SARS-CoV-2-Impfung
FDP: Bundestag soll Priorisierung bei Corona-Impfungen absegnen
Soll die Priorisierung der COVID-19-Impfung per Verordnung des Gesundheitsministers erfolgen oder vom Bundestag abgesegnet werden? Die Fraktion der FDP ist für Variante zwei – und bringt einen Gesetzentwurf ein.
Veröffentlicht:Berlin. Mit den Impfungen gegen SARS-CoV-2 soll sich die epidemiologische Lage im Land entspannen. Von den geplanten 300 Impfzentren in Deutschland sind Stand Dienstag zahlreiche bereits einsatzbereit. Am 21. Dezember will die Europäische Zulassungsbehörde EMA in Amsterdam dem ersten Impfstoff von BioNTech/Pfizer ihren Segen geben. Gesundheitsminister Jens Spahn will die Impfungen danach zügig beginnen lassen. Für Unruhe in der Bevölkerung sorgen derweil die Nachrichten, dass zunächst nur vergleichsweise wenige Impfdosen zur Verfügung stehen dürften.
Vertreter der FDP-Fraktion berichteten am Dienstag, Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe im Gesundheitsausschuss angekündigt, alleine die Impfung der 28 Millionen vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) als Risikopatienten eingestuften Menschen werde voraussichtlich das ganze Jahr 2021 über andauern.
Bislang ist bekannt, dass zunächst zwischen drei und fünf Millionen Dosen an Impfstoff bereit stehen dürften. Da zweimal geimpft werden muss, könnten zum Impfstart also zunächst zwischen 1,5 und 2,5 Millionen Menschen immunisiert werden, sagen Fachleute.
FDP bringt Gesetzentwurf ein
Die FDP-Fraktion im Bundestag hat nun den Entwurf eines „Gesetzes zur Priorisierung bei der Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2“ vorgelegt, dessen erste Beratung am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestages steht.
Die FDP-Abgeordneten gehen davon aus, dass sie mit ihrem Anliegen, die Priorisierungsempfehlungen der Ständigen Impfkommission gesetzlich zu normieren, im Plenum nicht alleine stehen. Man nehme Tendenzen auch in der Unionsfraktion wahr, die Priorisierung eher per Gesetz denn per Verordnung zu regeln, sagten Vertreter der Fraktion am Dienstag in Berlin. Aus der Unionsfraktion heraus klingt es anders: „Eine gesetzliche Priorisierung halte ich nicht für sinnvoll – man kann dann auf neue Situationen nicht flexibel genug reagieren. Als Gesetzgeber würden wir ohnehin nur das übernehmen, was die Stiko vorschlägt“, sagte der CDU-Abgeordnete Alexander Krauß am Dienstag der „Ärzte Zeitung“. Das sei auch die Meinung der Union und werde nicht kontrovers diskutiert. Das Inkraftsetzen der Corona-Impf-Verordnung des Gesundheitsministers wird bereits für diese Woche erwartet.
Reihenfolge soll bleiben
Eine andere Reihenfolge schlagen die FDP-Abgeordneten nicht vor. Tatsächlich bildet ihr Gesetzentwurf die Liste der STIKO eins zu eins ab. Und das sogar strafbewehrt: Wer sich dafür bezahlen lässt, jemanden bevorzugt zu impfen, soll bis zu fünf Jahre in Haft. Dazu sollen für Manipulationen Bußgelder bis zu 30000 Euro verhängt werden können.
Christine Aschenberg-Dugnus, Mitglied im Gesundheitsausschuss, warb für die Vorschläge der STIKO. Wenn es zur Entscheidung komme, einen über 80-Jährigen oder einen 40-Jährigen Feuerwehrmann zu impfen, müsse ersterer den Vorzug erhalten. Der über 80-Jährige habe ein sehr viel höheres Risiko, an COVID-19 zu erkranken. Es müssten die am meisten Gefährdeten geschützt werden, um Todesfallzahlen zu reduzieren, um die Intensivstationen leer zu bekommen und um auch wieder öffentliches Leben stattfinden zu lassen.
Auch zur Priorisierung in den Gesundheitsberufen äußerte sich Aschenberg-Dugnus. Bei den Gesundheitsberufen mit hoher Exposition selbst gehe sie zu Beginn der Impfungen eher von Hämatologen und Transplantationsmedizinern aus als von niedergelassenen Hausärzten. Die verfügten über Möglichkeiten, sich zu schützen und genössen daher nicht die allerhöchste Priorität.
Konflikte reißen auf
„Wir sehen heute schon die Konflikte über die Frage in der Gesellschaft aufscheinen, wer zuerst geimpft werden soll“, warnte Michael Theurer. Um dann noch deutlicher zu werden: Es wird ein „unsägliches Gerangel“ geben, befürchtet der Karlsruher Abgeordnete. Eine Priorisierung dürfe nicht „willkürlich“ in die Zuständigkeit der Gesundheitsämter gegeben werden. FDP-Rechtsexperte Stephan Thomae sprach sich für eine Debatte im Parlament aus. „Die Akzeptanz der Bevölkerung hängt davon ab, dass die Argumente für die Priorisierung auf offener Bühne ausgetauscht würden“, sagte Thomae. Schließlich gehe es um verfassungsrechtlich wesentliche Fragen wie die körperliche Unversehrtheit oder sogar um Leben und Tod. Auch Ärzte bräuchten daher die Rechtssicherheit eines Bundestagsbeschlusses. Zudem sollten die Länder weitere Vorgaben treffen, wer wiederum innerhalb der priorisierten Gruppen zuerst geimpft werden solle.
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hatte bereits in einem Gutachten im Auftrag der FDP-Fraktion auf diese Probleme hingewiesen und die Verfassungsmäßigkeit einer Verordnung in Frage gestellt.