Frankreich
Frankreichs neue Gesundheitsministerin wegen Schenkungsaffäre schon im Visier der Justiz
Agnès Firmin Le Bodo soll nach Recherchen von „Mediapart“ zwischen 2015 und 2020 unter anderen Weine, Uhren und Reisegutscheine vom Hersteller Urgo geschenkt bekommen haben, ohne diese gemeldet zu haben.
Veröffentlicht:Paris. Knapp einen Tag nach ihrer Ernennung zur Interims-Gesundheitsministerin in Frankreich wurde Agnès Firmin Le Bodo öffentlich vorgeworfen, Geschenke in Höhe von 20.000 Euro vom Pflaster-und Verbändehersteller Urgo bekommen zu haben. Diese Nachricht, die am 21. Dezember vom Online-Infodienst „Mediapart“ verbreitet wurde, könnte der Ministerin ihre Stelle kosten.
Die 55-jährige Agnès Firmin Le Bodo war bis zum Rücktritt ihres Vorgänger Aurélien Rousseau stellvertretende Gesundheitsministerin. Sie wurde vor allem beauftragt, Vorschläge für eine flächendeckendere Verteilung der Ärzte und aller Heilberufe landesweit zu machen sowie das künftige Gesetz über Sterbehilfe vorzubereiten. Die Apothekerin aus der normannischen Hafenstadt Le Havre gehörte vor ihrem Regierungsantritt dem liberal-konservativen Flügel der Nationalversammlung an.
Von 2015 bis 2020 soll sie nach Darstellung von „Mediapart“ unter anderen Weine und Champagner, Uhren, Küchengeräte und Reisegutscheine von Urgo geschenkt bekommen haben, ohne diese gemeldet zu haben. Dies verstößt nicht nur gegen Apothekengesetze, sondern auch gegen die Einkommensmeldepflicht aller Mitglieder des Parlamentes.
Da Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kürzlich angekündigt hat, dass er die Regierung schon im Januar umbilden werde, könnte bald die Karriere der Ministerin ein abruptes Ende finden. Derzeit will sie keine detaillierteren Informationen zu den Vorwürfen geben, obwohl sie bestätigt hat, dass die Justiz schon seit Juni den Fall ermittelt. Sie erklärt sich jedoch für unschuldig und will Waren statt Geldbeträge als Nachlass von Urgo bekommen haben – obwohl dies auch untersagt ist.
Die Nachricht zur Schenkungsaffaire kommt ungelegen für die Regierung, die die Folgen des neuen, umstrittenen Immigrationsgesetzes weiterhin zu spüren bekommt: Nachdem Rousseau aus Protest gegen dieses Gesetz und insbesondere wegen der Begrenzung der Gesundheitsleistungen für nicht anerkannte Migranten zurückgetreten ist, fordern immer mehr Ärzte und Heilberufler die Regierung auf, das Gesetz nicht einzuführen.
Sie erinnern, dass drei Viertel der Assistenzärztinnen und -ärzte, die in öffentlichen Krankenhäusern ohne Festverträge tätig sind, außerhalb der EU studiert haben. Ohne die sogenannten „ PADHUE “ (Praticiens Diplômés Hors Union Européenne) könnten Frankreichs Krankenhäuser nicht durchkommen, um nicht von anderen Berufsgruppen zu sprechen. Deswegen warnen sie besonders mit Blick auf das Gesundheitswesen vor den Folgen der Verschärfung der Einreise-und Aufenthaltsgenehmigungen für Ausländer.