Interview
Corona und Reha: „Interdisziplinarität zahlt sich aus“
Wie gut ist die Rehabilitation auf die Behandlung von Corona-Patienten vorbereitet? Fragen an Dr. Susanne Weinbrenner, Leitende Ärztin und Leiterin des Geschäftsbereichs Prävention, Reha und Sozialmedizin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund.
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Bei SARS-CoV-2-Patienten werden Therapien aus der somatischen, der psychosomatischen oder psychotherapeutischen Medizin und auch Angebote aus Bewegungs- oder Atemtherapie eingesetzt (Symbolbild mit Fotomodellen).
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Ärzte Zeitung: Wie viele Patienten haben nach einer Corona-Infektion eine Rehabilitation bereits in Anspruch genommen?
Dr. Susanne Weinbrenner: Es gibt je nach Schwere der Erkrankung unterschiedliche Zugänge in die Rehabilitation: Schwer Betroffene mit neurologischen Symptomen werden direkt aus der Akutklinik in eine neurologische Rehabilitation aufgenommen.

Dr. Susanne Weinbrenner
© privat
Für hospitalisierte Patientinnen und Patienten mit weniger schweren Verläufen kommt eine Anschlussrehabilitation (AHB) in Frage. Jene, die einen leichten Verlauf hatten und verzögert Symptome – wie etwa Fatigue oder Ängste – entwickeln, können eine Rehabilitation beantragen. In 2020 wurden insgesamt rund 1350 Rehabilitationen im Zusammenhang mit COVID-19 durchgeführt. Der Anteil der AHBs lag mit rund 600 bei knapp 45 Prozent. Wir gehen davon aus, dass sich die Inanspruchnahme 2021 deutlich erhöhen wird.
Corona kann ganz unterschiedliche Beschwerden auslösen. Vieles ist noch unerforscht. Was kann die Reha leisten?
Jetzt zahlt es sich aus, dass in der Rehabilitation immer schon interprofessionell und interdisziplinär zusammengearbeitet wurde. Ärzte, Therapeuten und die weiteren Behandler orientieren sich am biopsychosozialen Modell. Das heißt, es geht um den ganzen Menschen mitsamt seinem beruflichen und sozialen Umfeld.
Dr. Susanne Weinbrenner
- Leitende Ärztin und Leiterin des Geschäftsbereichs Prävention, Rehabilitation und Sozialmedizin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund.
In der Rehabilitation konzentrieren wir uns auf die Funktionseinschränkungen und Teilhabestörungen. Der Reha-Plan ist vor diesem Hintergrund ein Mix aus unterschiedlichen Modulen. Darunter sind Therapien aus der somatischen, der psychosomatischen oder psychotherapeutischen Medizin und auch Angebote aus Bewegungs- oder Atemtherapie.
Das klassische Angebot an medizinischen Rehabilitations-Leistungen reicht aus?
Unsere ersten Erfahrungen zeigen, dass die Reha den Corona-Patienten mit ihren unterschiedlichen Beschwerden gut weiterhelfen kann. Für das Antragsverfahren klären die behandelnden Haus- oder Fachärzte, welches Symptom das zentrale ist. Danach werden die Patienten in eine spezielle Reha-Fachklinik eingewiesen – bei den COVID-19-Patienten waren dies vor allem Lungenfachkliniken. Dort wird der Reha-Plan bei Bedarf ergänzt, um auch die Komorbiditäten zu behandeln.
Natürlich wollen wir herausfinden, ob und was wir bei der Rehabilitation besser machen können. Eine Studie wird sich daher mit den Langzeitfolgen von Corona-Patienten befassen. Die Studienleiterinnen sind Professor Ruth Deck von der Universität Lübeck und Dr. Jördis Frommhold von der Median-Klinik Heiligendamm.
In einer anderen Studie wird es um Fatigue und kognitive Einschränkungen der Corona-Patienten gehen.