Industrie

Arzneiforschung ohne Ethik-Votum wertlos

Die Pläne der EU, Arzneimittelforschung am Menschen ohne ethische Gutachten zuzulassen, stoßen auf Widerstand.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

BERLIN. Das Europaparlament fordert zahlreiche Änderungen am Verordnungsentwurf der EU-Kommission zur Arzneimittelforschung am Menschen. So sollen klinische Prüfungen auf jeden Fall zuvor von einer Ethikkommission genehmigt werden müssen.

Die Notwendigkeit, die Zulassungsverfahren zu harmonisieren und zu erleichtern, sehen die Europaparlamentarier gleichwohl. Sie fordern von der Kommission, die Zusammenarbeit von Ethikkommissionen aus den Mitgliedsstaaten zu ermöglichen, um Mehrfachprüfungen zu vermeiden.

Wichtig ist ihnen auch, die Rechte, die Sicherheit und das Wohl der einzelnen Probanden über alle anderen Interessen zu stellen.

Der Gesundheitsausschuss des Europaparlaments berät den Entwurf am Mittwoch, 29. Mai 2013.

Skepsis in Deutschland verbreitet

Die von der Europäischen Union geplanten Erleichterungen und Beschleunigungen bei der Arzneimittelforschung am Menschen stoßen in Deutschland überwiegend auf Kritik.

Die Pläne der Kommission bedeuteten eine Absenkung der Schutzstandards für Probanden, sagte der Göttinger Rechtswissenschaftler, Professor Andreas Spickhoff, bei der Jahrestagung des Deutschen Ethikrates am Donnerstag in Berlin.

Die Bundesärztekammer (BÄK) kommt in ihrer Stellungnahme zu dem Entwurf zu dem Schluss, dass er zentralen ethischen Prinzipien und ärztlichen Überzeugungen nicht gerecht werde. "Hier siegt der Markt über die Schutzbedürfnisse des Patienten", empörte sich BÄK-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery.

Verfahren dauern im Schnitt mehr als 150 Tage

Vertreter der Pharmaindustrie fordern, die Prüfung von Arzneimittelstudien durch Ethikkommissionen beizubehalten. "Studien ohne dieses Votum sind wertlos und für internationale Zulassungsverfahren nicht zu verwenden," sagte vfa-Forschungsgeschäftsführer Dr. Siegfried Throm am Donnerstag.

Im Entwurf einer Verordnung, die die bisherige Richtlinie aus dem Jahr 2001 ablösen soll, sind Ethikkommissionen nicht mehr vorgeschrieben. Außerdem soll das Zulassungsverfahren für klinische Arzneimittelstudie nur noch zwischen zehn und 30 Tagen dauern dürfen.

Derzeit dauern die Verfahren im Schnitt mehr als 150 Tage. Auslöser der EU-Initiative ist der Rückgang der Studien EU-weit von mehr als 5000 Studien 2007 auf 3800 Studien 2011.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Seltene Erkrankungen

IQWiG zu Orphan Drugs: Zusatznutzen nicht immer gegeben

Arzneimitteltherapie

Orphan Drugs – wirklich unbezahlbar?

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie vermeiden Sie Regresse in der Wundversorgung, Herr Sommerbrodt?

Lesetipps
Wo stehen wir bei der Entwicklung von Kontrazeptionsmethoden für den Mann? Antworten gibt der Androloge Dr. Jann-Frederik Cremers im Gespräch mit der Ärzte Zeitung.

© Andrii / stock.adobe.com

Androloge im Interview

Das Problem mit der „Pille“ für den Mann

Wie sicher ist die ePA für alle? Diese Frage stellt sich wieder, nachdem der Chaos Computer Club zahlreiche Angriffsszenarien durchgespielt hat.

© Christian Ohde / CHROMORANGE / picture alliance

Chaos Computer Club deckt Sicherheitslücken auf

Erstaunlich: So einfach gelingen Angriffe auf die ePA

Dreidimensionale Darstellung der Bronchien eines Patienten mit Chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD).

© decade3d / stock.adobe.com

Mögliche Steuerung über Eosinophile

COPD-Exazerbationen ohne Steroid behandeln?