Am Mittwoch im Parlament
Drei Entwürfe zur Sterbehilfe in der Debatte
Trotz großer thematischer Konkurrenz will der Bundestag noch in dieser Wahlperiode die Sterbehilfe neu regeln. Drei fraktionsoffene Entwürfe liegen vor.
Veröffentlicht:Berlin. Der Bundestag will die Regeln für den assistierten Suizid noch in dieser Legislaturperiode neu fassen. Für Mittwochnachmittag hat das Parlament nun eine knapp zweistündige Orientierungsdebatte angesetzt, bei der inzwischen drei fraktionsoffene Vorschläge zur Diskussion stehen. Bis zum 25. Juni wäre dann noch Zeit, ein reguläres Gesetzgebungsverfahren abzuschließen.
Neu ist ein vergleichsweise strenger Ansatz, hinter dem sich Abgeordnete der SPD, von CDU und CSU, der Grünen, der Linken und der FDP versammelt haben. „Unsere überfraktionelle Gruppe anerkennt das Recht, für einen selbstbestimmten Sterbewunsch auch die Hilfe Dritter in Anspruch nehmen zu können“, heißt es in einem Schreiben der Abgeordneten an ihre Kolleginnen und Kollegen im Bundestag.
Alternativen stärken
„Für uns ist klar: Es darf weder eine staatliche Infrastruktur zur Suizidförderung noch ein Gütesiegel für Sterbehilfe-Vereine geben“, haben die Abgeordneten der „Ärzte Zeitung“ mitgeteilt. Deswegen schlage man eine strafrechtliche Lösung vor, die eine geschäftsmäßige Suizidassistenz nur unter Einhaltung eines wirksamen Schutzkonzepts zulasse.
Gleichzeitig plädiert die Gruppe dafür, Alternativen zum assistierten Suizid zu stärken. Wenn der Zugang zum assistierten Suizid leichter sei als zur palliativen Versorgung, zu fürsorgender Pflege oder zur Psychotherapie, entstehe eine gefährliche Schieflage. Initiiert haben den Entwurf Professor Lars Castellucci (SPD), Ansgar Heveling (CDU), Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen), Stephan Pilsinger (CSU), Benjamin Strasser (FDP) und Kathrin Vogler (Die Linke). Auch der ehemalige Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zählt zu den Zeichnern.
Suizidhilfe faktisch ermöglichen
In noch nicht als Gesetzentwurf ausformulierten Eckpunkten schlagen die Autoren vor, die Inanspruchnahme Dritter faktisch möglich zu machen. Konkret soll das bedeuten, dass die geschäftsmäßige Suizidhilfe „grundsätzlich strafbar“ sein soll. Unter „sehr bestimmten Voraussetzungen“ soll aber vom Grundsatz abgewichen werden können und selbst eine geschäftsmäßige Suizidhilfe als „nicht unrechtmäßig“ gelten können.
Grund: Die freiverantwortliche Suizidentscheidung und die Hilfe Dritter dürften „nicht faktisch unmöglich“ werden, argumentieren die Abgeordneten. Ein Anspruch auf Suizidhilfe gegenüber Ärzten soll es nicht geben dürfen. Nahe Angehörige als Suizidhelfer sollen immer straffrei bleiben.
Ärztetag berät Anfang Mai
Die Formulierungen zeigen, welche Hürden das Bundesverfassungsgericht aufgestellt hat, als es im Februar vergangenen Jahres das seit 2015 geltende Sterbehilfegesetz als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar kippte. Die Karlsruher Richter haben damals das im Paragrafen 217 des Strafgesetzbuchs formulierte Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für verfassungswidrig erklärt.
Anfang Mai will sich auch der Deutsche Ärztetag mit dem Thema erneut auseinandersetzen. Aus der eher ablehnenden Haltung der Kammern zur Sterbehilfe hatte das Verfassungsgericht einen tatsächlichen Bedarf an geschäftsmäßiger Sterbehilfe abgeleitet.
Ärzte sind einbezogen
Prämisse der Gruppe um Castellucci ist, dass nur bei einem geringen Anteil der Sterbewilligen ein freiverantwortlicher Entschluss zur Selbsttötung vorliege. Auf die Feststellung der Freiverantwortlichkeit müsse der Gesetzgeber deshalb einen Schwerpunkt setzen.
Nach den Vorstellungen dieser Parlamentariergruppe soll die Ernsthaftigkeit des Entschlusses durch mindestens zwei Untersuchungen bei Fachärzten für Psychiatrie „in einem hinreichenden Abstand“ festgestellt werden. Dazu soll eine „angemessene“ Wartefrist eingehalten werden müssen.
Drei Entwürfe in der Diskussion
Zwei weitere Entwürfe aus den Reihen der Abgeordneten liegen vor. Für den einen stehen Katrin Helling-Plahr (FDP), Professor Karl Lauterbach (SPD) und Dr. Petra Sitte (Die Linke), für den anderen zeichnen die Grünen-Politikerinnen Renate Künast und Katja Keul verantwortlich. Zudem gibt es einen Diskussionsentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium.