Pflegeberufe-Reform

Bundesrat bremst und nickt

Die Länderkammer will die neue Ausbildung erst 2019 starten lassen, begrüßt die Reform aber in ihrem Kern.

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BERLIN/KÖLN. Der Bundesrat hat am Freitag die Reform der Pflegeberufe im Kern begrüßt, drängt die Bundesregierung aber, die neue Ausbildung erst Anfang 2019 - und damit ein Jahr später als geplant -  starten zu lassen.

Mit dem Gesetz soll eine einheitliche Ausbildung zum "Pflegefachmann" oder "Pflegefachfrau" geschaffen werden, die Unterscheidung nach (Kinder-) Krankenpflege und Altenpflege entfiele dann. Mit der generalistischen Ausbildung werde ein neuer, attraktiver Beruf erzeugt, der einen "Sog" auf Auszubildende ausüben werde, zeigte sich Niedersachsens Gesundheitsministerin Cornelia Rundt (SPD) überzeugt.

Keine Ausreden mehr für niedrigere Gehälter

Das Gesetz werde eine höhere "Durchlässigkeit" der bisher getrennten Berufe schaffen, die vor allem eine Chance für die Altenpflege sei. Denn dort liegen bisher die Gehälter um 17 Prozent unter denen etwa in der Krankenpflege. Bei einer generalistischen Ausbildung gebe es für Arbeitgeber "keine Ausreden" mehr, gleiche Gehälter zu zahlen.

Da die Versorgung und die Versorgungsbedarfe komplexer würden, seien "breit aufgestellte und flexibel einzusetzende Fachkräfte" nötig, sagte Caren Marks (SPD), Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium. Zudem würden mit den geplanten Regeln für das Pflegestudium "neue Zielgruppen angesprochen, die wir dringend brauchen".

Warnung aus NRW verpufft

Gesundheitsministerin Rundt betonte, sie habe keine Zweifel, dass der Bund über die nötige Gesetzgebungskompetenz verfüge und positionierte sich damit gegen Nordrhein-Westfalen. Denn NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) hatte im Bundesrat gewarnt, der Bund werde "sehenden Auges scheitern", wenn die Reform gegen alle Warnungen in der geplanten Form durchgezogen werde.

Steffens bezog sich damit auf das von ihr in Auftrag gegebene Rechtsgutachten "Zur Verfassungsgemäßheit des Pflegeberufsgesetzes" der Rechtsanwälte Dr. Hendrik Schilder und Dr. Johannes Grüner von der Kanzlei Kapellmann und Partner in Düsseldorf.

Sie halten den Entwurf in wesentlichen Teilen für verfassungswidrig, weil dem Bund für manche Regelungen die Gesetzgebungskompetenz fehle.

Für problematisch halten sie das vorgesehene Finanzierungsmodell für die generalistische Ausbildung. Die Ausbildung soll, anders als bisher, für die Azubis kostenlos sein.

Entscheidung der Länderkammer bis Sommer

Die Finanzierung über Landesfonds anstelle über einen einheitlichen Bundesfonds "lässt erwarten, dass es zu einer unterschiedlichen organisatorischen und finanziellen Ausstattung der einzelnen Fonds kommen wird", so die Gutachter. Eine Folge könnte eine unterschiedliche wirtschaftliche Belastung der Pflegebedürftigen je nach Bundesland sein.

Eine Zwangsumlage auch für Unternehmen, die nicht ausbilden, müsse strengen Standards genügen, warnte Steffens. Die Mehrheit der Länder teilte die Bedenken von NRW nicht, der NRW-Antrag, der eine verfassungsrechtliche Prüfung des Gesetzes vorsah, wurde nicht angenommen. Mitte März wird nun der Bundestag erstmals das Gesetz beraten.

Noch vor der Sommerpause soll die Länderkammer dann abschließend über das Gesetz abstimmen. Die Gutachter für die NRW-Landesregierung hatten indes auch vor den rechtlichen Konsequenzen einer Ungleichbehandlung durch unterschiedlich hohe Umlagen gewarnt.

 "Eine sachliche Rechtfertigung, bei einer bundeseinheitlichen Ausbildung auf Basis einer bundesgesetzlichen Regelung bei der Ermittlung der Umlage doch wieder nach Bundesländern zu differenzieren, ist nicht erkennbar."Ministerin Steffens betont, dass sie eine Reform der Pflegeausbildung grundsätzlich für sinnvoll hält. Aber: "Ein Gesetz mit so vielen gravierenden Fehlern und so hohen Risiken wäre ein schwerer Rückschlag für die Pflege in Deutschland." (fst/iss)

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Kommentare
Kurt-Michael Walter 02.03.201613:32 Uhr

Der Bundesrat begrüßt eine einheitliche Ausbildung zur/zum Pflegefachfrau/-mann.


Das Ziel, eine Reform der Pflegeberufsausbildung, wurde im Bundesrat begrüßt. Wegen der vielen gravierenden Fehler in der Systemgestaltung und der hohen Systemrisiken drängt der Bundesrat die Bundesregierung das Pflegeausbildungsgesetz erst im Jahr 2019 starten zu lassen, damit notwendige Korrekturen ohne Zeitdruck umsetzbar sind.

Eine vernünftige Überlegung angesichts der Systemfehler die das neue Pflege-Berufsausbildungsgesetz enthält.

Für die Gegner des vorgelegten Gesetzesentwurfes steht fest, dass diverse gravierende Systemfehler im "kritischen Weg", bei der Systemgestaltung des neuen Pflegeausbildungsgesetzes gemacht wurden, die später nicht mehr korrigierbar seien.

Eine Nutzwertanalyse, eine Kosten-Wirksamkeitsanalyse und Kosten- Risikoabschätzung ist wegen der fehlenden und teils nicht determinierbaren Systemdaten, im vorliegenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung, nicht durchführbar.

Fazit: Das zur Zeit heftig debattierte Pflegeausbildungssystem(Gesetz), das nachweisbar einer kritischen Würdigung und Plausibilitätsprüfung nicht Stand hält, ist ein nicht abschätzbares Risiko für die Pflege in Deutschland.









Kurt-Michael Walter 29.02.201614:59 Uhr

Bundesrat – Reform im Kern richtig aber unter Vorbehalt der Machbarkeit.


Der Kern der Reform, die einheitliche Ausbildung zum Pflegefachmann/-frau, ist der richtige Weg aber das „WIE“ ist im Bundesrat strittig.
Die „Krankenschwester und der Krankenpfleger“ in der Kinder-, Erwachsenen,- und Altenpflege sollen zukünftig nach dem neuen Gesetz nicht mehr getrennt ausgebildet werden.

Der Deutsche Pflegerat e. V. (ein Dachverband der Befürworter der Generalistik in der Pflegeausbildung) erhofft sich mit der Reform, dass damit ihre teils unterschiedlichen und verdeckten Ziele erreichbar sind. Dazu siehe Fazit ...

Die SPD dagegen hat unter anderem das Ziel mit der generalistischen Pflegeberufsbildung zum Pflegefachmann/-frau einen attraktiven Beruf gestaltet zu haben, der „Sogwirkung“ auf zukünftige Auszubildende haben werde. Das neue Gesetz sorge, so meinen die SPD-Gesundheitspolitiker, für eine höhere Durchlässigkeit gegenüber der bisher getrennten Ausbildungsberufe. Die Altenpflege werde dadurch aufgewertet und die Gehälter würden in der Altenpflege um 17 Prozent, gegenüber den bisherigen getrennten Pflegeberufen, angehoben und damit seien die Versorgungsbedarfe in der Altenpflege besser zu decken. Auch glaubt die SPD dadurch neue Zielgruppen mit den geplanten Regel für das „Pflegestudium“ ansprechen zu können.

Fazit: Die SPD-Gesundheitspolitik ist getrieben von den verdeckten Zielen der „Generalistik-Befürworter“. In maßgeblicher Funktion ist hier der Deutsche Pflegerat e. V., der als Dachverband wichtige Lobbyisten Aufgaben für Pflegeinstitutionen und -verbände wahrnimmt.

Unter anderem versucht der „Deutsche Pflegerat e.V.“ mit massiver Lobbyarbeit die Gründung von öffentlich-rechtlichen „Landes-Pflegekammern“ voran zu treiben damit dann z. B. die Landesfonds – siehe Finanzierung in der Pflegeausbildung - Sinnvoll unter „Selbstverwaltung“ der Landes-Pflegekammer zu verorten wären.

Eine „Goldader“ für Pflegeverbände und deren Dachverband, dem Deutschen Pflegerat e. V., dessen Vertreter dann in jeder der 16 Landes-Pflegekammern im Vorstand sitzen würden um damit das wichtigste Ziel, die Gründung einer öffentlich rechtlichen „Deutschen Pflegekammer“, erreichen zu können.

Mit dem Slogan „Generalistik jetzt!“ versucht der Lobbyisten Verbund, unter Federführung des „Deutsche Pflegerat e. V.“, Druck auf die Gesundheitspolitiker sowohl auf Bundes- und Landesebene aller Parteien aus zu üben, denn ein Scheitern der Projekte, „generalistische Pflegeberufsausbildung“ und „Pflegekammer“, würde zu erheblichen Zerwürfnissen innerhalb der Verbandsinstitutionen und deren Vorstände führen.

Politiker-Zitat: „Man hat den Eindruck, dass es mehr Pflege-Lobbyisten (Verbände u. Institutionen) als Pfleger und Pflegerinnen gibt“ und dieser angestrebte „Bürokratieapparat“ zum Selbstzweck für Lobbyisten, Verbände und Gesundheitspolitiker wird, die Betroffenen aber die Pfleger und Pflegerinnen immer weiter aus deren Fokus gerückt sind.

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