Corona-Prävention
„Ampel“-Partner auf der Suche nach dem Turbo-Knopf
Boostern (auch in der Apotheke) und Impfpflicht? Politiker von SPD, Grünen und FDP erhoffen sich von Praktikern konkrete Vorschläge, wie sich das Corona-Impftempo erhöhen lässt. Auch Ärzte, MFA, Kliniken und Pflegende melden sich zu Wort.
Veröffentlicht:Berlin. Gesundheitspolitiker von SPD, Grünen und FDP suchen nach Wegen, um das Impftempo in Deutschland zu steigern. Am Freitag wollten sich die potenziellen „Ampel“-Koalitionäre dazu vor allem die Auffassung von Praktikern anhören.
Die Lage sei „ausgesprochen ernst“, sagte der Arzt und Grünen-Politiker Janosch Dahmen am Freitagvormittag vor Beginn der Veranstaltung. Dem Robert Koch-Institut sind am Donnerstag 48.640 neue Corona-Infektionen gemeldet worden, die Sieben-Tage-Inzidenz stieg damit auf 263,7. Neue Studien belegten die Wichtigkeit des Boosterns in der aktuellen Situation. „Wir entscheiden mit einer Booster-Kampagne über die Zahl der Geschützten oder aber der Toten im Januar und Februar“, sagte der Grünen-Politiker.
Sabine Dittmar, Ärztin und gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, bezeichnete die Steigerung des Impftempos als das zentrale Ziel. Noch seien rund 18 Millionen Menschen in Deutschland ungeimpft. Zugleich lasse die Immunität bei vielen vollständig Geimpften nach, sodass auch die Weitergabe von Infektionen durch bereits geimpfte Personen zunehme. Anspruchsberechtigt für die Booster-Impfung seien rund 20 Millionen Menschen.
Bislang haben aber nur etwa 3,6 Millionen Menschen eine Auffrischungsimpfung erhalten, 252.000 waren es am Donnerstag.
Dittmar: Auch Apotheker sollen boostern
Ziel des Impf-Panels der Ampel-Parteien sei es auch, gesicherte Zahlen zu erhalten, wie viele Pflegekräfte tatsächlich bereits geimpft sind, sagte Dittmar. Sie sprach sich zudem dafür aus, dass auch Apotheker Booster-Impfungen vornehmen dürfen.
In einem ersten Block wollen sich die Gesundheitspolitiker zentrale Ergebnisse aus den großen Impfbefragungen wie der COSMO-Studie präsentieren lassen, sagte Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP. Man erhoffe sich möglichst praktische Hinweise etwa dazu, warum sich bestimmte Gruppen bisher nicht impfen lassen wollen.
In weiteren digitalen Panels wollen sich die Gesundheitspolitiker mit Hausärzten oder Vertretern von Gesundheitsämtern zusammenschalten, die in der Vergangenheit erfolgreich eigene Impf-Aktionen gestartet haben. Schließlich stünden Logistik- und Rechtsfragen in Verbindung mit einer Impfkampagne auf der Agenda, erläuterte der Grünen-Politiker Dahmen. „Alles, was etwas bringt, werden wir zeitnah auf den Weg bringen“, versprach er.
Unterschiede bei den möglichen Koalitionspartner wurden bei der Frage nach einer berufsbezogenen Impfpflicht deutlich. Während sich Aschenberg-Dugnus skeptisch zeigte, erklärte der Grünen-Vertreter, aus seiner Sicht sei eine einrichtungsbezogene Impfpflicht zum Schutz von vulnerablen Gruppen geboten – also vom Reinigungspersonal bis hin zu Pflegekräften. Die „Ampel“-Partner kündigten an, zunächst die Fraktionen über die Ergebnisse des Panels zu informieren. Anschließend wolle man rasch konkrete Schritte vorschlagen.
Verbände wollen mögliche Impfpflicht unterstützen
Vertreter von Ärzteschaft, MFA, Pflegekräften sowie Kliniken begrüßten unterdessen die Stellungnahme des Ethikrats zu einer berufsspezifischen Impfpflicht. Die Ethik-Professoren hatten die Bundesregierung am Donnerstag aufgefordert, die Einführung einer berufsbezogenen Impfpflicht zum Schutz besonders vulnerabler Menschen in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen zu prüfen.
Eine „offene, transparente und abwägende Diskussion“ dieser Frage trage dazu bei, eine Entscheidung für oder gegen eine Impfpflicht gut zu begründen und Akzeptanz zu schaffen, heißt es in einer am Freitag verbreiteten Erklärung von Bundesärztekammer, Deutscher Krankenhausgesellschaft, Pflegerat, Bundespflegekammer sowie dem Verband medizinischer Fachberufe.
Sollte die Politik auf Grundlage der Stellungnahme des Ethikrats eine Impfpflicht für bestimmte Einrichtungen und Berufsgruppen einführen, werde man diesen Schritt „unterstützen“ und sich an der Umsetzung beteiligen, schreiben die Kammern und Verbände. (Mitarbeit hom)