Einrichtungsbezogene Impfpflicht
GMK: „Unverzügliche Vorlage“ binnen zwei Wochen
Corona-Impfpflicht in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen bis zum 15. März ist eigentlich schon lange beschlossen. Die Gesundheitsministerkonferenz plant nun für die Umsetzung eine Zugabe.
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Beschlossen ist sie, aber wie soll sie genau umgesetzt werden? Die Teil-Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen bleibt Gegenstand von Diskussionen.
© Robert Michael/picture alliance
Berlin. Die Bundesregierung kämpft um die einrichtungsbezogene Impfpflicht ab 15. März. Die Länder scheinen dagegen eher Zeit für eine möglichst friktionsfreie Umsetzung gewinnen zu wollen.
Die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) kündigte für die Umsetzung in Sachsen-Anhalt ein „gestuftes Verfahren“ an, das am 16. März beginnen solle. „Das werden auch alle anderen Länder so machen“, sagte die Gesundheitspolitikerin im Anschluss an eine Videoschalte der Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Montagabend.
Es herrsche „große Einigkeit“ unter den Ländern, dass die „unverzügliche Vorlage“ der Impf- und Genesenennachweise von Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegewesen binnen zwei Wochen erwartet werde.
Übergang mit vielen Ausnahmeregeln
Allerdings treibt die Gesundheitsministerinnen und -minister wie die Öffentlichkeit eine mögliche Gefährdung der Versorgung durch das Aussprechen zahlreicher Betretungs- und Beschäftigungsverbote binnen kurzer Zeit um. Spielräume sollen nun so gewonnen werden, dass das Personal einrichtungsbezogen nach eher patientennahen und patientenfernen Tätigkeiten eingeteilt werden können soll.
Beim Ermessen, inwieweit Personal ohne Nachweis weiter beschäftigt werden könne, soll laut Grimm-Benne wohl auch berücksichtigt werden, ob jemand bereits einmal geimpft worden sei. Dann solle er die weiteren Impftermine wahrnehmen können, ohne Sanktionen fürchten zu müssen.
Gleiches gelte für das Impfschema des proteinbasierten impfstoff Nuvaoxid® von Novavax. Dafür sollen die Einrichtungen zudem Wartelisten auslegen. Zudem soll es in Einzelfällen gestattet werden können, ungeimpfte Mitarbeiter zum Beispiel mit Vollschutz weiter einsetzen zu können. Grundsätzlich sollen „ordentliche Anhörungsverfahren“ ungeimpfter Mitarbeiter stattfinden. Irgendwann müssten dann aber auch Betretungsverbote ausgesprochen werden, kündigte Grimm-Benne an.
GMK begrüßt Lauterbachs Leitfaden
Am Wochenende hat die Bundesregierung bereits die „Handreichung zur Impfprävention in Bezug auf einrichtungsbezogene Tätigkeiten“ aktualisiert und den Ländern zur Verfügung gestellt.
Darin heißt es: „Ein verlässlicher Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 durch eine sehr hohe Impfquote bei dem Personal in den Gesundheitsberufen und Berufen, die Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen betreuen, ist besonders wichtig, denn so wird das Risiko gesenkt, dass sich die besonders gefährdeten Personengruppen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizieren“.
Die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz Petra Grimm-Benne (SPD) bezeichnete die „Handreichung“ im Anschluss an die Sitzung der Gesundheitsministerkonferenz am Montagabend als „solide Grundlage für den Vollzug“ der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Gesundheitsminister Karl Lauterbach(SPD) habe zudem zugesichert, dass die „Handreichung“ weiter aktualisiert werden solle.
Religiöse Gründe schaffen keine Ausnahme
Angesprochen sind damit ausweislich der Handreichung auch alle ehrenamtlich Tätigen, Studentinnen und Studenten sowie Praktikanten in Gesundheits- und Pflegeieinrichtungen. Auch Hausmeister, Fahrer, Küchen- und Reinigungskräfte unterliegen der Impfpflicht.
Betroffen sein kann auch der Friseur, der zum Haareschneiden kommt, nicht aber der Paketbote oder Notdienste von Handwerkern. Selbstständige, Therapeuten zum Beispiel, müssen im Falle einer Kontrolle nachweisen können, dass sie zum 15. März geimpft waren. Hier können die Länder auch bestimmen, die Nachweise einer Behörde vorzulegen.
Eine Befreiung von der Impfpflicht aus religiösen Gründen soll es nicht geben. Ärztliche Zeugnisse aufgrund medizinischer Kontraindikationen sollen „wenigstens solche Angaben zur Art der medizinischen Kontraindikation enthalten, die das Gesundheitsamt in die Lage versetzen, das ärztliche Zeugnis auf Plausibilität hin zu überprüfen“.
Die Handreichung war erstmals am 14. Dezember 2021 aufgelegt und am 28. Dezember aktualisiert worden. Läuft ein Genesenenstatus in der Folge des 16. März aus, müssen die Betroffenen binnen eines Monats einen neuen Nachweis vorlegen.
Praktisch alle aktiven Ärzte sind erfasst
Die Bundesregierung hat noch einmal präzisiert, in welchen medizinischen Einrichtungen der Gesundheitsversorgung die Impfpflicht gelten soll. Diese sind: Arztpraxen, Zahnarztpraxen und Betriebsärzte, SAPV, Hospizdienste, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Praxen humanmedizinischer Heilberufe, Impfzentren und Testzentren, Rettungsdienste, Öffentlicher Gesundheitsdienst mit Patientenkontakt, Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Dialysezentren, Tageskliniken, Entbindungseinrichtungen, Blutspendezentren, Sozialpädiatrische Zentren nach Paragraf 119 SGB V, Medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen, Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, Medizinische Dienste.
Nicht betroffen sind nach dieser Aufstellung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Apotheken und Medizinischen Laboren. In der Pflege soll die Impfpflicht für voll- und teilstationäre Einrichtungen gelten, in der Eingliederungshilfe für Wohnformen für Menschen mit Behinderungen und Werkstätten für behinderte Menschen.
Gleiches gilt für voll- und teilstationäre Einrichtungen für Kinder mit Behinderungen körperlicher und seelischer Art. Auch ambulante Pflegedienste werden weitgehend von der Impfpflicht erfasst. (af)