Pflegeberufe

Generalistische Ausbildung könnte teurer werden

Die Reform der Pflegeausbildung kommt teurer als vorgesehen, prognostizieren die Kassen - und verweisen auf eigene Berechnungen. Bei der Experten-Anhörung im Bundestag offenbaren sich tiefe Gräben.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Helfen beim Aufstehen: Kranken- und Altenpflege sollen zusammenwachsen. Das stößt auch auf Kritik.

Helfen beim Aufstehen: Kranken- und Altenpflege sollen zusammenwachsen. Das stößt auch auf Kritik.

© AOK-Mediendienst

BERLIN. Das Pflegeberufegesetz löst möglicherweise höhere Mehrkosten aus, als bisher im Gesetzentwurf angegeben. Das geht aus Berechnungen des GKV-Spitzenverbands hervor.

"Sobald die neuen Ausbildungsregelungen Anfang 2023 vollständig greifen, muss von wesentlich höheren Gesamtkosten ausgegangen werden", sagte eine Sprecherin des Spitzenverbands am Montag der "Ärzte Zeitung". Kostensteigerungen durch die Generalistik seien darin noch nicht eingerechnet.

Der Gesetzentwurf beziffert die gegenwärtigen Kosten der Ausbildung auf rund 2,4 Milliarden Euro im Jahr. Der geplante Wegfall des Schulgelds, die Einführung einer Ausbildungsvergütung und weitere Kostensteigerungen durch die generalistische Ausbildung der Pflegeberufe sollen laut Entwurf mit rund 320 Millionen Euro im Jahr zu Buche schlagen.

Tiefer Graben sichtbar

Die Finanzierung war auch Thema bei der Expertenanhörung der Bundestagsausschüsse für Gesundheit sowie Familie, Senioren und Jugend am Montag in Berlin.

Die Vertreterin des GKV-Spitzenverbands prognostizierte dabei eine deutlich höhere Ausgangssumme vor dem Start der Generalistik als bisher angenommen. Statt mit 2,4 Milliarden Euro, wie im Gesetzentwurf angegeben, sollte eher von 3,16 Milliarden Euro ausgegangen werden.

Damit könnte die Reform schon für sich alleine beitragsrelevant werden, hieß es in der Anhörung.

Die Anhörung machte deutlich, dass der Graben zwischen Befürwortern und Gegnern der Reform nach wie vor tief ist. Die Reform sieht vor, an die Stelle der Kranken-, der Alten- und der Kinderkrankenpflege einen einheitlichen Pflegeberuf zu setzen.

Zudem soll das in einigen Ländern noch erhobene Schulgeld entfallen. Mit einem berufsqualifizierenden Studium will die Koalition zudem die Akademisierung des Pflegeberufs vorantreiben.

Nach wie vor versuchen die beiden Seiten, die Deutungshoheit über das Ziel der Reform zu erlangen. So betonen die Arbeitgeberverbände und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, dass sich der Gesetzentwurf nicht mit den Aussagen des Koalitionsvertrags decke.

Das Lastenheft der Koalition sehe vielmehr eine integrierte Ausbildung der bisherigen drei Einzelberufe mit einer Spezialisierung vor. Der Gesetzentwurf entwerfe dagegen ein neues Berufsbild.

Generalistische Ausbildung attraktiver?

Der Präsident des Deutschen Pflegerats, Andreas Westerfellhaus, vermochte das nicht nachzuvollziehen. Gesetzentwurf und Koalitionsvertrag entsprächen sich.

Spielraum für Interpretation lässt auch die These, dass die generalistische Ausbildung den Pflegeberuf attraktiver mache. Praktiker aus Pflegeschulen betonten, dass die damit entstehende Durchlässigkeit des Berufs die Bindung an das Berufsfeld fördere.

Längere Zeit im Beruf bringe mehr Expertise mit sich, was wiederum der Qualität nutze. Pflegewissenschaftler hielten dagegen, dass aus den bisher mit der Generalistik gemachten Erfahrungen nicht automatisch auf eine Steigerung der Attraktivität des Berufsbildes geschlossen werden könne. Dafür fehle die Evidenz.

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