Frankreich
Ärzte wollen Versorgung lahmlegen
PARIS . Im Kampf gegen die geplante Einführung des Sachleistungsprinzips rüsten Frankreichs Ärzte zum Widerstand. Ab dem 3. Oktober sollen Praxen auf unbestimmte Zeit geschlossen bleiben.
Kernforderung der Ärzteschaft: Die von Ministerin Marisol Touraine vehement verteidigte Gesundheitsreform muss gekippt werden.
Vier Ärztegewerkschaften ziehen bei dieser Aktion an einem Strang: die Fédération des médecins de France (FMF), die Union française pour une médecine libre (UFML), das Syndicat des medecins libéraux (SML) und "le Bloc", in dem Fachärzte organisiert sind.
Derzeit laufen Verhandlungen mit Vertretern der Notfallmedizin und mit Klinikärzten. Sollten diese erfolgreich sein, könnte die komplette medizinische Versorgung in Frankreich ab dem 3. Oktober vollkommen aus den Fugen geraten.
Ärzte warnen vor einer Verstaatlichung der freien Medizin, wenn das Gesetz in Kraft treten sollte. Und sie warnen vor den administrativen Folgen.
Sie befürchten einen gewaltigen bürokratischen Verwaltungsaufwand und wollen verhindern, dass Abläufe selbst organisiert werden müssen, um Geld statt wie bisher vom Patienten direkt von der Kasse zu bekommen - ohne dass dafür eine zusätzliche Vergütung vorgesehen wäre.
Ein wichtiger Kritikpunkt ist darüber hinaus die Tatsache, dass Krankenakten in Zukunft auch den Krankenkassen zur Verfügung stehen sollen - und darüber hinaus allen Leistungserbringern, die mit der Versorgung des jeweiligen Patienten beschäftigt sind. Befürchtet wird eine permanente Verletzung des Arztgeheimnisses und ein kommerzieller Datenmissbrauch.
Die Nationalversammlung hat das Gesetz in erster Lesung verabschiedet. Obwohl der Senat, die zweite Kammer des Parlaments, den Gesetzentwurf noch verabschieden muss, gilt seine Annahme als so gut wie sicher.
Denn im Fall einer Ablehnung hätte das Votum der Nationalversammlung in einer zweiten Lesung Vorrang. Ende des Jahres soll das Gesetz in Kraft treten. (fuh/ddb)