Wissenschaft vom Lachen ist oft gar nicht lustig
Ist donnerndes, herzhaftes Lachen vergleichbar mit einem Orgasmus? Und welche Mimik im Gesicht verrät falsches, unehrliches Lachen? Gelotologen beschäftigen sich mit diesen spannenden Forschungs- themen.
Veröffentlicht:Laut, lang anhaltend, stimmhaft" - so muss Lachen klingen, das ansteckend ist. Der Mund sollte dabei unbedingt geöffnet sein, sonst wirkt das Lachen nicht echt.
Lachen ist ansteckend
Zu dieser Erkenntnis ist der US-Wissenschaftler Michael Owren gelangt. 48 verschiedene Lacher hat er von seinem Forscherteam an der Georgia State University im US-amerikanischen Atlanta aufzeichnen lassen, 28 Testteilnehmer haben hinterher beurteilt, ob überhaupt und wie diese Lacher auf sie ansteckend wirken.
Die Botschaft: Wer laut und dröhnend lacht, hat die allerbesten Karten, viele spontane Mitlacher zu finden.
Das griechische Wort gelos: das Lachen, hat Pate gestanden, als vor Jahrzehnten der Name für eine neue Fachdisziplin entstand: Gelotologie - die Wissenschaft vom Lachen. Sie umfasst längst nicht nur das Lachen über Dinge, die Menschen als lustig erleben. Gelacht wird auch aus ganz anderen Gründen: aus Verbitterung, Häme, Gehässigkeit oder ganz einfach aus Erleichterung.
"Lachen ist die beste Medizin" - dieser Satz aus der Mottenkiste medizinischer Plattitüden enthält offenbar mehr als nur einen Kern an Wahrheit. Viele Zusammenhänge sind in Dutzenden Studien erforscht worden.
Niemand ist in der Lage, gleichzeitig zu Lachen und zu Denken
Die Sauerstoffversorgung des Gehirns etwa steigt beim Lachen an, Gesichtsmuskeln werden entspannt, der Kreislauf wird aktiviert. Lachen steigert das allgemeine Wohlempfinden, baut Stresshormone ab, stärkt das Immunsystem. Lachen führt zu einer geistigen Entspannung, in gewisser Weise zu einer Atempause im Gehirn, denn niemand ist in der Lage, gleichzeitig zu Lachen und zu Denken.
Auch Affen lachen, wenn sie gekitzelt werden
Orang Utans, Gorillas, Schimpansen und Bonobos können Lachgeräusche produzieren, wenn sie gekitzelt werden.
Das hat ein Forscherteam unter Leitung von Marina Davila-Ross von der University of Portsmouth herausgefunden.
21 Affen wurden gekitzelt, um sie auf lachartige Reaktionen zu testen. Das Lachen klang weniger melodisch als bei Menschen, sondern eher wie eine Mischung aus Knack- und Grunzlauten.
Die Forscher fanden heraus, dass dieses Lachen beim Aus- und Einatmen erzeugt wird.
Wann ist Lachen echt und ehrlich gemeint, wann ist es nur aufgesetzt? Mit dieser Frage hat sich schon 1862 der französische Neurologe Guillaume-Benjamin Duchenne beschäftigt. In Paris legte er eine grundlegende Arbeit vor.
Seine Erkenntnis: Die Anspannung des Jochbeinmuskels bewirkt, dass die Mundwinkel nach oben gezogen werden und ein Lächeln entsteht. "Ehrlich" ist dieses Lächeln nach Duchenne allerdings nur dann, wenn in den Augenwinkeln kleine Fältchen zu sehen sind. Dafür sind die Augenringmuskeln zuständig.
Robin Dunbar von der Universität Oxford hat in einer erst vor kurzem veröffentlichten Studie erforscht, ob dieses Duchenne-Lachen Auswirkungen auf das Empfinden von Schmerz hat.
Lachen kann Einfluß auf Schmerzempfinden haben
Im Labor hatte Dunbar zunächst mehreren Probanden eiskalte Manschetten um den Arm gelegt und sie wieder abgenommen, wenn der Schmerz unerträglich wurde. Danach gab es für manche Testteilnehmer ein Fernseh-Programm mit Komödien, die zum Lachen animierten, für andere wurden faktenreiche Dokumentationen präsentiert, allein oder in Gruppen.
Hinterher mussten alle Teilnehmer erneut die Eis-Tortur über sich ergehen lassen. Ergebnis: Bei Probanden, die in der Gruppe mit Komödienprogramm viel Spaß und gemeinsam gelacht hatten, wuchs die Schmerztoleranz deutlich im Vergleich zu Teilnehmern, denen nur trockene Fernseh-Kost präsentiert worden war.
Die Laborergebnisse wurden dann im richtigen Leben bei einem Theaterfestival auf den Prüfstand gestellt, der Effekt war der gleiche. Die eiskalte Manschette wurde von Menschen, die sich als Zuschauer einer witzigen Aufführung zuvor kräftig amüsiert hatten, länger ertragen als von Teilnehmern, die vorher buchstäblich nichts zu lachen gehabt hatten.
Beim Lachen werden Endorphine ausgeschüttet
Dunbar und seine Kollegen gehen in ihrer Analyse davon aus, dass beim Lachen Endorphine ausgeschüttet werden, die eine positive Auswirkung auf die Schmerztoleranz haben.
Sechs Mal in zehn Minuten wird im Durchschnitt bei Gesprächen in Deutschland gelacht. Das hat die Berliner Verhaltensforscherin Julia Vettin herausgefunden. Das fröhlich-herzhafte "Ha ha ha ha ha" ist dabei, wie vielleicht zu vermuten wäre, keineswegs Standard.
Viel häufiger gezählt wurde in der Studie das dreisilbige "He-He-He", das als Bestätigung des jeweiligen Gesprächspartners interpretiert werden kann. Das Experiment war mit dieser Analyse noch nicht vorbei. Die verschiedenen "He-He-he" wurden per Computer aus den aufgezeichneten Gesprächen herausgeschnitten und durch andere Lacher ersetzt.
Die Probanden rochen allerdings Lunte, sie wurden beim Vorspielen der akustisch veränderten Bänder sofort aufmerksam und realisierten die falschen Lacher. Bilanz der Studie: Gesprächslacher sind nicht austauschbar, ein Lachen, das nicht von Herzen kommt, wird durchschaut und verfehlt seine Wirkung.
Lachen gleicht in seiner Rhythmik dem Orgasmus
Der Theologe und Psychologe Roland Kachler hat bereits vor Jahren in seinem Buch "Warum Lachen die beste Therapie für Paare ist", auf einen völlig anderen Zusammenhang hingewiesen: Danach gleicht heftiges Lachen in seiner Rhythmik und den körperlichen Vorgängen dem Orgasmus, beide hätten eine lösende und befriedigende Wirkung.
Das Lachen sei ein spontanes und unwillkürliches Erleben, erläutert Kachler, "bei dem wir", - wie beim Orgasmus - "einen erlaubten und lustvollen Kontrollverlust erleben".
Überlegungen zur Sexualität stellt auch die Berliner Linguistin Barbara Merzinger in ihrer Dissertation an. Sie legt den Fokus auf den Wandel, den die Frauenbewegung eingeleitet hat. "Lautes, offenmundiges Lachen", so ihre Analyse, habe bei Frauen lange Zeit als "Entblößung einer Körperöffnung", und damit als "vulgär" und Zeichen sexueller Promiskuität" gegolten.
Humor entsteht, weil zwei Dinge zusammenkommen, die nicht zusammenpassen
Wie entsteht eigentlich Humor, der Lachen auslöst? In vielen Fällen wird das Lachen über eine sogenannte Inkongruenz stimuliert. Das bedeutet: Humor entsteht, weil zwei Dinge zusammenkommen, die eigentlich nicht zusammenpassen.
Der Diplom-Psychologe Dr. Michael Titze, Gründungsvorsitzender von Humor Care Deutschland, erläutert in einem Interview den Begriff Inkongruenz mit einem Beispiel von Woody Allen: "Was wäre, wenn alles nur eine Illusion wäre und ich nicht existierte? In diesem Fall hätte ich für meinen Teppich definitiv zu viel gezahlt!".
Der Teppich und die Frage, ob die eigene Existenz nur eine Illusion ist - eine Inkongruenz, die bei vielen Menschen Lachen oder zumindest Schmunzeln auslöst
Ältester Witz zwischen 1900 und 1600 vor Christus
Auf der Suche nach dem ältesten Witz der Welt schließlich sind britische Wissenschaftler von der Universität Wolverhampton auf einen echten Schenkelklopfer gestoßen, der irgendwann zwischen 1900 und 1600 vor Christus die Runde machte.
Heute würde dieser Witz, der respektlos das Furzen zum Thema macht, wohl eher als absoluter Rohrkrepierer abgehakt. Bei Menschen in Mesopotamien war er aber offenbar ein echter Brüller.
"Was ist seit Urzeiten noch nie geschehen? Eine junge Frau sitzt auf dem Schoß ihres Mannes und pupst nicht."
www.gsu.edurspb.royalsocietypublishing.org/content/early/2011/09/19/ rspb.2011.1373