Weiterbildungsordnung
Ärztinnen fühlen sich ausgebremst
Ärztinnen stehen während der Weiterbildung vor hohen Hürden: Wegen der Familiengründung arbeiten viele Frauen in Teilzeit - und sehen sich bei der Karriere ausgebremst. Die DGHO fordert Korrekturen in der Weiterbildungsordnung.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern und Familienfreundlichkeit stehen nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) in einem klaren Missverhältnis.
"Es gibt einen deutlichen Karriereknick für Ärztinnen während der Weiterbildung", erklärt Professorin Diana Lüftner, Oberärztin der Klinik für Hämatologie und Onkologie an der der Charité in Berlin.
Ursächlich dafür sei die Anerkennung von Zeiten für die ärztliche Weiterbildung, die erst ab einem Stellenanteil von 0,5 möglich ist.
Weiterbildungszeit verringern
"Das ist nicht mehr zeitgemäß. Eine Anerkennung ab einem Anteil von 25 Prozent wäre perspektivisch förderlich", erklärt Lüftner, die auch DGHO-Vorsitzende ist.
Die Fachgesellschaft fordert gemeinsam mit anderen die Bundesärztekammer sowie die Landesärztekammern auf, die Weiterbildungsordnungen zu ändern.
Da eine Weiterbildung auf einer 0,5- oder 0,25-Stelle zwölf oder sogar 24 Jahre dauern würde, fordert die DGHO hier eine Anpassung.
Bei Erfüllung aller Inhalte und Bestätigung der notwendigen Fähigkeiten müsse die Weiterbildungszeit auf Basis einer Teilzeitbeschäftigung um bis zu 30 Prozent verringert werden können.
Für viele junge Ärzte fällt in die Zeit der Weiterbildung auch die Familiengründung.
Dabei erleben sie formale und organisatorische Hürden: So solle die Weiterbildung "grundsätzlich ganztägig" absolvierte werden, Weiterbildung in Teilzeit kann nur angerechnet werden, wenn die zuständige Kammer dies erlaubt.
"Das birgt Unsicherheiten für Ärztinnen und zeigt, dass Weiterbildung in Teilzeit formal nicht akzeptiert wird", sagt Dr. Maren Knödler vom Universitären Krebszentrum Leipzig. Sie hat gerade ihre Elternzeit beendet.
Vereinbarkeit nur durch Kompromisse möglich
"Wenn wir eine moderne und im internationalen Vergleich konkurrenzfähige medizinische Forschung und Patientenversorgung wollen, dann brauchen wir moderne Arbeitsmodelle, die sich den gewandelten Familienmodellen anpassen", erklärt Dr. Anne Lesch, Onkologin und Oberärztin an der Charité.
Laut einer DGHO-Umfrage unter 2600 Mitgliedern glauben 71 Prozent der Teilnehmer - Frauen wie Männer -, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nur mit Kompromissen zu schaffen sei. 16 Prozent der Frauen halten beides für unvereinbar.
Und für viele der weiblichen DGHO-Mitglieder heißt der Kompromiss: Kinderlosigkeit. "Für viele Frauen ist eine Führungsposition dieser Verzicht nicht wert", sagt Dr. Antonia Busse, Onkologin an der Berliner Charité.
Um diese Frauen mit Kinderwunsch in den Kliniken, in der Patientenversorgung zu halten und auch für eine Führungsposition zu gewinnen, müssen neue, flexible Arbeitsmodelle geschaffen werden, heißt es von der DGHO.
Dazu gehören flexible Zeitkonten, Kinderbetreuung auch im Krankheitsfall, Tumorkonferenzen, die weit vor 16 Uhr beginnen.
Vorreiter sind in den Abteilungen zu finden, in denen der Frauenanteil am höchsten ist: In der Gynäkologie gibt es immer öfter geteilte Stellen, zwei oder drei Medizinerinnen besetzen eine Vollzeitstelle, erklärt Professor Tanja Fehm, Direktorin an der Frauenklinik der Uni Düsseldorf. Sie ist deutschlandweit eine der sechs Ordinaria im Fach Gynäkologie.
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