NS-Dokumentationen

Zwischen Freiheit und Tod

Das Ende des Zweiten Weltkrieges jährt sich zum 70. Mal. Mit neuen Dokumentationen greifen gleich mehrere Fernsehanstalten die NS-Zeit nochmal auf.

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Auch die Nürnberger Prozesse werden beim Arte-Thementag am 14. April behandelt.

Auch die Nürnberger Prozesse werden beim Arte-Thementag am 14. April behandelt.

© AP Photo/War Department

BERLIN. Am 8. Mai 1945 endete offiziell der Zweite Weltkrieg. Dazu sind in den letzten Jahren unzählige Zeitzeugen befragt und Filmbeiträge gesendet worden. Es könnte der Eindruck entstehen, es sei nun mal genug.

Doch dann kommt ein neues Doku-Drama, das ein bislang unbekanntes Kapitel erzählt: "Wir, Geiseln der SS", die an diesem Dienstag, 7. April, um 20.15 Uhr auf Arte zu sehen ist. Der Zweiteiler erzählt diese unglaubliche Geschichte auch in Spielszenen und bildet den Auftakt zu einem Thementag unter dem Titel "1945. Die Befreiung".

Am 26. April 1945 startete die SS ein sehr merkwürdiges Unternehmen: 139 Sonderhäftlinge aus 17 Nationen sollten vom KZ Dachau aus über den verschneiten Brenner in die sogenannte "Alpenfestung" gebracht werden, wo sich die SS verschanzen und die Geiseln als Faustpfand in den Verhandlungen mit den West-Alliierten einsetzen wollte.

17 Gefangene dieses seltsamen Trecks greift der Film heraus: Während der sechstägigen Odyssee in einem unscheinbar aussehenden Ausflugsbus schwebten sie stets zwischen Freiheit und Tod.

"Sippenhaft" für Angehörige

Sie konnten sich allmählich gegen den zunehmend zweifelnden Obersturmführer Stiller (Gerhard Wittmann) und vor allem gegen den sadistischen Untersturmführer Ernst Bader (Uwe Bohm) durchsetzen und schließlich mit einer List unter der Führung des (wegen Befehlsverweigerung) gefangen gesetzten Oberst Bogislaw von Bonin (Tim Bergmann) entkommen.

Im kleinen Bergort Niederdorf griff dann die Wehrmacht ein, die Gefangenen wurden ins Hotel "Pragser Wildsee" einquartiert und am 4. Mai von den Amerikanern befreit.

Im Mittelpunkt des Doku-Dramas steht Fey von Hassell (Henriette Schmidt), deren Vater Ulrich als Mitverschwörer des Stauffenberg-Attentats auf Hitler 1944 hingerichtet worden war.

Sie wurde daraufhin von ihren kleinen Söhnen getrennt und kam in die sogenannte "Sippenhaft" bzw. "unter den Schutz des Reiches". In Wahrheit bedeutete dies, dass Familienmitglieder für die Taten ihrer Angehörigen zur Rechenschaft gezogen und meist in ein KZ eingeliefert wurden.

Wahnsinn des unsinnigen Plans

Zu diesen "Sippenhäftlingen" gehörten Angehörige der Hitler-Attentäter und Prominente aus Europas Adel, Klerus, Politik und Militär - darunter Persönlichkeiten wie der Hitler-Attentäter Georg Elser oder die Theologen Martin Niemöller und Dietrich Bonhoeffer.

Fey von Hassell fand ihre Kinder später wieder, Oberst von Bonin war am Aufbau der Bundeswehr beteiligt, Stiller wurde zu siebenjähriger Haft verurteilt, während Bader nie belangt wurde und in der Bundesrepublik als Polizist tätig war.

Autor Christian Frey macht den Wahnsinn dieses völlig unsinnigen Unterfangens der SS deutlich. Er zeigt neben den nachgestellten Spielszenen auch historische Zusammenhänge anhand von Landkarten und den Aussagen diverser Historiker auf - am eindrucksvollsten jedoch sind die Erinnerungen der Zeitzeugen.

Benigna Klemm, Tochter des Hitler-Attentäters Carl Friedrich Goerdeler, und ihre Cousine Jutta Tominski, Tochter von Goerdelers Bruder Fritz, waren beide 14 Jahre alt, als sie in "Sippenhaft" kamen. "Ich habe immer noch das Gekläff der Hunde und das Gebrüll der Bewacher im Ohr. Und dieses Schlurfen der Füße der Gefangenen in den Holzpantoffeln. Daran erinnere ich mich bis heute", erzählt Jutta Tominski.

Am kommenden Dienstag, 14. April (20.15 Uhr, ZDF) ist das spannende Doku-Drama der Gebrüder Beetz Filmproduktion in einer auf 45 Minuten gekürzten Fassung zu sehen.

Im Rahmen des Arte-Thementages folgt um 22.05 Uhr die Doku "1945. Nach Hause!" von Cédric Gruat, in der es um das bisher ebenfalls eher unbeleuchtete Thema französische Kriegsheimkehrer aus dem Deutschen Reich geht.

Danach werden mit "Nürnberg - Die Prozesse" zwei Beiträge von Paul Bradshaw über die NS-Größen Hermann Göring und Albert Speer gezeigt, die 1946 auf der Anklagebank saßen. Somit erhält der Zuschauer einen fast fünfstündigen fundierten Rückblick auf ein Stück Zeitgeschichte. (dpa)

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