Corona-Pandemie
Bundesärztekammer will schnelle Hilfe für ÖGD
Die Milliarden-Hilfe für den ÖGD muss schnell fließen, damit die Pandemie besser bewältigt und die Arbeit attraktiver werden kann, so die Bundesärztekammer.
Veröffentlicht:Berlin. Nach der Pandemie ist vor der Pandemie und deshalb sollten dringend Lehren aus den vergangenen Monaten gezogen werden, besonders für die Arbeit des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD). Das fordert die Bundesärztekammer (BÄK). Ihre Vorstellungen, wie der Öffentliche Gesundheitsdienst gestärkt werden kann und wie vor allem die vier Milliarden Euro sinnvoll angelegt werden können, die das Konjunkturpaket für Verbesserungen im ÖGD vorsieht, hat die BÄK jetzt in einem Positionspapier beschrieben.
In vielen Punkten decken sich die Vorstellungen mit denen des Berufsverbandes der Ärzte im ÖGD, der vor einer Woche einen eigenen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt hatte. Die Bundesärztekammer fordert unter anderem:
- Die vier Milliarden Euro, die in den nächsten fünf Jahren zur Stärkung des ÖGD fließen sollen, sollten zügig bereitgestellt werden, um eine erneute Überlastung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes zu verhindern.
- Bei Einrichtung und Betrieb von stationären wie mobilen Diagnostikeinheiten während akuter Pandemiephasen seien ÖGD, Kliniken, Praxen und KVen einzubeziehen.
- In akuten epidemischen Lagen solle kurzfristige Unterstützung, bevorzugt durch medizinisch vorgebildetes Personal, sichergestellt sein.
- Ausreichende Ausstattung mit persönlicher Schutzausrüstung. Beim Aufbau der angekündigten „Nationalen Reserve Gesundheitsschutz“ müsse der ÖGD in vollem Umfang berücksichtigt werden.
- Beschleunigte Meldeverfahren: Deutliche Verbesserungen der digitalen Ausstattung durch eine zügige Umsetzung von DEMIS (Deutsches Elektronisches Melde- und Informationssystem) sowie die flächendeckende Anbindung an dieses System.
Nachwuchssorgen
Die größte Herausforderung sieht die BÄK allerdings darin, mehr Ärzte für die Arbeit im Öffentlichen Gesundheitsdienst zu gewinnen. Dabei sei genau das dringend erforderlich. Denn in den nächsten zehn bis 15 Jahren werden laut BÄK etwa drei von vier im ÖGD beschäftigte Ärzte in den Ruhestand gehen. Derzeit seien bundesweit nur noch 400 Fachärzte im ÖGD beschäftigt. Durch die Zunahme an Teilzeitsellen reduziere sich die zur Verfügung stehende Arbeitszeit zusätzlich. Da eine bundesweite Statistik fehle, könne die Anzahl an unbesetzten Stellen in den Gesundheitsämtern sowie der Nachwuchsbedarf jedoch nur geschätzt werden. Deshalb sei der Aufbau einer bundesweiten, öffentlich zugänglichen Statistik dringend geboten.
Attraktiver für junge Ärzte werden
Damit sich mehr junge Ärzte für eine Tätigkeit im ÖGD interessieren regt die BÄK ebenso wie der Berufsverband der Ärzte im ÖGD an:
- die Themen öffentliches Gesundheitswesen/Public Health stärker in das Medizinstudium zu integrieren,
- die Approbationsordnung so zu ändern, dass Famulatur und Praktisches Jahr auch im ÖGD absolviert werden können,
- den Einsatz von Medizinstudenten auch jenseits von Pandemiezeiten zu ermöglichen und
- Ärzte in Weiterbildung durch regionale Zusammenschlüsse von Kliniken und niedergelassenen Fachärzten zu Weiterbildungsverbünden stärker zu unterstützen.
- Zudem fordert auch die BÄK einen eigenen Tarifvertrag für Ärzte im ÖGD. Bislang verdienten diese häufig bis zu 1500 Euro weniger im Monat als ihre Kollegen in den Krankenhäusern. Zwar werde schon seit Jahren versucht, über die Zahlung von Zulagen einen Ausgleich zu schaffen. Dies führe jedoch zu Ungleichbehandlung und schaffe keine Tarifsicherheit für Ärzte.
- „Um den Bereich Öffentlicher Gesundheitsdienst attraktiv zu gestalten, müssen Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern tariflich bezahlten ärztlichen Kolleginnen und Kollegen gleichgestellt werden. Es gibt keine Ärztinnen und Ärzte zweiter Klasse“, heißt es in dem Positionspapier.Die BÄK regt auch ein Gutachten des Sachverständigenrats an. Darin solle die Erweiterung des Aufgabenspektrums des ÖGD seit den 1990er Jahren sowie mögliche Unterschiede zwischen den Bundesländern analysiert werden. In einem solchen Gutachten sollten auch die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie ausgewertet und Best-practice-Ansätze beschrieben werden, fordert die BÄK. (chb)