SARS-CoV-2-Impfung

FDP: Bundestag soll Priorisierung bei Corona-Impfungen absegnen

Soll die Priorisierung der COVID-19-Impfung per Verordnung des Gesundheitsministers erfolgen oder vom Bundestag abgesegnet werden? Die Fraktion der FDP ist für Variante zwei – und bringt einen Gesetzentwurf ein.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Impfsimulation im Impfzentrum in Essen. Muss die Priorisierung der Impfung im Bundestag beraten und beschlossen werden?

Impfsimulation im Impfzentrum in Essen. Muss die Priorisierung der Impfung im Bundestag beraten und beschlossen werden?

© Rupert Oberhäuser / picture alliance

Berlin. Mit den Impfungen gegen SARS-CoV-2 soll sich die epidemiologische Lage im Land entspannen. Von den geplanten 300 Impfzentren in Deutschland sind Stand Dienstag zahlreiche bereits einsatzbereit. Am 21. Dezember will die Europäische Zulassungsbehörde EMA in Amsterdam dem ersten Impfstoff von BioNTech/Pfizer ihren Segen geben. Gesundheitsminister Jens Spahn will die Impfungen danach zügig beginnen lassen. Für Unruhe in der Bevölkerung sorgen derweil die Nachrichten, dass zunächst nur vergleichsweise wenige Impfdosen zur Verfügung stehen dürften.

Vertreter der FDP-Fraktion berichteten am Dienstag, Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe im Gesundheitsausschuss angekündigt, alleine die Impfung der 28 Millionen vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) als Risikopatienten eingestuften Menschen werde voraussichtlich das ganze Jahr 2021 über andauern.

Bislang ist bekannt, dass zunächst zwischen drei und fünf Millionen Dosen an Impfstoff bereit stehen dürften. Da zweimal geimpft werden muss, könnten zum Impfstart also zunächst zwischen 1,5 und 2,5 Millionen Menschen immunisiert werden, sagen Fachleute.

FDP bringt Gesetzentwurf ein

Die FDP-Fraktion im Bundestag hat nun den Entwurf eines „Gesetzes zur Priorisierung bei der Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2“ vorgelegt, dessen erste Beratung am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestages steht.

Die FDP-Abgeordneten gehen davon aus, dass sie mit ihrem Anliegen, die Priorisierungsempfehlungen der Ständigen Impfkommission gesetzlich zu normieren, im Plenum nicht alleine stehen. Man nehme Tendenzen auch in der Unionsfraktion wahr, die Priorisierung eher per Gesetz denn per Verordnung zu regeln, sagten Vertreter der Fraktion am Dienstag in Berlin. Aus der Unionsfraktion heraus klingt es anders: „Eine gesetzliche Priorisierung halte ich nicht für sinnvoll – man kann dann auf neue Situationen nicht flexibel genug reagieren. Als Gesetzgeber würden wir ohnehin nur das übernehmen, was die Stiko vorschlägt“, sagte der CDU-Abgeordnete Alexander Krauß am Dienstag der „Ärzte Zeitung“. Das sei auch die Meinung der Union und werde nicht kontrovers diskutiert. Das Inkraftsetzen der Corona-Impf-Verordnung des Gesundheitsministers wird bereits für diese Woche erwartet.

Reihenfolge soll bleiben

Eine andere Reihenfolge schlagen die FDP-Abgeordneten nicht vor. Tatsächlich bildet ihr Gesetzentwurf die Liste der STIKO eins zu eins ab. Und das sogar strafbewehrt: Wer sich dafür bezahlen lässt, jemanden bevorzugt zu impfen, soll bis zu fünf Jahre in Haft. Dazu sollen für Manipulationen Bußgelder bis zu 30000 Euro verhängt werden können.

Christine Aschenberg-Dugnus, Mitglied im Gesundheitsausschuss, warb für die Vorschläge der STIKO. Wenn es zur Entscheidung komme, einen über 80-Jährigen oder einen 40-Jährigen Feuerwehrmann zu impfen, müsse ersterer den Vorzug erhalten. Der über 80-Jährige habe ein sehr viel höheres Risiko, an COVID-19 zu erkranken. Es müssten die am meisten Gefährdeten geschützt werden, um Todesfallzahlen zu reduzieren, um die Intensivstationen leer zu bekommen und um auch wieder öffentliches Leben stattfinden zu lassen.

Es wird ein unsägliches Gerangel geben.

Michael Theurer, FDP-Abgeordneter aus Karlsruhe

Auch zur Priorisierung in den Gesundheitsberufen äußerte sich Aschenberg-Dugnus. Bei den Gesundheitsberufen mit hoher Exposition selbst gehe sie zu Beginn der Impfungen eher von Hämatologen und Transplantationsmedizinern aus als von niedergelassenen Hausärzten. Die verfügten über Möglichkeiten, sich zu schützen und genössen daher nicht die allerhöchste Priorität.

Konflikte reißen auf

„Wir sehen heute schon die Konflikte über die Frage in der Gesellschaft aufscheinen, wer zuerst geimpft werden soll“, warnte Michael Theurer. Um dann noch deutlicher zu werden: Es wird ein „unsägliches Gerangel“ geben, befürchtet der Karlsruher Abgeordnete. Eine Priorisierung dürfe nicht „willkürlich“ in die Zuständigkeit der Gesundheitsämter gegeben werden. FDP-Rechtsexperte Stephan Thomae sprach sich für eine Debatte im Parlament aus. „Die Akzeptanz der Bevölkerung hängt davon ab, dass die Argumente für die Priorisierung auf offener Bühne ausgetauscht würden“, sagte Thomae. Schließlich gehe es um verfassungsrechtlich wesentliche Fragen wie die körperliche Unversehrtheit oder sogar um Leben und Tod. Auch Ärzte bräuchten daher die Rechtssicherheit eines Bundestagsbeschlusses. Zudem sollten die Länder weitere Vorgaben treffen, wer wiederum innerhalb der priorisierten Gruppen zuerst geimpft werden solle.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hatte bereits in einem Gutachten im Auftrag der FDP-Fraktion auf diese Probleme hingewiesen und die Verfassungsmäßigkeit einer Verordnung in Frage gestellt.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

238 Abgeordneten legen Gesetzentwurf vor

Gesetzesvorstoß zum Schwangerschaftsabbruch empört Union

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
Kommentare
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

© Springer Medizin Verlag GmbH

Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Der gelbe Impfausweis

© © mpix-foto / stock.adobe.com

Digitaler Impfnachweis

eImpfpass: Warum das gelbe Heft noch nicht ausgedient hat

Ein Aquarell des Bundestags

© undrey / stock.adobe.com

Wochenkolumne aus Berlin

Die Glaskuppel zum Ampel-Aus: Eigenlob und davon in rauen Mengen

Im Schnitt kamen Vertragsarztpraxen im dritten Quartal 2023 auf 60.168 Euro Honorarumsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit.

© PhotographyByMK / stock.adobe.com

Honorarbericht der KBV

Praxen erzielten im dritten Quartal 2023 mehr Umsatz