Kommentar zur Fortpflanzungsmedizin
Aufwachen, lieber Bundestag!
Was die Leopoldina und andere Wissenschaftsorganisationen an Vorschlägen für ein Fortpflanzungsmedizin-Gesetz vorgelegt haben, darf man als Klatsche für den Gesetzgeber lesen: Die Kritik trifft vor allem das fast 30 Jahre alte Embryonenschutzgesetz: inkonsistent, Männer und Frauen ungleich behandelnd, den medizinischen Stand der Reproduktionsmedizin missachtend.
Was die Akademien in ihrer Stellungnahme „Fortpflanzungsmedizin in Deutschland – für eine zeitgemäße Gesetzgebung“ vorlegen, ist aber vor allem ein Weckruf. Seit mehreren Legislaturperioden wird eine kohärente Regelung ausgesessen. Spätestens seit 2006 hätte der Bundestag im Zuge der Föderalismusreform hinreichend Regelungskompetenz besessen – allein, es fehlte der Wille, dieses sperrige Terrain zu beackern.
Doch die gesellschaftliche Bedeutung dieses Themas ist enorm. Das „Retortenbaby“ von einst wird heute im „Kinderwunschzentrum“ behandelt – und die liegen immer häufiger im Ausland, weil der deutsche Gesetzgeber betroffenen Paaren außer Verboten und Strafen keine Angebote macht.
Ausgeblendet wird auch die sozialpolitische Schlagseite: Wer unerfüllte Kinderwünsche realisieren will, muss in Deutschland zahlungskräftig sein. Hallo, Abgeordnete, aufwachen!
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