Kassenbeiträge

Der Wettbewerb hat begonnen

Seit Januar können die Kassen ihre Beiträge wieder selbst festlegen. Für die Mehrheit der Versicherten ändert sich damit kaum etwas. Immerhin: Die Kassen weiten ihre freiwilligen Angebote aus. Das kann auch den Ärzten nützen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Für sportmedizinische Untersuchungen – wie der Laktatmessung – zahlen einige Kassen Zuschüsse.

Für sportmedizinische Untersuchungen – wie der Laktatmessung – zahlen einige Kassen Zuschüsse.

© M. Siegmund / fotolia.com

BERLIN. Nicht nur die Beitragssätze der gesetzlichen Krankenkassen, auch das Angebot an Satzungsleistungen ist in Bewegung geraten. Davon profitieren nicht nur Versicherte.

Die Ausweitung an Zuschüssen kommt als extrabudgetäre Einnahmen direkt bei den Ärzten und Angehörigen anderer Heilberufe an.

65 der noch 124 gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland, davon 92 bundesweit oder zumindest regional geöffnet, haben ihre Beiträge mit dem Jahresbeginn gesenkt, hat die Stiftung Warentest ermittelt.

Acht Kassen liegen nun über dem bis vergangenen Dezember geltenden Einheitsbeitragssatz von 15,5 Prozent.

Von 14,6 bis 15,8 Prozent

64 Kassen im Beitrags-Check

Seit Januar gelten bei Krankenkassen zum Teil wieder unterschiedliche Beitragssätze. Wir zeigen Ihnen, bei welcher Kasse es günstiger und bei welcher es teurer wird.

Das Spektrum reicht von 14,6 bis 15,8 Prozent. Ohne Zusatzbeiträge starten die Metzinger BKK (nur für Baden-Württemberg) und die BKK Euregio (nur für Hamburg und Nordrhein-Westfalen) in die neue Kassenwelt.

Die großen Kassen haben kaum an der Beitragsschraube gedreht. Die Techniker Krankenkasse und die Knappschaft sind um ein Zehntel Beitragspunkt heruntergegangen, die meisten anderen bleiben bei 15,5 Prozent.

Für die Opposition ist die Zurückhaltung bei den Beitragssenkungen ein Hinweis auf sich verschlechternde Rahmenbedingungen.

"Klar ist: Bis 2017 werden Arbeitnehmer mit Zusatzbeiträgen von 1,4 bis zwei Prozent des Gehalts rechnen müssen", ist sich die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Maria Klein-Schmeink sicher.

Auch Harald Weinberg (Linke) sieht Beitragssenkungen skeptisch.

Den somit geringeren Einnahmen ständen stetig steigende Ausgaben gegenüber. "Das geht auf die Dauer nicht gut", sagte Weinberg.

Verschätzt hat sich wohl Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der angekündigt hatte, dass rund 20 Millionen Kassenmitglieder von der Reform der großen Koalition profitieren würden.

15 Millionen Versicherte  zahlen weniger

Immerhin: Das Bundesversicherungsamt schätzt die Zahl derjenigen, die seit Januar niedrigere Beiträge bezahlen, auf rund 15 Millionen Versicherte.

Wie bisher auch teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer 14,6 Prozent des Beitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung. Was darüber hinaus geht, müssen die Arbeitnehmer alleine tragen.

Noch ist der Markt der gesetzlichen Krankenversicherungen nicht konsolidiert. Nach wie vor soll es Wettbewerb auch über Preise geben. Dabei gibt es einen feinen Unterschied zu den vergangenen Jahren.

Die individuellen Zusatzbeiträge gibt es nicht mehr. Weil die Kassen sie bei den Kunden direkt hätten kassieren müssen, setzte praktisch keine Kasse dieses Instrument ein.

Diejenigen, die es vorübergehend versucht haben, mussten teuer dafür bezahlen.

Die DAK zum Beispiel verlor bei dem Experiment eine sechsstellige Zahl von Mitgliedern und verzichtete schnell wieder auf die acht Euro je Mitglied im Monat. Die City BKK traf es noch härter: Sie ging Pleite.

Seit Januar 2015 dürfen die Kassen ihre Beiträge wieder selbst festsetzen. Zusatzbeiträge gibt es nach wie vor, sie werden nun aber wieder prozentual erhoben und direkt vom Lohn einbehalten.

Mehr Zuschüsse zu sportmedizinischen Untersuchungen

Dazu kommt ein Wettbewerb über Zusatzleistungen, die sich von Kasse zu Kasse unterscheiden können. Wie die Stiftung Warentest ermittelt hat, haben einige Kassen ihre Zusatzleistungen ausgebaut.

So ist die Zahl der Kassen, die vor planbaren Eingriffen aktiv eine Zweitmeinung beim Spezialisten organisieren, im Vergleich zum Vorjahr von elf auf 33 gestiegen.

36 Kassen werben mit Zuschlägen für eine künstliche Befruchtung über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Im vergangenen Jahr zahlten nur 19 Kassen mehr, als sie hätten müssen.

Mit 27 Kassen bezahlen künftig doppelt so viele Kassen als bisher Zuschüsse zu sportmedizinischen Untersuchungen.

Fast verdoppelt hat sich laut Stiftung Warentest auch die Zahl der Kassen, die Zuschüsse für die Rufbereitschaft von Hebammen aufbringen.

69 Kassen bezuschussen auch Osteopathie und Homöopathie.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 06.01.201515:38 Uhr

"Luftbuchung" als Wettbewerb?

Der heiße Wettbewerb um die Kassenbeiträge ist eher eine Luftnummer. Denn dass die GKV-Kassen ihre Beiträge seit 1.1.2015 wieder selbst festlegen können, bewegt sich nur in einem Bereich von 1,2 %, also zwischen 14,6 bis 15,8 Prozent.

Und die freiwilligen Angebote der Gesetzlichen Krankenkassen? Von den Zweitmeinungen beim Spezialisten über künstliche Befruchtung, Sportmedizinischen Untersuchungen, Rufbereitschaft von Hebammen, Osteopathie bis zur Homöopathie wird angeblich Alles bezahlt?

Ja, bei gedeckelter Gesamtvergütung im ambulanten Bereich in erster Linie von uns allen GKV-Vertragsärzten mit dem bundesweiten 24-h-Sicherstellungsauftrag einschließlich den Psychotherapeuten: Von den angeblich viel zu vielen und eher "überflüssigen" F a c h-Ärzten mit ihrer Termin-Misere und übervollen Wartezimmern, von den H a u s-Ärztinnen und-Ärzten, die wir jederzeit Akutsprechstunden-Termine, Notfallversorgung und dringende Hausbesuche taggleich oder spätestens am Folgetag bis in die späten Abendstunden absolvieren und von den Vertrags-Psychotherapeuten. Denn die GKV-Honorare für freiwillige Zusatzleistungen werden doch nur u m v e r t e i l t.

Und wenn diese Umverteilung nicht reicht? Die GKV-Kassen dafür zu viel an Verwaltungs-, Service- und Angebotsausweitung zum Fenster hinauswerfen? Ja, dann werden ohne langes Federlesen einfach die nach oben offenen Zusatzbeiträge erhöht, die die GKV-Versicherten allein aus eigener Tasche bezahlen müssen.

Man könnte natürlich auch
- paritätische Beiträge mit E r h ö h u n g der Beitragsbemessungsgrenze
- Berücksichtigung aller "Sonstigen Einkünfte"
- Staatliche GKV-Bundeszuschüsse in Höhe der bereits erbrachten Vorleistungen
realisieren und Haus-, Fachärzte oder Psychotherapeuten angemessen motivieren bzw. entlohnen?

Aber das erscheint der GROKO, ihren "Gesundheits"-Politikern, der Opposition, den "Gesundheits"-Ökonomen, den Medien und der Öffentlichkeit viel zu kompliziert und zu Teilhabe-freundlich.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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