Forscher fordern

Einheitliche Standards für Beatmungs-WG

Eine aktuelle Studie der Universität Witten/Herdecke hat die Situation von Beatmungs-Wohngemeinschaften in Nordrhein- Westfalen unter die Lupe genommen. Sie kommt zu dem Ergebnis: Die pflegerisch-medizinische Versorgung der Patienten braucht einheitliche Standards.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Künstliche Beatmung, Uniklinik Köln. Menschen, die dauerhaft nicht mehr atmen können, werden zunehmend in sogenannten Beatmungsstationen und Beatmungs-Wohngemeinschaften medizinisch versorgt.

Künstliche Beatmung, Uniklinik Köln. Menschen, die dauerhaft nicht mehr atmen können, werden zunehmend in sogenannten Beatmungsstationen und Beatmungs-Wohngemeinschaften medizinisch versorgt.

© Berg / dpa

KÖLN. Für Patienten, die dauerhaft beatmet werden, können selbstorganisierte Wohngemeinschaften eine sinnvolle Ergänzung zu den sonstigen Versorgungsangeboten sein.

Allerdings müssen die Anforderungen an die pflegerisch-medizinische Versorgung standardisiert werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Pilotstudie des Departments für Pflegewissenschaft an der Universität Witten/Herdecke.

Die Forscher haben im Auftrag des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums untersucht, wie viele sogenannte Beatmungs-WGs es im bevölkerungsreichsten Bundesland gibt und wie dort die Versorgungssituation ist.

73 Wohngemeinschaften untersucht

Die Untersuchung erfasst 73 selbstorganisierte Wohngemeinschaften für technologieabhängige Menschen in NRW. Die Pflegewissenschaftler gehen aber davon aus, dass es noch mehr sein können. Von den 199 Patienten, die dort Ende 2013 versorgt wurden, litten 58 an einer schweren Lungenkrankheit, 57 an Erkrankungen des Nervensystems.

44 Patienten lagen im Wachkoma, zehn hatten eine hohe Querschnittslähmung. Die übrigen hatten sehr unterschiedliche Krankheitsbilder. Rund die Hälfte der Kranken war älter als 60 Jahre alt. Insgesamt 28 Pflegedienste betreuten die Patienten.

Die Forscher haben in fünf der Wohngemeinschaften Patienten, Angehörige und Pflegende interviewt. Hinzu kamen Gespräche mit den Einrichtungsleitungen, der Deutschen interdisziplinären Gesellschaft für außerklinische Beatmung, einer Krankenkasse sowie Universitätskliniken.

"Die Versorgungsform einer Wohngemeinschaft wird von allen durchgängig begrüßt", heißt es im Abschlussbericht. Die Bewohner ziehen den Aufenthalt in der WG einer stationären Unterbringung vor. Die Patienten fühlen sich gut versorgt und befürworten ebenso wie die Angehörigen die Selbst- und Mitbestimmungsmöglichkeiten.

Auch für die Pflegenden ist wichtig, dass sie auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten eingehen können. Nach Angaben der Pflegedienste ist die Zusammenarbeit mit Hausärzten und Apothekern unproblematisch.

"Die Versorgung mit Fachärzten ist in einigen Wohngemeinschaften schwierig zu organisieren", berichten die Wissenschaftler. Auch die Versorgung mit Hilfsmitteln ist zum Teil problematisch, da die Patienten bei verschiedenen Krankenkassen versichert sind, die Verträge mit unterschiedlichen Sanitätsfachhändlern geschlossen haben.

Auf Basis ihrer Gespräche haben die Wittener Pflegewissenschaftler eine Reihe von Empfehlungen erarbeitet. Sie verweisen aber auf die eingeschränkte Aussagekraft der Pilotstudie. Grundsätzlich halten die Forscher die im Wohn- und Teilhabegesetz von NRW vorgesehene Förderung solcher Wohngemeinschaften für die richtige Entscheidung.

"Die vorhandenen Leitlinien, Empfehlungen, Konventionen sollten zu einer Richtlinie zusammengefasst und als Grundlage für die Einrichtung einer selbstverantworteten Wohngemeinschaft dienen", empfehlen sie. Sie plädieren dazu für die Einberufung einer Expertenrunde aller Beteiligten,

Regelmäßige Visiten

Eine weitere Empfehlung: "Der hausärztlichen Versorgung sollten klare Regelungen zugrunde liegen und regelmäßige Visiten die Voraussetzung für die Versorgung von technologieabhängigen Menschen in Wohngemeinschaften bilden."

Für notwendig halten die Pflegewissenschaftler auch die Aufnahme dieser Versorgungsform in Beratungsangebote, die gezielte Schulung von gesetzlich bestellten Betreuern, Mitarbeitern des MDK und Sozialdiensten sowie eindeutige Regelungen für die Finanzierung der Wohngemeinschaften.

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