„Extrem enttäuschend“

Ärger über Honorarabschluss: KBV-Vorstand zum Rücktritt aufgefordert

Der Abschluss der Honorarverhandlungen wird nicht als großer Erfolg gefeiert. Aus den Verbänden ist Unzufriedenheit zu hören. Auch Rücktrittsforderungen werden an den KBV-Vorstand gerichtet.

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 KBV-Vorstand Sibylle Steiner, Stephan Hofmeister und Andreas Gassen

Sie stehen in der Kritik, die berufspolitischen Ziele der Vertragsärzteschaft nicht konsequent zu verfolgen: der KBV-Vorstand Sibylle Steiner, Stephan Hofmeister und Andreas Gassen (v.l.).

© Rolf Schulten

Berlin. Die Reaktionen auf den Honorarabschluss dürften dem Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung (KBV) einen Vorgeschmack auf das geben, was am Freitag (15. September) auf der Vertreterversammlung an Kommentaren zu hören sein wird: Enttäuschung darüber, dass die KBV so scheinbar leicht ihre Zehn-Prozent-Forderung fahren ließ und sich mit nur einer Drei vor dem Komma zufrieden gab.

Das Ergebnis sei eine „Beleidigung aller Niedergelassenen“, schreibt ein Leser der Ärzte Zeitung als Kommentar. „Die gesamte Führungsriege der KBV sollte umgehend zurücktreten!“ Für einen anderen Kollegen ist der Honorarabschluss Ausdruck von „Instinktlosigkeit“. Die KBV werde in künftigen Verhandlungen niemand mehr ernst nehmen, „ist man doch bereit, angebliche existenzielle Kernforderungen über Nacht zu räumen“.

Kein Verständnis für KBV-Argumentation

Als „Offenbarungseid“ der KBV wertet ein weiterer Leser die Tatsache, dass das Honorarplus von 3,85 Prozent im Erweiterten Bewertungsausschuss einstimmig beschlossen wurde – also auch mit Zustimmung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Der „Kommentar von Herrn Gassen, dass dieses Ergebnis dem Ergebnis der Verhandlungen der Klinikärzte gleichkommt, ist entweder Ausdruck mangelnden Sachverstandes, oder einfach nur zynisch“, schreibt der Kollege.

Seine Argumentation: Eine Honorarsteigerung bei den Klinikärzten sei eine direkte Lohnerhöhung. Eine Punktwerterhöhung in der Niederlassung steigere zwar den Honorarumsatz, jedoch werden mit der Erhöhung des Orientierungswerts um 3,85 Prozent „keineswegs die Praxiskostensteigerungen durch erhöhte Mitarbeiterkosten, Software- und Hardwareinvestitionen u.a.“ aufgefangen.

Vier Landesverbände einig: KBV-Vorstand soll gehen

Rücktrittsforderungen erhoben am Donnerstag auch vier ostdeutsche Landesverbände des Hartmannbundes – und zwar „unverzüglich“. „Andernfalls fordern wir die KBV-Vertreterversammlung zur Amtsenthebung auf, da der Vorstand offenkundig keine konsequente Verfolgung der berufspolitischen Ziele der Vertragsärzteschaft gewährleisten kann“, ließen die Vorsitzenden der Landesverbände Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, Dr. Hanjo Pohle, Dr. Thomas Lipp, Bruno Jung und Dr. Jörg Müller, mitteilen.

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Sie zeigten sich „höchst irritiert und entsetzt“ darüber, dass die Entscheidung in der Schiedsstelle einstimmig fiel. Das Ergebnis weit unterhalb der von der KBV ursprünglich geforderten 10,2 Prozent sei ein „Schlag ins Gesicht aller Vertragsärzte und Psychotherapeuten“.

Hausärzteverband: Praxen zahlen weiter drauf

Unzufrieden zeigten sich am Donnerstag weitere Ärzteverbände. „Dieser Abschluss ist extrem enttäuschend und wird die ambulante Versorgung schwächen. Da gibt es nichts schönzureden“, kommentierte der Hausärztinnen- und Hausärzteverband das Ende der Honorarverhandlungen. Die beschlossene Steigerung des Orientierungspunktwertes decke die gestiegenen Kosten der Praxen „bei weitem nicht ab“. „Faktisch bedeutet das, dass die Kolleginnen und Kollegen auch in Zukunft draufzahlen. Das ist das Gegenteil eines Befreiungsschlags.“

„Mehr als unbefriedigend“, so lautete das Urteil von Virchowbund und Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) in einer gemeinsamen Pressemitteilung. „Ein Ergebnis von unter vier Prozent deckt weder die Inflation noch den Kostendruck in den Praxen durch die seit Jahren andauernde Unterfinanzierung“, erklärte Dr. Dirk Heinrich, in Personalunion Vorsitzender des Virchowbunds und des SpiFa.

Jetzt sei eine „politische Reaktion“ der KVen und KBV erforderlich. Das KV-System müsse „das Heft des Handelns in die Hand“ nehmen und in den Aktions-Modus schalten, zeigte sich Heinrich kämpferisch. Ein Eskalationsszenario müsse auf den Tisch. Das könnte laut Heinrich auch Leistungseinschränkungen in Praxen umfassen.

KV Rheinland-Pfalz: unangemessen

Kritik kam am Donnerstag auch aus der KV Westfalen-Lippe und Rheinland-Pfalz. Der Abschluss sei „unangemessen“, teilte der Vorstand der KV Rheinland-Pfalz mit. Damit würden die Kosten durch die in 2022 und 2023 stattgefunden Preissteigerungen nicht aufgefangen. Auch seien die tarifvertraglichen Gehaltssteigerungen bei den MFA und angestellten Ärzten in den Praxen nicht berücksichtigt worden.

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Am Mittwoch hat der Erweiterte Bewertungsausschuss ein Honorarplus von 3,85 Prozent beschlossen. Damit erhöht sich der Orientierungswert im EBM ab Januar auf 11,9339 Cent. Zudem sollen MFA-Tarifsteigerungen künftig schneller in den Honoraren abgebildet werden. (juk/sve)

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