Urteil des LSG Baden-Württemberg
Demenz-Patientin hat Anrecht auf Reha
78-Jährige setzt sich in Berufungsverfahren gegen ihre Krankenkasse durch, die Rehabilitationsmaßnahmen abgelehnt hatte.
Veröffentlicht:STUTTGART. Eine Krankenkasse muss auch Demenz-Patienten unter Umständen eine stationäre Rehabilitation bezahlen. Dies entschied das Landessozialgericht Stuttgart (LSG) und verurteilte die Kasse, einer 78 Jahre alten Versicherten, die seit 2013 an Alzheimer leidet, eine vierwöchige Reha-Maßnahme in einem Therapiezentrum in Begleitung des Ehemanns in Höhe von 5600 Euro zu erstatten. Abzustellen sei auf die konkret-individuellen Rehabilitationsziele.
Im Jahr 2016 hatten die behandelnden Neurologen der Frau die Reha-Maßnahme laut Gericht befürwortet und beantragt. Die Ärzte diagnostizierten eine leichte bis mittelschwere Demenz vom Alzheimer-Typ, deren Verlauf mit der stationären Behandlung voraussichtlich günstig beeinflusst werden könne.
Als Rehabilitationsziele wurden genannt: körperliche und geistige Aktivierung, Hilfe zur teilweisen Selbsthilfe. Die Rehabilitationsfähigkeit wurde in allen Punkten bejaht.
Kasse lehnte ab
Der von der Krankenkasse eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) notierte jedoch lediglich stichwortartig, es bestehe keine Reha-Fähigkeit und keine positive Reha-Prognose, ohne auf das Krankheitsbild der Versicherten und die von den Ärzten genannten Ziele einzugehen. Die Kasse lehnte die Gewährung der Maßnahme daraufhin ab.
Nachdem Widerspruch und Klage der Frau vor dem Sozialgericht Mannheim erfolglos geblieben waren, beschaffte sich die Versicherte die Maßnahme selbst und verlangte im Berufungsverfahren vor dem LSG die abzüglich des Selbstbehalts angefallenen Kosten in Höhe von 5600 Euro zurück. Ihre Rechtsauffassung: Die Ablehnung sei spekulativ und nicht ausreichend begründet.
Das Gericht gab der Frau in allen Punkten recht. Die Ablehnungsentscheidung der Kasse sei rechtswidrig gewesen, weil sie die individuellen Verhältnisse, Art und Schwere der Erkrankung und die für die Versicherte möglichen und wichtigen Behandlungsziele nicht ausreichend geprüft und gewürdigt habe, sondern sich nur auf die unzureichende, spekulativ anmutende, ablehnende Stellungnahme des MDK gestützt habe.
Der Anspruch auf Rehabilitation setze Behandlungsbedürftigkeit, Rehabilitationsfähigkeit und eine positive Rehabilitationsprognose voraus. Alle drei Voraussetzungen hätten vorgelegen. Der positive Entlassungsbericht der Reha-Einrichtung bestätige dies.
Wegen der umfangreichen Behandlungen sei eine stationäre Behandlung erforderlich gewesen, ambulante Maßnahmen hätten nicht ausgereicht, lautet die Urteilsbegründung. Auch die Begleitung des Ehemannes sei notwendig gewesen. (bar)
Landessozialgericht Stuttgart
Az.: L 11 KR 1154/18
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