Krankenhaus-Report

Darmkrebs seltener in Kliniken

Weniger Ops, weniger Fälle: Darmkrebs muss immer seltener im Krankenhaus behandelt werden. Doch Grund zur Entwarnung gibt es nicht: Darmkrebs, der stationär behandelt wird, ist noch immer eine in vielen Fällen tödliche Erkrankung.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Koloskopie: Die Zahl der Darmkrebsfälle in Deutschlands Kliniken ist gesunken.

Koloskopie: Die Zahl der Darmkrebsfälle in Deutschlands Kliniken ist gesunken.

© Patrick Pleul / dpa

BERLIN. Jährlich erkranken in Deutschland etwa 69.000 Menschen neu an Darmkrebs. Damit gehört diese Krebserkrankung bundesweit immer noch zu den häufigsten.

Gleichzeitig müssen aber immer weniger Menschen wegen einer Darmkrebserkrankung im Krankenhaus behandelt werden - zudem werden sie auch seltener operiert. Das geht aus dem Report Krankenhaus 2013 der Barmer GEK hervor, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

Demnach sank zwischen 2005 (11,71 Personen je 10.000 Versicherte) und 2012 (9,28 Betroffene je 10.000) die Zahl der Betroffenen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, um 21 Prozent, auch die Zahlen der Chemotherapien und Bestrahlungen gehen zurück.

Offenbar würden die Therapien zunehmend von niedergelassenen Fachärzten angewendet, sagte Barmer-GEK-Vize Rolf-Ulrich Schlenker.Und weiter: "Diese erfreuliche Entwicklung lässt den Rückschluss zu, dass mithilfe gezielter Vorsorgemaßnahmen Darmkrebs heute so früh erkannt wird, dass er seltener im Krankenhaus behandelt werden muss."

Professor Eva Maria Bitzer vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitssystemforschung (ISEG) und Mitautorin der Studie, betonte, dass es zudem Veränderungen in der Darmkrebsbehandlung gebe.

Hohe Sterblichkeitsrate

So hätten schonendere laparoskopische Operationstechniken in den letzten sieben Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Ihr Anteil sei von fünf auf 15 Prozent gestiegen, so Bitzer.

Auch die Fallkosten seien angestiegen: "Die Kosten je Betroffenem für die Behandlung von Darmkrebs im Krankenhaus sind zwischen 2005 und 2012 um 21 Prozent gestiegen, von durchschnittlich 9316 auf 11.314 Euro", so die Studienautorin.

Mehr Vorsorge, weniger KrankenhausfälleDie Anzahl der vollstationären Behandlungsfälle mit Bestrahlung pro 10.000 Versicherte hat laut Studie um 42 Prozent abgenommen (von 1,32 auf 0,75) (siehe Grafik).

Die Abnahme spiegle den allgemeinen Rückgang der Krankenhausfälle aufgrund von Darmkrebs wider, so Bitzer. Darüber hinaus belege diese Zahl auch den Verlagerungseffekt aus der Behandlung in der Klinik in die Praxis der Niedergelassenen.

Allerdings hat der Darmkrebs, der im Krankenhaus behandelt werden muss, immer noch eine hohe Sterblichkeitsrate: Laut Studie sind ein Jahr nach der Erstbehandlung etwa 20 Prozent der Erkrankten verstorben, fünf Jahre nach der Entlassung aus dem Krankenhaus lebte noch etwas mehr als die Hälfte der Betroffenen (54,9 Prozent).

Im Auftrag der Barmer GEK wurde zudem eine Befragung unter 800 Darmkrebs-Patienten durchgeführt, die 2012 in einer Klinik behandelt worden sind. Ein Drittel der Betroffenen berichtet dabei von Komplikationen im Zusammenhang mit der Krebsbehandlung.

Am häufigsten werden Wundheilungsstörungen (15,4 Prozent) und Darmverschlüsse (4,1 Prozent) genannt. Patienten erleben zudem häufig Scham und soziale Einschränkungen.Barmer-Vize Schlenker betonte, man wolle die Impulse durch das Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz vom Frühjahr 2013 nutzen, um die Aufklärung über Darmkrebs weiter auszubauen.

Grüne: Screening kein Wettbewerbsfeld für Kassen!

"Eigentlich ist ab 2017 geplant, routinemäßig zu Vorsorgeuntersuchungen einzuladen. Die Barmer GEK wird dies voraussichtlich früher tun, ein entsprechendes individualisiertes Einladungsverfahren wollen wir in Bayern erproben", so Schlenker.

Seit Juni 2013 schreibt bereits die TK ihre Versicherten in Bayern im Alter von 50 bis 55 Jahren an, informiert über Möglichkeiten zur Darmkrebsfrüherkennung und lädt zu einem persönlichen Beratungsgespräch beim Arzt ein.

Auch die DAK ist vorgeprescht: Seit Mai werden alle bayerischen DAK-Versicherten bei Vollendung des 50. beziehungsweise 55. Lebensjahres angeschrieben und über die Möglichkeiten und den Anspruch auf das Darmkrebsscreening informiert.

Die Grünen im Bundestag hatten erst kürzlich diese Vorstöße der Kassen gerügt. Es habe gute Gründe gehabt, dass der Gesetzgeber im Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz zuerst den Bundesausschuss beauftragt hat, Einzelheiten des Screenings zu regeln, betonte Grünen-Politikerin Birgitt Bender.

Dafür hat der Gemeinsame Bundesausschuss bis Ende April 2016 Zeit, 2017 kann die organisierte Krebsfrüherkennung dann beginnen. Screenings seien weder ein geeignetes Wettbewerbsfeld der Kassen, "noch eignen sie sich für Experimente an den Versicherten", so Bender.

Das Bundesgesundheitsministerium hatte auf Anfrage der Grünen hingegen begrüßt, dass Kassen eigene Screening-Programme zur Darmkrebsfrüherkennung auflegen.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Gut gemeint ist nicht gleich gut

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Kommentare
Dr. Karlheinz Bayer 24.07.201307:39 Uhr

Hier spiegelt sich, was "Früh"-Erkennung heißt, aber sonst?


Ich weiß, daß dieser Kommentar zu dem Artikel vielen von uns nicht gefallen wird. TRotzdem.

Möglicherweise spiegelt sich in der hier vorgestellten GEK-Studie nur die Dreiteilung der Darmkrebspatienten wider. Es gibt die noch Unerkannten Fälle, die frühen und die späten Fälle.

Es wird wohl keiner von uns davon ausgehen, daß die Häufigkeit des Darmkrebses selbst durch das Screenen zurückgegabngen ist.

Jetzt werden die frühen Stadien vermehrt ambulant behandelt. Ist es da verwunderlich, daß die stationär behandelten Fälle abnehmen? Ist es weiter verwunderlich, daß die im Krankenhaus verbliebenen häufiger als bisher nicht mehr therapierbar sind? Wen wundert es, daß die Zahl der Coloskopien sich verdreifacht hat und die Kosten soger noch stärker angestiegen sind?

Momentan erleben wir, daß die frühe Erkennung zur Entdeckung von mehr früheren Stadien geführt hat und zu einer Verteuerung des Systems. Eigentlich kann aber nur eine Langzeitzbeobachtung über die nächsten 20 Jahre (!) zeigen, ob sich die Zahl der Krebstoten wirklich verringern ließ durch die Früherkennung.

Ein Patienbt mit Dickdarmkrebs, der zu den ersten Gescreenten gehörte, ist in diesem Jahr gestorben und hat mir kurz vor seinem Tod gesagt, der einzige Unterschied war wohl, daß er zwei oder drei Jahre früher von seinem Krebs gewußt habe und genauso lange länger medizinisch gequält wurde.

Ein Einzelfall, hoffentlich.

Dr.Karlheinz Bayer, Bad Peterstal

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