Flucht aus der Ukraine

Es kommen auch Schwerkranke und Pflegebedürftige

Schwerkranke und Pflegebedürftige flüchten aus der Ukraine. Die Gesundheitsministerkonferenz verspricht einen schnellen und unbürokratischen Zugang zum Gesundheitssystem in Deutschland. Das funktioniert nicht für alle.

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 EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides (2. v.l.), Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) und Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Die Linke) sprechen bei einem Besuch des Berliner Ankunftszentrums für Flüchtlinge aus der Ukraine am ehemaligen Flughafen Tegel mit Geflüchteten.

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides (2. v.l.), Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) und Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Die Linke) sprechen bei einem Besuch des Berliner Ankunftszentrums für Flüchtlinge aus der Ukraine am ehemaligen Flughafen Tegel mit Geflüchteten.

© Christoph Soeder/dpa

Berlin. Im Berliner Erstaufnahmezentrum auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel wird die Krise konkret. „Wenn man den Krieg verstehen will, muss man in diese Hallen gehen“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Montag bei einem Treffen mit der Gesundheitskommissarin der Europäischen Union Stella Kyriakides und Berlins Gesundheitssenatorin Katja Kipping (Linke) auf dem Flughafengelände. Für ihn als Arzt sei es bestürzend, wie „krank und verletzt“ viele Menschen dort seien.

Anders als bei anderen Flüchtlingsbewegungen gebe es wegen des vergleichsweise kurzen Weges Pflegebedürftige und behandlungsbedürftige Kranke und Verletzte unter den ankommenden Menschen, sagte Kipping. Sie zu versorgen werde eine „Mammutaufgabe“ sein. Derzeitig müssten rund 150 Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen, mehr als 50 mit Diabetes, zwölf Dialysepflichtige Patienten und fünf Epileptiker versorgt werden. Dazu kämen Menschen die substituiert werden müssten. In der Ukraine sei die Versorgung mit Methadon für Suchtkranke kostenfrei.

Durchatmen in Ruheräumen

Für Schwersttraumatisierte gebe es Einzelzimmer. In Ruheräumen könnten die Menschen durchatmen, sagte Kipping. Sogar ihre Haustiere würden betreut. Oft seien die Tiere alles, was ihnen geblieben sei. In der Regel seien die Menschen in Räumen mit maximal zehn Personen untergebracht und blieben zwischen einer und drei Nächten dort. Rund 10.000 Menschen am Tag träfen ein, sagte Kipping.

Lauterbach berichtete von „tonnenweise Lieferungen“ von Narkosemitteln, Medikamenten und weiterer medizinischer Güter in die Ukraine. Umgekehrt würden Schwerverletzte in Länder der Europäischen Union geflogen, darunter auch Minenopfer. Dies sei Ende vergangener Woche erstmals geschehen, weitere 17 schwerverletzte Patienten würden in dieser Woche erwartet. Um sie gut versorgen zu können, werde das Kleeblattsystem zur Verteilung von Notfallpatienten genutzt. Bislang hätten sich zudem 800 Ärzte aus Deutschland gemeldet, die in der Ukraine selbst oder in ihren Anrainerstaaten helfen wollten.

GMK verspricht schnelle Zugang zur Versorgung

Flüchtende aus der Ukraine sollen einen „schnellen und unbürokratischen Zugang zu medizinischer Versorgung“ erhalten. Darauf haben sich am Montagnachmittag die Gesundheitsministerinnen und -minister aus Bund und Ländern verständigt.

Es gelte Behandlungsbrüche zu vermeiden, heißt es in dem Beschluss. Notwendige durch die Flucht unterbrochene medizinische und pflegerische Behandlungen sollten schnellstmöglich wieder aufgenommen werden. Bund und Länder verständigten sich darauf, „Festlegungen zu Behandlungsberechtigung, Finanzierung und Abrechnung“ zu treffen.

Länder wollen Impfzentren nutzen

Die Länder drängen zudem darauf, die vorhandene Impfinfrastruktur auch für Impfangebote an Geflüchtete nutzen zu können. Dafür solle der Bund noch in dieser Woche kurzfristig pragmatische Lösungen anbieten. Dies sei notwendig, damit die Impfzentren die notwendigen Impfstoffe, zum Beispiel Masernimpfstoffe, bestellen könnten. Die Länder vereinbarten, das Heimrecht flexibel zu handhaben, um pflegebedürftige Menschen aus der Ukraine versorgen zu können. „Wir werden den Weg ebnen, dieser humanitären Aufgabe gerecht zu werden“, sagte die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD).

In der Vertragsärzteschaft wird händeringend auf klare Regelungen zum Beispiel für die Kostenübernahme gewartet. Während registrierte Flüchtende schnell einen regulären Zugang zum Gesundheitssystem erhielten, zum Beispiel über Gesundheitskarten, gebe es noch keine Bestimmungen, wie die Kostenübernahme für Medikamente für nicht registrierte Flüchtende sei, klagt die Kassenärztliche Bundesvereinigung. (af)

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