Neuer Gesetzesvorschlag
Beatmungspatienten sollen besser versorgt werden
Die Bundesregierung will Missstände in der Versorgung von Beatmungspatienten beheben. Ein Gesetzentwurf sieht strengere Qualitätsauflagen vor.
Veröffentlicht:Berlin. Beatmungspflichtige Patienten in Deutschland sollen künftig eine deutlich bessere Versorgung erfahren. Das geht aus einem Referentenentwurf der Bundesregierung für ein sogenanntes Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz hervor, der der „Ärzte Zeitung“ vorliegt.
Darin heißt es, die Bedeutung der außerklinischen Intensivpflege habe stark zugenommen. Gleichzeitig gebe es Hinweise, die auf eine „Fehlversorgung“ hindeute. Das beträfe insbesondere die ambulante Versorgung. Potenziale zur Beatmungsentwöhnung würden zudem nicht ausreichend genutzt.
Problem: „Fehlanreize in der Leistungserbringung“
Unterschiede in der Vergütung von Leistungen der außerklinischen Intensivpflege im ambulanten Bereich einerseits und im stationären Bereich andererseits brächten zudem „Fehlanreize in der Leistungserbringung“ mit sich. Diese führten zu hohen Kosten für die Versichertengemeinschaft und beeinträchtigten die Lebensqualität der Patienten.
Laut Experten werden in Deutschland immer mehr Patienten außerhalb des Krankenhauses beatmet. Exakte Zahlen dazu liegen nicht vor. Schätzungen gehen von einer Größenordnung von rund 15 000 invasiv und einer weit größeren Anzahl nichtinvasiv beatmeter Patienten aus. Der „Trend zur Ambulantisierung“ werde noch zunehmen, da viele Patienten wegen neuer medizinischer Möglichkeiten nicht mehr im Krankenhaus versorgt werden müssten.
Kosten von 20.000 Euro pro Monat
Ziele des Entwurfs
- Bessere Versorgung künstlich beatmeter Patienten.
- Geschäfte auf Kosten der Betroffenen unterbinden.
- Strengere Vorgaben für die außerklinische Intensivpflege.
Die Krankenkassen veranschlagen die Kosten der sehr aufwändigen Betreuung eines Beatmungspatienten auf im Schnitt 20.000 Euro pro Monat. In der Vergangenheit waren sogenannte Beatmungs-WGs wegen mafiöser Strukturen in den Fokus der Medizinischen Dienste und in der Folge der Staatsanwaltschaften geraten. Dabei werden beatmungspflichtige Patienten in Privatwohnungen zusammengelegt und mehr schlecht als recht pflegerisch versorgt, oft lediglich von Angehörigen. Die Betreiber rechnen mit den Kassen jedoch so ab, als würden die betroffenen Menschen leitliniengerecht und professionell betreut. Der finanzielle Schaden für die Versichertengemeinschaft dürfte enorm sein.
Der Referentenentwurf sieht vor, dass Leistungen der außerklinischen Intensivpflege „regelhaft“ in vollstationären Pflegeeinrichtungen oder in speziellen Intensivpflege-Wohneinheiten erbracht werden. Für beide sollen strengere Qualitätsanforderungen gelten. Die Eigenanteile, die Versicherte bei Inanspruchnahme von Leistungen der außerklinischen Intensivpflege leisten müssen, sollen gesenkt werden. Nur „in Ausnahmefällen“ soll eine außerklinische Intensivpflege noch zu Hause „oder sonst an einem geeigneten Ort erbracht werden“, heißt es im Entwurf. Leistungen der außerklinischen Intensivpflege sollen zudem nur noch von Leistungserbringern erbracht werden, die besondere Anforderungen erfüllen. Dazu gehören der Abschluss von Kooperationsvereinbarungen mit ärztlichen und weiteren nichtärztlichen Leistungserbringern sowie ein regelhaftes internes Qualitätsmanagement.
Bessere Beatmungsentwöhnung anvisiert
Darüber hinaus zielt der Gesetzentwurf auf eine bessere Beatmungsentwöhnung in den Kliniken ab. Auf diese Weise soll eine Überführung von Beatmungspatienten in die außerklinische Intensivpflege „ohne vorherige Ausschöpfung von Entwöhnungspotenzialen“ vermieden werden. Krankenhäuser, die sich um eine Beatmungsentwöhnung der Patienten bemühen, sollen besser vergütet werden. Kliniken, die entsprechende Schritte vernachlässigen, obwohl ein reales Entwöhnungspotenzial besteht, müssen hingegen Abschläge hinnehmen.
Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum, erklärte, die Vermeidung dauerhaft notwendiger Beatmung sei für die Krankenhäuser im Rahmen des medizinisch möglichen ein Selbstverständnis. „Allerdings werden von Seiten der Kostenträger und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes Hürden auferlegt und Fehlanreize gesetzt, die dringend korrigiert werden müssen.“ (Mitarbeit: af)