Doping-Affäre

Russland steckt nach Sperre nicht auf

Auch nach der vierjährigen Sperre wollen Russlands Sportpolitiker unbeirrt weitermachen. Die Vorbereitungen für die Olympischen Spiele 2020 würden fortgesetzt – auch eine Klage gegen den Wada-Beschluss erwägt das Land.

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Moskau. Trotz der Strafe der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) für Russland will das Land an seinen Vorbereitungen für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio festhalten. Das bekräftigte der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees in Russland, Stanislaw Posdnjakow, am Mittwoch.

Das gelte auch für andere wichtige Wettbewerbe. „Die Situation verlangt von uns, alles zu tun, um die legitimen Rechte unserer „sauberen“ Athleten zu gewährleisten.“

Russlands Sportminister Pawel Kolobkow sieht gute Gründe, gegen die Wada-Entscheidung vorzugehen. „Ich glaube, es gibt allen Grund, die Entscheidung anzufechten. Unsere Experten haben die gleichen Daten wie die Wada.“ Auf alle Fragen gebe es Antworten, sagte er vor Journalisten. „Ich versichere Ihnen, dass alle Wettbewerbe wie üblich auf höchster Ebene ausgetragen werden.“

„Betrug, Lügen, Fälschungen“

Das Wada-Exekutivkomitee hatte am Montag die russische Anti-Doping-Agentur Rusada bis 2023 suspendiert. Athleten des Landes dürfen in diesem Zeitraum nicht unter der russischen Fahne, sondern nur als neutrale Sportler starten, wenn sie nicht in den Staatsdoping-Skandal verwickelt gewesen sind.

Russland darf während der vier Jahre keine Sportgroßveranstaltungen ausrichten. Kolobkow zeigte sich überzeugt, dass bereits vereinbarte internationale Wettbewerbe in Russland auch ausgetragen werden könnten.

Unterdessen hat der Whistleblower Grigori Rodschenkow die Sanktionen gegen Russland begrüßt und zugleich harte Strafen für die Verantwortlichen des Sportbetrugs gefordert. „Endlich wurden Betrug, Lügen und Fälschungen von unbeschreiblichem Ausmaß in vollem Umfang bestraft“, sagte der frühere Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors in einer persönlichen Erklärung. Rodschenkow lebt seit 2016 an einem unbekannten Ort in den USA.

„Schlag für saubere Athleten“

Für den amerikanischen Anti-Doping-Kämpfer Travis Tygart gehen die Sanktionen der Welt-Anti-Doping-Agentur gegen Russland nicht weit genug.

„Russland einem kompletten Bann entkommen zu lassen, ist ein weiterer verheerender Schlag für die sauberen Athleten, die Glaubwürdigkeit des Sports und Rechtsstaatlichkeit“, sagte der Chef der amerikanischen Anti-Doping-Agentur Usada am Montag. Alle, die den Sport schätzen, sollten laut Tygart „eine Revolte gegen das kaputte System“ starten, um Reformen zu erzwingen.

Offenbar ist die unendliche Geschichte des russischen Doping-Skandals auch nach der vierjährigen Sperre nicht zu Ende. Allen voran befördert Russlands Präsident Wladimir Putin die Erwartung, dass sein Land die von der Welt-Anti-Doping-Agentur verhängten Sanktionen nicht akzeptieren und vor den Internationalen Sportgerichtshof ziehen wird.

„Wir haben allen Grund, Klage beim Cas einzureichen“, sagte Putin. Er meinte, dass sein Land nicht kollektiv für einzelne Doping-Fälle bestraft werden dürfe. Das Wada-Urteil werde man „genau anschauen“. Wie es hieß, will der Aufsichtsrat der nun erneut suspendierten Anti-Doping-Agentur Rusada am 19. Dezember über eine Berufung beim Cas entscheiden.

Kritik am Verhalten der heimischen Sportbehörden

Pikant ist, dass Rusada-Leiter Juri Ganus sich in den vergangenen Monaten als Kritiker von Staatsdoping, Politikern und Funktionären positioniert hat. Nach dem Wada-Beschluss forderte er Putin auf, die Sache ernst zu nehmen und entschlossen zu handeln. „Welche tragischen Entwicklungen soll es denn sonst noch geben“, sagte Ganus und betonte, ein Gang vor den CAS wäre „chancenlos“. Dass er sich mit seiner Sichtweise durchsetzt, ist unwahrscheinlich.

Heftige Kritik am Verhalten der heimischen Sportbehörden übte die dreimalige russische Hochsprung-Weltmeisterin Maria Lasizkene, die trotz der Sanktionen ihre Olympia-Teilnahme in Tokio anstrebt.

„Ich habe den Geschichten nicht geglaubt, dass alles gut wird. Was passiert ist, ist eine Schande“, schrieb sie in einem offenen Brief auf Instagram an die Verantwortlichen des Sportministeriums und des russischen NOK. „Es ist nicht der Westen, der Russland angreift. Ihr selbst habt uns Athleten verraten.“ (dpa)

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