Organspende
Ein Skandal erreicht die Politik
Reichlich wurde geschummelt bei Lebertransplantationen - in Göttingen und Regensburg werden Dutzende Verdachtsfälle geprüft. In der Politik beginnt die Suche nach Lösungen.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG (nös). Löst der Transplantationsskandal von Göttingen und Regensburg eine Vertrauenskrise der Bürger in die Organspende aus? Das zumindest vermutet die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) in Frankfurt am Main.
In fünf Fällen hätten Angehörige in den vergangenen zwei Wochen in Deutschland eine Transplantation ausdrücklich mit dem Hinweis auf diesen Skandal abgelehnt, sagte die DSO-Sprecherin Birgit Blome am Freitag der Nachrichtenagentur dpa in Frankfurt.
Allerdings könne noch keine Rede davon sein, dass die Bereitschaft in die Organspende generell abnehme. Dennoch: "Aus Unsicherheit, die falsche Entscheidung zu treffen, kommt es hier in vier von zehn Fällen zu einer Ablehnung der Organspende."
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat sich derweil "zutiefst erschüttert" über den Skandal gezeigt. "Wir dürfen nicht zulassen, dass durch die Vorfälle an den Transplantationszentren in Göttingen und Regensburg das Vertrauen in die Organspende Schaden nimmt", sagte er am Freitag in Berlin.
Der geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, forderte von Bahr, das Thema zur Chefsache zu machen. "Das bisherige Hick-hack ist unerträglich, sagte er am Freitag der Nachrichtenagentur dpa.
Brysch kritisierte zugleich die bestehende Struktur in der Transplantationsmedizin: "Im Organspende-Skandal wird deutlich, dass Förderalismus der Länder und die Beteiligung von privaten Akteuren verantwortlich sind für die Vertrauenskrise im Transplantationssystem."
Für den 27. August hat Gesundheitsminister Bahr Vertretern der Organspende, Ärzteschaft, Kliniken und Kassen zu einem runden Tisch geladen. Bahr: "Ich erwarte Vorschläge, wie künftig Manipulationen und andere Verstöße besser zu verhindern sind."
In Nordrhein-Westfalen sollen unterdessen alle neun Transplantationszentren ebenfalls durchleuchtet werden. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) hat die Kliniken gebeten, bis zum Monatsende mitzuteilen, wie sie Manipulationen vorbeugen wollen.
In Verdachten stehen die Kliniken jedoch nicht: "Für Unregelmäßigkeiten gibt es hier keinerlei Anzeichen", sagte Steffens am Freitag in Düsseldorf.
Mit Material von dpa