Organspende
Bundestag lehnt Widerspruchslösung ab
Der Bundestag hat beim Thema Organspende ein deutliches Signal ausgesandt: Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte für eine Entscheidungslösung. Gesundheitsminister Spahn fiel mit seiner angestrebten Widerspruchslösung durch.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Organspenden bleiben in Deutschland weiterhin nur mit ausdrücklicher Zustimmung erlaubt.
Der Bundestag lehnte am Donnerstag einen Vorstoß einer Abgeordnetengruppe um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Professor Karl Lauterbach (SPD) ab, dieses Prinzip umzukehren. Sie hatte eine „doppelte Widerspruchslösung“ vorgeschlagen, wonach künftig jeder als Spender gelten sollte - außer man widerspricht.
Der Gesetzentwurf fand aber keine Mehrheit. In namentlicher Abstimmung votierten 379 Abgeordnete dagegen, 292 Parlamentarier unterstützten ihn, drei enthielten sich.
Ich bin dankbar für die gute Debatte zur #Organspende und den respektvollen Umgang miteinander. Auch wenn ich davon überzeugt bin, dass wir mit der #Widerspruchslösung mehr hätten erreichen können, akzeptiere ich natürlich die Entscheidung des Bundestages. 1/3
— Jens Spahn (@jensspahn) January 16, 2020
Die Entscheidungslösung wurde in dritter Lesung angenommen. 432 Abgeordnete stimmten für den fraktionsübergreifenden Entwurf einer Entscheidungslösung, 200 Abgeordnete votierten dagegen. 37 enthielten sich.
An dem Antrag waren Abgeordnete aller Fraktionen außer der AfD beteiligt. Federführend haben diesen Entwurf die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock, Karin Maag (CDU), Hilde Mattheis (SPD), Katja Kipping (Linke) und Otto Fricke (FDP) vertreten.
Spahn gratuliert Annalena Baerbock
Die wichtigste Reaktion auf den Bundestagsbeschluss kam vom in der Abstimmung unterlegenen Gesundheitsminister. Erst bahnte sich Jens Spahn im Reichstag einen Weg zu Annalena Barbock und gratulierte. Die Grünen-Vorsitzende hatte dem erfolgreichen fraktionsübergreifenden „Gesetzentwurf zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende ein Gesicht gegeben.
Dann twitterte der Minister, dass er nun den beschlossenen Gesetzentwurf mit „voller Tatkraft“ umsetzen wolle.
Uns alle eint das Ziel, die Zahl der Organspenden zu erhöhen. Deswegen werde ich als Bundesgesundheitsminister alles dafür tun, dass die vom Deutschen Bundestag beschlossene Entscheidungslösung ein Erfolg wird. 3/3
— Jens Spahn (@jensspahn) January 16, 2020
Im Ziel herrscht Einigkeit
Im Ziel einig, im Weg sehr unterschiedlich waren die Entwürfe in den Bundestag eingebracht worden. Folgende Regelungen sollen nun auf den Weg gebracht werden:
- Wer ab einem Alter von 16 Jahren einen Personalausweis beantragt, ihn verlängert oder sich einen Pass besorgt, soll auf dem Amt auf die Organspende angesprochen werden und Informationsmaterial bekommen.
- Schon beim Abholen eines Ausweispapiers sollen sich die Menschen vor Ort in ein neues Online-Register eintragen können – mit Ja oder Nein. Das soll aber auch zu Hause in Ruhe erfolgen können. Im Online-Register sollen Entscheidungen jederzeit zu ändern sein.
- Für eine regelmäßige fachliche Aufklärung sollen Hausärzte eine größere Rolle spielen. Sie sollen Patienten bei Bedarf alle zwei Jahre über Organspenden informieren und zum Eintragen ins Register ermuntern – dies aber ergebnisoffen und mit dem Hinweis, dass es weiterhin keine Pflicht zu einer solchen Erklärung gibt.
- Grundwissen über Organspenden soll künftig auch Teil der Erste-Hilfe-Kurse vor einer Führerscheinprüfung werden.
9000 Menschen auf der Warteliste
Das große Ziel ist es, angesichts von rund 9000 Patienten auf den Wartelisten zu mehr Organsspenden zu kommen. Die Zahl der Spender ging im vergangenen Jahr wieder leicht auf 932 zurück, nachdem 2018 noch 955 Menschen nach ihrem Tod Organe für andere Patienten überlassen hatten. Es gab nun aber weiterhin mehr Spender als beim bisherigen Tiefstand von 797 im Jahr 2017 (siehe nachfolgende Grafik).
Im vergangenen Jahr wurden 2995 Organe an die Vermittlungsstelle Eurotransplant übergeben - vor allem Nieren, Lebern und Lungen.
Bessere Bedingungen für Organspenden in Kliniken
Unabhängig von der Debatte über neue Regeln gilt seit vergangenem Jahr ein Gesetz, das die Bedingungen für Organspenden in Kliniken verbessern soll. Es sieht mehr Geld sowie mehr Kompetenzen und Freiräume für Transplantationsbeauftragte der Kliniken vor. Mobile Ärzteteams sollen kleineren Häusern ohne eigene Experten helfen, einen Hirntod als Voraussetzung für Organ-Entnahmen festzustellen.
Die Bundestagsabgeordneten hatten vor der Abstimmung ausführlich über die beiden Entwürfe diskutiert. Wir zeichnen die Debatte nach. (dpa/af/hom/ths)
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