Sterbehilfe
Beide Anträge zur Suizidassistenz fallen im Bundestag durch
Eine gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe in Deutschland ist vorerst gescheitert. Im Bundestag verfehlten zwei dafür vorgelegte Entwürfe mit Bedingungen und Voraussetzungen jeweils eine Mehrheit. Die Bundesärztekammer reagiert erleichtert.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Eine gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe in Deutschland ist vorerst gescheitert. Im Bundestag verfehlten zwei dafür vorgelegte Entwürfe mit Bedingungen und Voraussetzungen am Donnerstag jeweils eine Mehrheit. Abgelehnt wurde zunächst ein Vorschlag für eine striktere Regelung im Strafgesetzbuch. Für den Entwurf einer Gruppe um die Abgeordneten Lars Castellucci (SPD) und Ansgar Heveling (CDU) stimmten 304 Parlamentarier, mit Nein votierten 363, es gab 23 Enthaltungen. Der konkurrierende Entwurf einer Gruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) bekam dann 287 Ja-Stimmen, es gab aber 375 Nein-Stimmen und 20 Enthaltungen.
Gesellschaftliche Debatte
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Beide Vorstöße sollten Bedingungen und Voraussetzungen zu Fristen und Beratungspflichten festlegen, um eine Suizidhilfe für Volljährige zu regeln. Der Vorschlag der Gruppe Castellucci/Heveling sah dazu eine Neuregelung im Strafgesetzbuch vor. Dort soll es heißen: "Wer in der Absicht, die Selbsttötung einer anderen Person zu fördern, dieser hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." Geregelt werden sollten aber auch Ausnahmen.
Der Vorschlag der Gruppe Künast/Helling-Plahr sah eine Regelung ausdrücklich außerhalb des Strafgesetzbuches vor. Kommen sollte ein "Gesetz zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und zur Regelung der Hilfe zur Selbsttötung". Für den Vorstoß hatten sich zwei Gruppen zusammengetan. Im Entwurf heißt es: "Jeder, der aus autonom gebildetem, freiem Willen sein Leben eigenhändig beenden möchte, hat das Recht, hierbei Hilfe in Anspruch zu nehmen." Ärzte dürften Volljährigen dann Arzneimittel dafür verschreiben.
Reinhardt: Zeit für ausführliche gesellschaftliche Debatte
Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt, bezeichnete das Votum des Parlaments als „richtige Weichenstellung“. „Nun haben wir Zeit für die noch nicht ausreichend geführte gesamtgesellschaftliche Debatte“, sagte Reinhardt am Donnerstag in Berlin. Der Gesetzgeber müsse aber dann den ersten Schritt vor dem zweiten tun: „Wir brauchen zunächst einmal ein umfassendes Gesetz zur Vorbeugung von Suiziden.“
Die Deutsche Gesellschaft für Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) erklärte, es brauche nun „baldmöglichst“ einen Gesetzesentwurf, der leiste, was das Bundesverfassungsgericht vorgegeben habe: „Suizidassistenz aus freiem Willen zu ermöglichen und dabei diejenigen, deren freier Wille eingeschränkt ist, vor diesem unumkehrbaren Schritt zu schützen.“ Der Gesetzesentwurf von Castellucci et al. tue dies. Eine baldige Verabschiedung eines Gesetzes auf dieser Grundlage wäre daher zu begrüßen.
DGPPN-Präsident Professor Andreas Meyer-Lindenberg forderte in diesem Zusammenhang, bei der weiteren Suche nach einer gesetzlichen Regelung Fachleute mit Expertise für psychische Gesundheit und für den Umgang mit Menschen, die unter Suizidabsichten leiden, einzubinden.
Diakonie-Chef warnt vor Gewöhnung an Suizidassistenz
Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sagte am Donnerstag, die bisherige Debatte zur Suizidassistenz sei engagiert verlaufen, sie müsse aber weitergehen. Es handele sich um eine Gratwanderung: Menschen mit Suizidwünschen müssten „ernst genommen und angenommen werden“. Andererseits dürfe eine gesetzliche Regelung nicht zu einer Gewöhnung an den assistierten Suizid führen. „Dieser muss eine besondere Ausnahme bleiben.“
Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, rief die Bundestagsabgeordneten auf, jetzt zügig ein Suizidpräventionsgesetz auf den Weg zu bringen. (dpa/hom)