Behandlungsfehler

Ducken sich Kassen weg?

Die Verbraucherzentrale NRW wirft Krankenkassen vor, ihre Versicherten im Fall eines vermuteten Behandlungsfehlers zu wenig zu unterstützen. Wenn es darum gehe, Ansprüche der Versicherten durchzusetzen, duckten Kassen sich weg.

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35 von 50 befragten Kassen teilten mit, sie würden bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler immer ein Gutachten erstellen lassen.

35 von 50 befragten Kassen teilten mit, sie würden bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler immer ein Gutachten erstellen lassen.

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KÖLN. Wenn es um die Unterstützung von Versicherten beim Verdacht auf einen Behandlungsfehler geht, sind die Krankenkassen viel zu zurückhaltend.

Nur wenige informieren ihre Versicherten aktiv über Hilfsmöglichkeiten, die meisten verlassen sich darauf, dass sich die Betroffenen von selbst melden. Das kritisiert die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, die Kassen zum Thema befragt hat.

"Die gesetzlichen Kassen bieten zu wenig Hilfe", sagt Vorstand Wolfgang Schuldzinski. Zwar würden Ratsuchende, die sich an die Kasse wenden, über ihre Patientenrechte aufgeklärt.

"Doch wenn es darauf ankommt, einen Verdachtsfall zu prüfen und Ansprüche bei medizinischen Patzern gegenüber Ärzten, Versicherungen und Gerichten durchzusetzen, dünnen Rat und Hilfe der gesetzlichen Krankenkassen immer mehr aus", erläutert er.

Die Verbraucherzentrale hatte 72 Krankenkassen in NRW um Auskunft zu ihrem Umgang mit Behandlungsfehlern gebeten, 50 gaben Antwort. Die Verbraucherschützer wollten wissen, wie sich die seit Februar 2013 bestehende Verpflichtung zur Unterstützung der Versicherten in solchen Fällen in der Praxis auswirkt.

Meisten Kassen haben Infoangebot nicht verändert

92 Prozent der Kassen haben danach ihr Informationsangebot kaum oder gar nicht verändert. Lediglich zwei haben alle Versicherten mit einem Anschreiben über das Beratungs- und Hilfsangebot bei Behandlungsfehlern informiert. Beim allergrößten Teil der Kassen werden die Versicherten von geschultem Fachpersonal beraten, viele betreuen die Betroffenen auch über einen längeren Zeitraum persönlich.

"Allerdings bleibt diese Hilfe im Laufe des Beratungsprozesses immer mehr auf der Strecke", bemängelt Schuldzinski. Seine Kritik: Die Versicherten erfahren zwar, was sie im Falle eines möglichen Behandlungsfehlers tun sollten.

Nur 37 der 50 Kassen überprüfen aber den Verdacht anhand eigener Unterlagen oder der Unterlagen von Ärzten und Krankenhäusern. 35 erstellen nach eigenen Angaben bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler immer ein Gutachten.

Die Verbraucherschützer kritisieren, dass die Kassen die Patienten mit dem Prüfergebnis meist allein lassen. Nur 15 Kassen hatten angegeben, dass sie sich telefonisch oder persönlich an die Versicherten wenden, um das Ergebnis und das weitere Vorgehen zu besprechen. Ein solches Gespräch sei auch in Fällen wichtig, in denen sich ein Verdacht nicht erhärtet.

Die Patienten müssten die Gründe dafür kennen. "Andernfalls bleiben sie unter Umständen dem behandelnden Arzt und/oder der Krankenkasse gegenüber misstrauisch und leiten weitere Schritte ein, die für sie belastend sind", heißt es im Bericht zu der Untersuchung. (iss)

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