droht die Abschiebung

Menschen, die in Deutschland ohne geregelten Aufenthaltsstatus leben, haben auf dem Papier zwar einen Anspruch auf Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände. Sobald sie sich an die Sozialbehörde wenden, um den dafür erforderlichen Behandlungsschein zu erhalten, drohe ihnen jedoch die Abschiebung.

Die Sozialbehörde ist dazu verpflichtet, die Daten an die Ausländerbehörde zu übermitteln. Aus Angst vor einer Abschiebung meideten Betroffene den Gang zum Arzt.

„Es ist unfassbar, dass in Deutschland hunderttausende Menschen leben, die keinen Zugang zu ärztlicher Versorgung haben. Selbst Kinder erhalten keine ärztliche Behandlung. Lebensbedrohliche und auch ansteckende Krankheiten bleiben bis zum absoluten Notfall unbehandelt“, kritisiert Janina Gach, Fachreferentin für Inlandsprogramme bei Ärzte der Welt.

Beschwerde wird erneut vorgelegt

Statt wie angekündigt eine zügige Reform umzusetzen und den Gesundheitsbereich von der Meldepflicht auszunehmen, verschärft die Bundesregierung die Vorschriften zum Datenaustausch im Ausländer- und Sozialrecht.

Vor diesem Hintergrund legt das Bündnis seine Beschwerde von 2021 erneut bei der Europäischen Kommission vor und rügt eine Verletzung der europäischen Datenschutzvorgaben und des Rechts auf Gesundheitsversorgung.

Die Europäische Kommission hat nun zwölf Monate Zeit, um eine Verletzung von EU-Recht zu prüfen. Liegt ein Verstoß vor, kann die Kommission ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren einleiten.

Mehr Informationen zur aufenthaltsrechtlichen Meldepflicht und zur Beschwerde an die EU-Kommission finden Sie hier. (kaha)

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